05.11.2018

Grenzflächenphänomene ganzheitlich betrachtet

AVS ehrt Michael Grunze mit dem Gaede-Langmuir Award.

Die Amerikanische Vakuum­gesell­schaft (AVS) hat Professor Michael Grunze mit ihrem Gaede-Langmuir Award for Science and Technology of Materials, Interfaces, and Processing ausgezeichnet. Damit würdigt sie dessen Errungen­schaften auf dem Gebiet der Grenz­flächen­wissen­schaften. Grunzes neue experi­mentelle Ansätze, seine theo­retischen Simu­lationen und prakti­schen Erfin­dungen führten diesen Forschungs­bereich über die Betrach­tung von kleinen Molekülen an Ober­flächen hinaus zu Kon­zepten der kom­plexen Flüssig­keit-Ober­flächen-Wechsel­wirkungen, die Polymere, Bio­inter­phasen und bio­medi­zinischen An­wen­dungen mit ein­schließen.

Abb.: Feut sich über die Auszeichung seiner Forschungs- und Entwicklungsarbeiten: Prof. Dr. Michael Grunze. (Bild: MPG / Nico Damm)

Der Gaede-Langmuir Award wird seit 1977 alle zwei Jahre verliehen und ehrt außergewöhnliche Ent­deckun­gen und Erfin­dungen in den Wissen­schaften und Techno­logien, mit denen sich die Amerikanische Vakuum­gesell­schaft beschäftigt. Der Award besteht neben einem Geld­betrag aus einer Erin­nerungs­plakette und einer Honorar­dozentur bei einer der regulären Tagungen des Inter­nation­alen Sympo­siums.

„Ich fühle mich durch diese Aus­zeichnung sehr geehrt. Sie ist eine große An­erken­nung der Beiträge, die meine vielen Studie­renden, meine Kollegen und ich über die Jahre – häufig in Ko­operation mit anderen Forschungs­gruppen – in den für die AVS relevanten Bereichen gemacht haben,“ sagte Michael Grunze bei der Verleihung des Awards Ende Oktober in Long Beach, Californien.

Michael Grunze promovierte 1974 an der Freien Universität Berlin in Physi­kalischer Chemie über die Reduktion von ZnO mit reaktiven Gasen. Unter der Leitung von Wolfgang Hirschwald leitete er mit thermo­gravi­metrischen Methoden ein kine­tisches Modell für die Orientie­rungs­ab­hän­gig­keit der Reduk­tion von ZnO-Einkristallen ab. Anschließend trat er als Post-Doc in die For­schungs­gruppe des späteren Nobel­preis­trägers Gerhard Ertl in München ein und war an den ersten Eisen­ein­kristall­experi­menten beteiligt, um den Mecha­nismus der Stick­stoff­ad­sorption und der Stick­stoff- und Ammoniak­dissoziation im Hinblick auf ungelöste mecha­nistische Fragen im Zusam­men­hang mit dem Haber Bosch Prozess zu unter­suchen. Nach einem kurzen Auf­enthalt bei John Pritchard am Queen Mary College in London setzte er seine Arbeit an kata­lytischen Ober­flächen­reaktionen am Fritz Haber Institute der Max-Planck-Gesell­schaft in Berlin fort. Der kinetische Forma­lismus, den er für die Stickstoff­dissoziation auf Fe(111)-Ober­flächen ableitete, lieferte den Input für die Model­lierung des indus­triellen Haber Bosch Prozesses.

1983 nahm Grunze eine Stelle als ordent­licher Professor für Physik an der University of Maine an, wo er Strate­gien zur Charak­teri­sierung von Poly­mer/Metall-Grenz­flächen und dem Mecha­nismus der Ad­häsion in diesen tech­nisch wichtigen Systemen ent­wickelte. Dort entwarf und baute er unter anderem ein Röntgen-Photo­elek­tronen­spektro­meter, das in der Lage ist, Adsorption und kata­lytische Reak­tionen an festen Ober­flächen bis in den mbar-Druck­bereich zu unter­suchen – eine Technik, die heute in meh­reren Labors eingesetzt wird.

Nach seiner Rückkehr aus den USA übernahm Professor Grunze den Lehr­stuhl für Ange­wandte Physi­kalische Chemie an der Uni­versi­tät Heidel­berg, wo er bis zu seiner Eme­ritie­rung im Jahr 2012 tätig war. Der Schwer­punkt seiner Arbeit lag weiter­hin auf den stati­schen und dy­nami­schen Eigen­schaf­ten und An­wen­dungen dünner orga­nischer Schich­ten wie der selbst-orga­nisie­renden Mono­lagen (SAM), der Polymer­bürsten und der an­orga­nischen Poly­meren für medi­zinische Zwecke (Poly­phos­pha­zene).

Seine Gruppe war die erste, die syn­chro­tron­basierte Metho­den und nicht­lineare opti­sche Metho­den wie Second Harmonic Gene­ration (SHG) und Sum Frequency Generation (SFG) ein­setzte, um die mole­kulare Konfor­mation und Orien­tierung in ad­sor­bierten orga­nischen Schichten in Luft und verschie­denen Lösungs­mitteln zu unter­suchen. Diese Experi­mente führten zu einem erwei­terten Inter­esse an den Eigen­schaften von Wasser­schichten an Grenz­flächen und den Kräften zwischen Objekten in einer wässrigen Umgebung.

Die experi­mentelle Arbeit wurde durch gemein­same theo­reti­sche und model­lierende Arbeiten mit Hans-Jürgen Kreuzer bzw. Alexander Pertsin ergänzt. In diesen Studien wurde gezeigt, dass die Kon­for­mations­ände­rungen von Ethylen­oxid-Oligo­meren im Wasser die „Inertheit“ der jewei­ligen SAM-Ober­flächen erklären, und dass durch die quanti­tative Model­lierung von Sol­va­tations­kräften und deren Reich­weite die Kräfte zwischen Phos­pho­lipid­schich­ten und verschie­denen SAM-Ober­flächen im Wasser vorher­gesagt werden können. In den letzten 15 Jahren hat Michael Grunze seine Haupt­for­schungs­akti­vitäten auf umwelt­freundliche, nicht bewuchsfähigen Ober­flächen für Meeres­an­wen­dungen konzen­triert, was zu neuen Strate­gien und experi­men­tellen Metho­den führte, um die Inter­aktion von Ein­zeller­orga­nismen mit Ober­flächen zu quanti­fizieren.

Nach seiner Eme­ritie­rung im Jahr 2012 über­nahm Professor Grunze welt­weit Auf­gaben in wissen­schaft­lichen Aus­schüssen und Bei­räten. Seit 2017 unter­stützt er die Abtei­lung für Zellu­läre Bio­physik am Max-Planck-Institut für medi­zinische For­schung in Heidel­berg.

MPIMF / AVS / LK

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