17.08.2016

Graphen aus einem Guss

Neues Verfahren ermöglicht Herstellung defektfreier Graphengitter.

Graphen gilt als eines der vielversprechendsten neuen Materialien. Es defektfrei und kosten­günstig herzustellen, ist für Wissenschaftler weltweit jedoch nach wie vor eine große Heraus­forderung. Chemikern der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) ist es nun erstmals gelungen, defekt­freies Graphen direkt aus Graphit herzustellen.

Abb.: Chemische Herstellung von Graphen: Das Lösungsmittel Benzonitril (grauer Kreis) nimmt die Verursacher von möglichen Defekten auf und färbt sich rot – es entsteht defektfreies Graphen (roter Kreis). (Bild: P. Vecera, FAU)

Durch seine besonderen Eigenschaften bietet Graphen eine Vielzahl an zukünftigen Anwendungs­möglichkeiten, wie beispielsweise als transparente Elektrode für flexible Displays. Der Einsatz von Graphen in der Halbleiter­industrie kann jedoch nur gelingen, wenn Eigenschaften wie die Größe, Fläche und Anzahl der Defekte, die die spätere Leitfähigkeit des Graphens bestimmen, bereits während der Synthese eingestellt werden können. Forschern um Andreas Hirsch vom Lehrstuhl für Organische Chemie II ist dafür nun ein entscheidender Durchbruch gelungen: Sie haben mit Hilfe des Additivs Benzonitril eine Möglichkeit gefunden, direkt aus Lösung das defektfreie Graphen herzustellen. Ihre Methode ermöglicht es, das Graphen nicht nur fehlerfrei – und in einer bisher nicht erreichten Qualität – abzuscheiden, sondern auch über die Zahl der Ladungs­träger maß­geschneidert elektronische Eigenschaften einzustellen – und das gleichzeitig kosten­günstig und effizient.

Eine gängige Methode, um Graphen zu synthetisieren, ist die chemische Exfoliierung aus Graphit. Dabei werden Metall­ionen in den Kohlenstoff Graphit eingelagert, eine Interkalations­verbindung entsteht. Mit Hilfe von Lösungs­mitteln werden die einzelnen Kohlenstoff­lagen voneinander getrennt. Nun muss das stabilisierte Graphen noch aus dem Lösungs­mittel gelöst und wieder oxidiert werden. Bei diesem Vorgang können jedoch Defekte in den einzelnen Kohlenstoff­lagen entstehen, wie beispielsweise die Hydrierung und Oxidation der Gitter­kohlen­stoffatome. Die neue Lösung für dieses Problem: Durch die Zugabe des Lösungs­mittels Benzonitril kann das Graphen ohne die Bildung von zusätzlichen funktionellen Gruppen herausgelöst werden – und bleibt dadurch defektfrei.

„Diese Entdeckung stellt für Experten auf dem Gebiet der reduktiven Graphen-Synthese weltweit einen Durchbruch dar“, erklärt Hirsch. „Auf deren Basis lassen sich in den nächsten Jahren vermutlich große Fortschritte für die Anwendung von diesen sogenannten nass­chemisch exfoliiertem Graphen machen. Als Beispiele seien hier die Abscheidung von defekt­freiem Graphen in der Halbleiter- oder Sensor­technik gefragt.

Die Methode der FAU-Forscher hat noch einen weiteren Vorteil: Das durch die Reaktion reduzierte Benzonitril-Molekül färbt sich rot, sofern es nicht in Kontakt mit Sauerstoff oder Wasser kommt. Durch diese Farbänderung kann die Zahl der Ladungs­träger im System einfach über Absorptionsmessungen bestimmt werden. Dies war bisher nur über die Spannungs­messung möglich und stellt nun eine neue Möglichkeit für Graphen- und Batterie­forscher dar, den Ladungs­zustand zu messen.

FAU / DE

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