Geformte Attosekunden-Pulse
An einem Freie-Elektronen-Laser lässt sich das elektrische Feld der Lichtblitze gezielt gestalten.
Bei einer chemischen Reaktion ordnen sich Elektronen in Flüssigkeiten oder Feststoffen neu an – ausgelöst durch einen Reiz wie Lichteinstrahlung. Dieser Vorgang dauert nur einige hundert Attosekunden. Elektronen sind empfindlich gegenüber äußeren Feldern, sodass Forscher sie leicht steuern können, indem sie die Elektronen mit Lichtpulsen bestrahlen. Sobald sie so das elektrische Feld eines Attosekunden-Pulses zeitlich formen, können die Forscher die elektronische Dynamik in Echtzeit steuern. Nun zeigte ein Team um Giuseppe Sansone vom Physikalischen Institut der Universität Freiburg, wie sich die Wellenform eines solchen Attosekunden-Pulses vollständig gestalten ließ.
„Mit diesen Pulsen können wir den ersten Moment der elektronischen Antwort in einem Molekül oder in einem Kristall untersuchen“, erklärt Sansone. „Mit der Fähigkeit, das elektrische Feld zu formen, können wir elektronische Bewegungen kontrollieren – mit dem langfristigen Ziel, grundlegende Prozesse wie Photosynthese oder Ladungstrennung in Materialien zu optimieren.“ Das Team, bestehend aus Theoretikern und Experimentalphysikern aus Forschungsinstituten in den USA, Russland, Deutschland, Italien, Österreich, Slowenien, Ungarn, Japan und Schweden, führte sein Experiment an dem Freie-Elektronen-Laser (FEL) Fermi in Triest durch. Dieser Laser ist der einzige, an dem es gelingt, Strahlung mit verschiedenen Wellenlängen im extremen ultravioletten Spektralbereich mit vollständig kontrollierbaren relativen Phasen zu erzeugen.
Der Attosekunden-Puls entsteht durch die zeitliche Überlappung von Laser-Oberschwingungen. Die Wissenschaftler erzeugten Gruppen von vier Laser-Oberschwingungen einer Grundwellenlänge mit Hilfe der bei Fermi verfügbaren Undulatoren. Die große Herausforderung des Experiments war die Messung der relativen Phasen der Laser-Oberschwingungen: Diese wurden durch die Messung von Elektronen, die von Atomen des Elements Neon infolge der Kombination der Attosekunden-Pulse und eines Infrarotfeldes freigesetzt wurden, nachgewiesen. Das führt zu zusätzlichen Strukturen in den Elektronenspektren, die als Seitenbänder bezeichnet werden. Die Wissenschaftler berücksichtigten die unterschiedlichen Zusammenhänge der verschiedenen, für jeden Laserschuss erzeugten Seitenbänder. Dadurch konnten sie schließlich die Attosekunden-Pulsfolge vollständig charakterisieren
„Unsere Ergebnisse zeigen nicht nur, dass FELs Attosekunden-Pulse erzeugen können“, sagt Sansone, „sondern auch, dass solche Pulse aufgrund des für die Wellenformerzeugung implementierten Ansatzes voll kontrollierbar sind und hohe Spitzenintensitäten erreichen. Die Ergebnisse werden auch die Planung und das Design neuer Freie-Elektronen-Laser weltweit beeinflussen.“
U. Freiburg / JOL