19.02.2019 • Magnetismus

Grüne Spintronik

Mit Spannung Superferromagnetismus erzeugen.

Ein Team des Helmholtz-Zentrums Berlin für Materialien und Energie hat zusammen mit internationalen Partnern an der Lichtquelle BESSY II ein neues Phänomen in Eisen-Nanokörnern auf einem ferro­elektrischen Substrat beobachtet: Die magnetischen Momente der Eisen­körner richten sich super­ferro­magnetisch aus, sobald eine elektrische Spannung anliegt. Der Effekt funktioniert bei Raum­temperatur und könnte zu neuen Materialien für IT-Bauelemente und Daten­speicher führen, die weniger Energie verbrauchen. In heutigen Daten­speichern müssen magnetische Domänen mit Hilfe eines externen Magnetfelds umgeschaltet werden, welches durch elektrischen Strom erzeugt wird. Dies benötigt viel Energie. Wie das Forscherteam zeigt, ist auf der Nanoskala ein anderer Ansatz machbar.

Abb.: Ein elektrisches Feld erzeugt im Bariumtitanat-Gitter mechanische...
Abb.: Ein elektrisches Feld erzeugt im Bariumtitanat-Gitter mechanische Spannungen, die sich auf die darüber liegenden Eisen-Nanopartikel übertragen. Dadurch richten sich die Nanopartikel lokal zu einer superferromagnetischen Region aus. (Bild: HZB)

„Wir können lokal in unserer Probe mit einer elektrischen Spannung und minimalem Energie­aufwand magnetische Ordnung erzeugen”, berichtet Sergio Valencia, der Leiter des Experiments. Die Proben bestehen aus einem keilförmigen Eisenfilm, der auf einem Substrat aus Barium­titanat aufgebracht wurde. Barium­titanat ist für seine ferro­elektrischen und ferro­elastischen Eigenschaften bekannt: Ein elektrisches Feld kann das Kristall­gitter verzerren und erzeugt mechanische Spannungen im Gitter. Analysen mit einem Elektrone­nmikroskop zeigten, dass der Eisen­film aus winzigen Nano­körnern mit einem Durchmesser von 2,5 Nanometer besteht. Am dünnen Ende ist der Eisenkeil nur noch 0,5 Nanometer dick, so dass die Nano­körner hier nicht mehr dreidimensional sind, sondern als „null­dimensional“ gelten. Ihre magnetischen Momente sind in diesem Bereich völlig ungeordnet, in einem super­para­magnetischen Zustand.

„Am X-PEEM können wir die magnetische Ordnung auf mikroskopischer Skala kartieren. Dabei können wir genau beobachten, was geschieht, wenn wir ein elektrisches Feld an die Probe anlegen. In diesem Fall sehen wir, dass sich die ungeordneten magnetischen Momente der Eisenkörner ausrichten, so dass sich eine super­ferro­magnetische Region ausbildet”, erklärt Team-Mitglied Ashima Arora. Das elektrische Feld induziert mechanische Spannungen im BaTiO3, die sich offenbar auf die Eisen-Nanokörner am dünnen Ende des Eisenfilm-Keils übertragen und sie zwingen, sich auszurichten.

Dieses Phänomen konnte das Team nahe der Raumtemperatur beobachten, also nicht – wie häufig in der Spintronik – bei tiefen Temperaturen. „Wir sind deshalb zuversichtlich, dass sich aus dieser Kombination von ferro­elektrischen Materialien und magnetischen Nano­partikeln neuartige Bauelemente für die Spintronik entwickeln lassen, die mit sehr viel weniger Energie Daten verarbeiten oder speichern könnten”, sagt Valencia.

HZB / RK

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