03.11.2014

Graphen und Kohlenstoff auf Neuroimplantaten

Durchsichtige Sensoren öffnen Blick ins menschliche Hirn.

In den Neurowissenschaften werden implantierbare Sensoren und bildgebende Verfahren zur Stimulierung und Vermessung von Hirnaktivitäten eingesetzt. Mit dieser Kombination können fortlaufend Signale gegeben sowie aufgenommen und bestimmten Bereichen im Gehirn zugeordnet werden.

Abb.: Blaues Licht scheint durch den transparenten Sensor auf ein Gehirnmodell. Der neue Sensor soll zur Beobachtung von Hirnaktivitäten eingesetzt werden.(Bild: Justin Williams Arbeitsgruppe)

„Bei der Herstellung solcher Neuroimplantate besteht eine der Herausforderungen darin, auch den Einsatz von herkömmlichen optischen Verfahren zu erlauben,“ erklärt Justin Williams, Professor für biomedizinische Ingenieurwissenschaften und Neurochirurgie an der Universität Wisconsin-Madison (UW-Madison). „Ein traditionelles Implantat sieht wie ein Block mit vielen Punkten aus, so dass man nicht erkennen kann, was darunter liegt. Wir wollten ein transparentes elektronisches Implantat entwickeln.“

Wie dies gelang berichten D.-W. Parks und Co-Autoren, alle aus dem Team um Williams, in einer Veröffentlichung in Nature Communications. Aufgrund seiner hohen Flexibilität und guten Körperverträglichkeit wählten die Wissenschaftler Graphen zur Herstellung der Elektroden. So können extrem biegbare und transparente Sensoren hergestellt werden, da die einzelnen Schaltkreise gerade einmal vier Atomlagen dick sind. Die erstaunliche Dünne wird durch die herausragend gute Leitfähigkeit von Graphen ermöglicht. „So ein Implantat muss schon sehr dünn und enorm robust sein, um im Körper bestehen zu können,“ sagt Zhenqiang (Jack) Ma, Professor für Elektrotechnik und Computerwissenschaften an der gleichen Universität. „Graphen ist weich und flexibel und wird allen Anforderungen nach Transparenz, Beanspruchbarkeit und Leitfähigkeit gerecht.“

Aufbauend auf ihren Erfahrungen mit der Entwicklung flexibler Elektronik entwarfen und bauten die Wissenschaftler ein Feld aus Mikroelektroden, das — anders als bisherige Baugruppen — gemeinsam mit einer Vielzahl bildgebender Verfahren eingesetzt werden kann. „Andere Implantate sind vielleicht transparent, aber nur für elektromagnetische Strahlung einer bestimmten Wellenlänge, oder Sie verlieren ihre Eigenschaften,“ berichtet Ma. „Unsere Implantate sind für ein weites Spektrum elektromagnetischer Strahlung durchlässig — von UV-Licht bis in den tiefen Infrarotbereich.“

Die neuen transparenten Sensoren könnten zum Segen für Therapien der tiefen Hirnstimulation werden, die Mediziner immer häufiger bei neuronalen Erkrankungen wie Parkinson oder Epilepsie einsetzen. Auch bei anderen Nervenstimulationen, z.B. zur Kontrolle von Bluthochdruck, könnten Sie eingesetzt werden. Weitere Anwendungsmöglichkeiten werden bereits erforscht. So prüft das Autorenteam gemeinsam mit Wissenschaftlern von der Universität Illinois-Chicago den Einsatz der neuen Elektroden in Kontaktlnsen, um mit Hilfe duzender unsichtbarer Elektroden Verletzungen an der Netzhaut zu erkennen oder eine frühe Diagnose für die Ausbildung von Grünem Star zu erhalten.

Renee Meiller, UW Madison / LK

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