Ein Team des Helmholtz-Zentrums Berlin für Materialien und Energie hat zusammen mit internationalen Partnern an der Lichtquelle BESSY II ein neues Phänomen in Eisen-Nanokörnern auf einem ferroelektrischen Substrat beobachtet: Die magnetischen Momente der Eisenkörner richten sich superferromagnetisch aus, sobald eine elektrische Spannung anliegt. Der Effekt funktioniert bei Raumtemperatur und könnte zu neuen Materialien für IT-Bauelemente und Datenspeicher führen, die weniger Energie verbrauchen. In heutigen Datenspeichern müssen magnetische Domänen mit Hilfe eines externen Magnetfelds umgeschaltet werden, welches durch elektrischen Strom erzeugt wird. Dies benötigt viel Energie. Wie das Forscherteam zeigt, ist auf der Nanoskala ein anderer Ansatz machbar.
„Wir können lokal in unserer Probe mit einer elektrischen Spannung und minimalem Energieaufwand magnetische Ordnung erzeugen”, berichtet Sergio Valencia, der Leiter des Experiments. Die Proben bestehen aus einem keilförmigen Eisenfilm, der auf einem Substrat aus Bariumtitanat aufgebracht wurde. Bariumtitanat ist für seine ferroelektrischen und ferroelastischen Eigenschaften bekannt: Ein elektrisches Feld kann das Kristallgitter verzerren und erzeugt mechanische Spannungen im Gitter. Analysen mit einem Elektronenmikroskop zeigten, dass der Eisenfilm aus winzigen Nanokörnern mit einem Durchmesser von 2,5 Nanometer besteht. Am dünnen Ende ist der Eisenkeil nur noch 0,5 Nanometer dick, so dass die Nanokörner hier nicht mehr dreidimensional sind, sondern als „nulldimensional“ gelten. Ihre magnetischen Momente sind in diesem Bereich völlig ungeordnet, in einem superparamagnetischen Zustand.
„Am X-PEEM können wir die magnetische Ordnung auf mikroskopischer Skala kartieren. Dabei können wir genau beobachten, was geschieht, wenn wir ein elektrisches Feld an die Probe anlegen. In diesem Fall sehen wir, dass sich die ungeordneten magnetischen Momente der Eisenkörner ausrichten, so dass sich eine superferromagnetische Region ausbildet”, erklärt Team-Mitglied Ashima Arora. Das elektrische Feld induziert mechanische Spannungen im BaTiO3, die sich offenbar auf die Eisen-Nanokörner am dünnen Ende des Eisenfilm-Keils übertragen und sie zwingen, sich auszurichten.
Dieses Phänomen konnte das Team nahe der Raumtemperatur beobachten, also nicht – wie häufig in der Spintronik – bei tiefen Temperaturen. „Wir sind deshalb zuversichtlich, dass sich aus dieser Kombination von ferroelektrischen Materialien und magnetischen Nanopartikeln neuartige Bauelemente für die Spintronik entwickeln lassen, die mit sehr viel weniger Energie Daten verarbeiten oder speichern könnten”, sagt Valencia.
HZB / RK