24.05.2013

Goldstandard für die Klimaforschung?

GPS-Messmethode zur Analyse physikalischer Eigenschaften der Erdatmosphäre ist um einen systematischen Fehler ärmer.

Zuerst funktionierte es für den Mars, dann für andere Planeten – nur auf der Erde dauerte es: die Nutzung der Radio-Okkultation (RO). Dabei handelt es sich um eine Methode, die Auskunft über die Beschaffenheit der Atmosphäre gibt. Sie basiert auf der Phasenverschiebung von Radiosignalen, die durch den Brechungsindex einer Atmosphäre verursacht wird und von deren Beschaffenheit abhängt. Dank zahlreicher GPS-Satelliten steht für die Erde ein umfassendes Messsystem zur Verfügung. Doch vor dessen optimaler Nutzung für die Klimaforschung muss erst eine rigorose Fehleranalyse erfolgen – genau die wurde an der Universität Graz nun durchgeführt.

Die Bedeutung seiner Arbeit erläutert Projektleiter Ulrich Foelsche vom Wegener Center für Klima und Globalen Wandel so: „Obwohl das Klima von der freien Atmosphäre maßgeblich mitbestimmt wird, wissen wir über deren Entwicklung noch zu wenig. RO bietet eine völlig neue Möglichkeit, langfristig und kontinuierlich hochakkurate Daten zu Dichte, Druck, Temperatur und Feuchtigkeit zu sammeln.“ Doch Fragen zu systematischen Fehlern müssen erst noch geklärt werden.

Vor Kurzem gelang es, einen wesentlichen Einfluss festzustellen, der Messdaten verfälscht und auf die Sonnenaktivität zurückzuführen ist. GPS-Satelliten kreisen in 20000 Kilometer Höhe. Für RO verstärken erdnähere Satelliten ihre Signale, die dabei sowohl die obere, ionisierte als auch die untere, neutrale Atmosphäre durchwandern. Für die Klimaforschung sind vor allem die Daten aus der unteren, neutralen Atmosphäre relevant. Tatsächlich beeinflussen ionisierte Partikel das Signal aber schon in der höheren Atmosphäre – ein Effekt, der bei der Auswertung korrigiert werden muss.

Die vor Kurzem publizierten Ergebnisse der Gruppe um Foelsche belegen nun, dass diese Korrektur nicht so einfach ist, wie bisher angenommen. Bekannt war, dass die Größe der Signalablenkung in der ionisierten Atmosphäre am Tag anders ist als in der Nacht. Die Auswertung von Datenmaterial zweier Satelliten-Missionen (COSMIC, CHAMP) aus zehn Jahren zeigte nun, dass die Größe der Tag-Nacht-Unterschiede variiert. Ursächlich für diese Variationen ist die jeweilige Sonnenaktivität. In Phasen hoher Sonnenaktivität nimmt die Ionisierung der oberen Atmosphäre während des Tages stärker zu als während Phasen geringerer Aktivität – was sich unterschiedlich auf die Ablenkung des Radiosignals auswirkt.

Nach dem es diese Variationen erkannt hatte, entwarf das Grazer Team eine Formel, die zukünftig eine bessere Korrektur der Messwerte erlaubt – und die im Rahmen von Modellrechnungen ihre Wirksamkeit bereits bewiesen hat. Neben der jeweils aktuellen Sonnenaktivität berücksichtigt diese Formel auch den Breitengrad der Erde, an dem die Messung erfolgt – ein Faktor, der sich ebenfalls auf die Größe der Ionisierung der Atmosphäre auswirkt.

Insgesamt wird mit den Berechnungen in diesem Projekt dringend notwendige grundlegende Arbeit geleistet. Denn RO bietet die Möglichkeit, umfassende Mengen an Daten über den Zustand der Erdatmosphäre mit bisher unbekannter Genauigkeit zu sammeln – gerade deswegen ist eine kritische Analyse über mögliche Fehlerquellen wichtig.

U. Graz / PH

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