22.04.2013

Germanium auf der Streckbank

Starke mechanische Dehnung macht den Halbleiter lasertauglich.

Forscher von der ETH Zürich, dem Paul Scherrer Institut PSI und dem Politecnico di Milano haben gemeinsam eine Fabrikationstechnik entwickelt, mit der sie den Halbleiter Germanium durch starke Zugspannung lasertauglich machen können. Indem sie Zugspannung auf effiziente Weise erzeugten, konnten sie die optischen Eigenschaften des an sich für Laser ungeeigneten Germaniums wirksam verändern. „Bei einer Dehnung von drei Prozent gibt das Material rund 25 Mal mehr Photonen ab als im entspannten Zustand“, erklärt Martin Süess vom Laboratorium für Nanometallurgie und dem EMEZ an der ETH Zürich. „Das reicht aus, um damit Laser zu bauen“, ergänzt Richard Geiger vom Labor für Mikro- und Nanotechnologie am PSI und dem Institut für Quantenelektronik der ETH Zürich.

Abb.: Der Prozess zur Herstellung dünner Germanium-Brücken (Bild: M. J. Süess et al.)

Um das Germanium mit der neuen Methode in seine laserfähige gestreckte Form zu bringen, nutzen die Forscher die leichte Spannung, die im Germanium entsteht, wenn es auf Silizium aufgedampft wird. Diese Vorspannung verstärken die Wissenschaftler durch sogenannte Mikro-Brücken: Sie kerben freigelegte Germaniumstreifen, die an beiden Enden auf der Siliziumschicht fixiert bleiben, in der Mitte von beiden Seiten tief ein. Die beiden Hälften des Streifens bleiben dadurch lediglich über einen äußerst schmalen Steg verbunden. Genau dort verstärkt sich die Dehnung des Germaniums aus physikalischen Gründen genug, um an dieser Stelle lasern zu können.

„Die Zugspannung, die auf das Germanium wirkt, ist vergleichbar mit der Kraft, die auf einen Bleistift wirkt, an dem zwei Lastwagen in entgegengesetzte Richtungen ziehen“, überträgt Hans Sigg, Projektleiter vom PSI, den Kraftakt im Mikrometerbereich auf Alltags-Größenverhältnisse. Die Materialeigenschaften verändern sich, weil die einzelnen Atome durch die Dehnung des Materials ein wenig auseinanderrücken. Dadurch können die Elektronen auf Energieniveaus  gelangen, die für die Entstehung von Photonen günstig sind.

Abb.: SEM-Aufnahme der Ge-Si-Struktur (Bild: M. J. Süess et al.)

Die Methode des interdisziplinären Forscherteams könnte die Leistung kommender Computergenerationen bedeutend steigern. Denn um die Rechnerleistung zu verbessern, wurden vor allem Computerchips stetig verkleinert und immer dichter gepackt. Doch dieser Ansatz wird in absehbarer Zeit an seine Grenzen stoßen. „Um Leistung und Geschwindigkeit weiter zu steigern, müssen die einzelnen Komponenten in Zukunft vor allem stärker verknüpft werden und effizienter miteinander kommunizieren“, erklärt Süess. Dafür sind allerdings neue und schnellere Übertragungswege nötig als heute, wo noch via Strom und Kupferkabel die Signale übermitteln.

„Der Ansatz der Zukunft heißt Licht“, sagt Geiger. Doch um dieses für die Übermittlung von Daten nutzen zu können, braucht es zuerst Lichtquellen, die klein genug sind, um auf einen Chip zu passen und sich mit Silizium, dem Grundmaterial aller Computerchips zu vertragen. Silizium selbst taugt nicht für die Erzeugung von Laserlicht, was denn auch der Grund ist, wieso den Forschern viel daran liegt, Germanium laserfähig zu machen: „Germanium ist mit Silizium bestens kompatibel und wird bereits heute in der Computerindustrie bei der Herstellung von Siliziumchips verwendet“, erklärt Geiger. Sollte es gelingen, mit der neuen Methode aus Germanium winzige Laser zu bauen, rückt ein Systemwechsel in greifbare Nähe.

ETHZ / DE

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