31.08.2017

Grün schmilzt schneller

Effizientes Laserstrahlschmelzen mit grünem Licht für Kupfer und Kupferlegierungen.

Das Selective Laser Melting (SLM), auch bekannt als Laserstrahlschmelzen oder Laser-Powder Bed Fusion (L-PBF), hat sich als additives pulverbett­basiertes Fertigungs­verfahren bereits in unterschiedlichen Branchen wie Medizin­technik, Turbo­maschinenbau, Luft- und Raum­fahrt oder dem Automobil­bau bewährt. Aktuell lassen sich damit in erster Linie Stähle, Titan- und Aluminiumlegierungen sowie Nickel- und Kobalt­legierungen verarbeiten. Forscher am Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT aus Aachen wollen SLM nun im Rahmen eines Forschungs­projekts weiterentwickeln, damit es sich besser für die additive Fertigung von Bauteilen aus reinem Kupfer und Kupferlegierungen eignet. Dieses Vorhaben wird von der AiF Arbeits­gemeinschaft industrieller Forschungs­vereinigungen „Otto von Guericke“ e.V. gefördert. Reinkupfer ist für Endanwender interessant, weil keine Kupfer­legierung eine vergleichbar hohe elektrische und thermische Leitfähigkeit besitzt. Am Fraunhofer ILT entsteht daher bis Ende 2017 eine eigens entwickelte Laserstrahl­quelle, die nicht mehr mit infrarotem, sondern mit grünem Licht arbeitet.

Abb.: Mit dem neuen Prozess sollen sich auch Bauteile aus reinem Kupfer additiv fertigen lassen. (Bild: Fh.-ILT)

„Reines Kupfer reflektiert bei der sonst üblichen Wellenlänge von zirka einem Mikrometer je nach Oberflächen­eigenschaften den überwiegenden Teil der Laser­strahlung“, erklärt Daniel Heußen, wissen­schaftlicher Mitarbeiter der Gruppe Rapid Manufacturing. Es wird daher nur ein sehr geringer Teil der eingestrahlten Energie in den Werkstoff eingekoppelt, der dann für den Schmelz­prozess zur Verfügung steht. Die reflektierte Laser­strahlung kann die Komponenten der Anlage schädigen. Hinzu kommt, dass der Absorptionsgrad bei infrarotem Licht sprunghaft beim Übergang des Werkstoffs vom festen in den flüssigen Zustand ansteigt und so für einen instabilen und diskontinuierlichen Umschmelz­prozess sorgt.

Anders sieht es bei grünem Laserlicht mit der Wellenlänge von 515 Nanometern aus, bei dem der Absorptions­grad von Kupfer um ein Vielfaches höher liegt. Für den Umstieg auf grünes Laserlicht spricht, dass ein Laser mit einer deutlich niedrigeren Ausgangs­leistung ausreicht. Außerdem lässt sich der Laserstrahl schärfer bündeln, so dass sich mit dem neuen SLM-Verfahren wesentlich filigranere Bauteile herstellen lassen. Heußen: „Wir hoffen auf eine gleichmäßigere Schmelz­baddynamik, um dichte Bauteile aufbauen zu können, sowie auf weitere positive Effekte wie eine hohe Detail­auflösung.“

Weil es am Markt keine entsprechende „grüne“ Strahlquelle gibt, die den Rand­bedingungen für den SLM-Prozess genügt, baut die Abteilung Strahlquell­enentwicklung des Fraunhofer ILT selbst den Laser für „SLM in grün“, so der interne Begriff für das Projekt. Geplant ist ein Laser für den Singlemode-Betrieb, der mit einer maximalen Leistung von 400 Watt im kontinuierlichen Betrieb (cw) mit grüner Wellenlänge (515 Nanometer) in sehr guter Strahl­qualität arbeitet. Bis Ende 2017 soll ein Labor­aufbau einer Anlage für „SLM in grün“ entstehen, mit dem die Aachener dann die Prozesse im Rahmen des von der AiF geförderten Forschungs­projektes weiterentwickeln.

Das Ziel ist ein stabiler Prozess, mit dem industrielle Anwender komplexe Geometrien mit Hohl­strukturen und Hinter­schnitten aus Reinkupfer direkt additiv herstellen können. Infrage kommt es unter anderem für hocheffiziente Wärme­tauscher und Kühlkörper oder für die Kleinserien­produktion von filigranen, komplexen elektrischen Bauteilen. Heußen: „In der industriellen Fertigung bieten sich Induktoren für die induktive Wärme­behandlung besonders an. Weil sie meist in geringer Stückzahl mit hoher Komplexität und Varianten­vielfalt hergestellt werden, sind es Paradebeispiele für die additive Fertigung.“

„SLM in grün“ bietet im Bereich Schmuckdesign die Möglichkeit, komplexe Strukturen wesentlich effizienter und reproduzierbarer herzustellen als konventionelle Techniken. Im Vergleich zu anderen additiven Verfahren wie etwa dem Elektronen­strahlschmelzen (EBM) erhoffen sich die Wissenschaftler eine wesentlich höhere Detail­auflösung sowie höhere Wirtschaftlichkeit in der Fertigung. Der grüne Laser dürfte sich aber nicht nur für Kupfer eignen, sondern auch für die Verarbeitung von Bunt- und Edel­metallen in der Schmuck­industrie. Heußen: „Bis dahin gilt es jedoch, noch einige Hürden in der Prozess- und Anlagen­entwicklung zu überwinden und ein tieferes Prozess­verständnis für die Verwendung der neuen Wellenlänge zu entwickeln. Dies ist das Ziel des aktuellen, öffentlich geförderten Projektes, das bis Mitte 2019 läuft.“

Mit einem Modell­aufbau und ersten Prozessvideos informiert das Fraunhofer ILT Interessenten auf der formnext, Halle 3.0, Stand F50, über das Verfahren.

Fh.-ILT / DE

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