Graphen jetzt auch magnetisch
Anhaftende Wasserstoffatome führen zu ferromagnetischer Ordnung.
Graphen, die zweidimensionale Form des Kohlenstoffs, hat hervorragende mechanische, elektronische und optische Eigenschaften. Doch als diamagnetisches Halbmetall schien es für magnetische Anwendungen ungeeignet zu sein. Jetzt ist es spanischen Forschern gelungen, Graphen durch Adsorption von einzelnen Wasserstoffatomen ferromagnetisch zu machen.
Abb.: Die auf dem hexagonalen Graphengitter sitzenden Wasserstoffatome (graue Kugeln) rufen Elektronenspins hervor, die sich ferromagnetisch (blaue Pfeile) oder antiferromagnetisch (braune Pfeile) ausrichten, je nachdem ob sie auf demselben Untergitter sitzen oder nicht. (Bild: S. M. Hollen & J. A. Gupta)
Die physikalischen Eigenschaften von Graphen lassen sich auf die Eigenschaften des Kohlenstoffatoms zurückführen. Dieses kann mit seinen vier Valenzelektronen (je eines in den Orbitalen 2s, 2px, 2py und 2pz) vier Bindungen eingehen. So erklärt sich die tetraedrische Atomanordnung im Diamantem. Doch im Graphen und in einzelnen Graphitlagen ist jedes Atom nur mit drei anderen verbunden, die an den Ecken eines gleichseitigen Dreiecks sitzen. Dadurch entsteht ein hexagonales Gitter, das aus zwei Dreiecksuntergittern gebildet wird.
Der Grund für diese Anordnung der Atome ist, dass die drei in der Gitterebene liegenden Atomorbitale (2s, 2px und 2py) „hybridisieren“ und drei neue Orbitale bilden, die das Atom wie ein Mercedesstern umgeben. Sie verleihen dem Graphen seine Struktur, tragen aber nicht zu seiner Leitfähigkeit bei und sind auch nur diamagnetisch, da sie keine ungepaarten Elektronenspins enthalten.
Das verbleibende hantelförmige 2pz-
Soll Graphen magnetisch, d. h. para- oder sogar ferromagnetisch werden, müssen einzelne Elektronenspins vorkommen. Um dies zu erreichen, hat man auf Graphen Wasserstoffgas wirken lassen oder es mit Atomen bombardiert, die Fehlstellen im Graphengitter erzeugten. So konnte man Graphen zwar schwach paramagnetisch machen, doch Ferromagnetismus ließ sich mit diesen unspezifischen Methoden nicht erzielen.
Hier melden nun Iván Brihuega und seine Kollegen von der Universidad Autónoma de Madrid einen Erfolg. Sie haben Graphen bei einer Temperatur von 5 Kelvin ferromagnetisch gemacht, indem sie einzelne Wasserstoffatome auf eine Graphenschicht gebracht und dann mit der Spitze eines Rastertunnelmikroskops an die gewünschte Stelle geschoben haben. Anschließend konnten sie dort oder an anderen Stellen im Graphen mit dem Mikroskop die veränderten elektronischen Eigenschaften untersuchen. Ihre Beobachtungen haben sie mit den Ergebnissen von Dichtefunktionaltheorierechnungen verglichen.
Demnach passierte folgendes: Das einzelne Wasserstoffatom ging mit einem Kohlenstoffatom eine chemische Bindung ein, sodass das 2pz-
Saßen zwei oder mehr Wasserstoffatome auf dem Graphen, so konnten die von ihnen hervorgerufenen Spins über einige Nanometer weit miteinander wechselwirken. Die Wechselwirkung zwischen zwei Spins war entweder ferromagnetisch oder antiferromagnetisch, je nachdem ob die beiden dazugehörigen Atome auf demselben Untergitter des hexagonalen Graphengitters saßen oder nicht. Befanden sich auf beiden Untergittern Wasserstoffatome, so hing die Stärke der magnetischen Eigenschaften des Graphen von der Differenz der atomaren Besetzungszahlen ab. Insbesondere verschwand der Magnetismus, wenn auf beiden Untergittern dieselbe Zahl von Wasserstoffatomen saß.
Indem die Forscher ein Wasserstoffatom von einem Untergitter zum anderen bewegten, konnten sie den Magnetismus an- oder ausschalten.
Befanden sich die Wasserstoffatome alle auf demselben Untergitter, so verstärkte sich die Wechselwirkung der Elektronenspins, die sich in dieselbe Richtung orientierten: Es trat ferromagnetische Ordnung auf. Der Theorie zufolge sollte dies auch bei Zimmertemperatur der Fall sein, was jedoch noch nicht beobachtet werden konnte. Das durch Wasserstoff magnetisierte Graphen könnte für die Spintronik interessant werden, die den Elektronenspin nutzt. Darüber hinaus könnte man die lokalisierten Spins auch zur Speicherung von Information nutzen.
Rainer Scharf
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