14.06.2017

Hart, leicht und elastisch zugleich

Neue Kohlenstoffverbindung kombiniert Eigenschaften von Keramik und Polymeren.

Kein anderes Element bietet in reiner Form so viel­fältige Eigen­schaften wie Kohlenstoff – vom harten Diamant über das weiche Graphit und dem zwei­dimensionalen Graphen bis zum Nano­röhrchen und Fulleren-Molekül. Mit einem Hochdruck-Experiment erweiterte nun eine chinesisch-ameri­kanische Forscher­gruppe diese Palette viel­seitiger Kohlenstoff­verbindungen. Sie schufen ein leichtes Material, dass zugleich hart wie Stein oder Keramik und elastisch wie ein Kunststoff ist. Der neue glasartige Kohlen­stoff ist zudem noch elektrisch leitfähig und bietet damit viele Anwendungs­möglichkeiten.

Abb.: Strukturmodell der neuen, glasartigen Kohlenstoffverbindung, die dank unterschiedlicher Hybridisierung der Atome zugleich hart und elastisch ist. (Bild: T. Strobel)

Zhisheng Zhao und Yongjun Tian von der Yanshan University in Qinhuang­dao wollten in ihrem neuen Kohlen­stoff-Allotrop die besten Eigen­schaften von graphit- und diamant­artigen Kohlenstoff­verbindungen miteinander verknüpfen. Grundlage der neuen, glasartigen Verbindung ist die Eigenschaft von Kohlen­stoffatomen, sich je nach Hybri­disierung mit zwei, drei oder vier weiteren Atomen verknüpfen zu können. Gemeinsam mit Kollegen von der Carnegie Institution in Washington gelang die Synthese einer Verbindung, in der Kohlenstoff­atome wahlweise eine sp2- und sp3-Hybridiserung aufwiesen. Dadurch entstand ein Material, das widerstands­fähig gegen Druck und Chemikalien war, sich aber elastisch unter starken Biege­kräften verformte ohne zu brechen.

Tian und Kollegen wählten als Ausgangs­material eine besondere Kohlenstoff­verbindung, in der sich gebogene, atomar dünne Graphen­schichten unregel­mäßig zu einem Festkörper zusammen­ballten. Eine nur Millimeter kleine Probe dieses glas­artigen Kohlenstoffs pressten sie zwischen zwei Diamant­stempel mit bis zu 25 Gigapascal Druck zusammen. Zusätzlich heizten sie ihre Probe rasch auf bis zu 1100 Grad Celsius auf. Nach etwa zwei Stunden entstanden die bisher unbekannten, harten und elastischen Varianten von Kohlenstoff. Mit mehreren Methoden – Elektronen­mikroskopie, Röntgen­beugung, Raman-Spektro­skopie – analysierten die Forscher den inneren Aufbau dieses kompri­mierten, glas­artigen Kohlenstoffs. Dabei erkannten sie, dass sich die Atome in direkter Nachbar­schaft mit einem Abstand von bis zu fünf Nano­metern streng symmetrisch angeordnet hatten. Über größere Abstände jedoch dominierte eine eher unge­ordnete atomare Struktur. In der Verbindung verknüpften sich die Atome einerseits mit vier weiteren Atomen wie im Diamant, teilweise aber auch nur mit drei Nachbar­atomen wie in Graphit oder Graphen.

Dieses Experiment zeigt, dass aus Kohlenstoff neue Werkstoffe entstehen können, die hart und chemisch inert, aber auch leicht und elastisch sind. Die Forscher planen, mit ihrer Hochdruck­methode noch weitere neue Kohlen­stoff-Allotrope zu erschaffen. Ihr Ziel ist ein extrem fester, ultraharter und zugleich super­elastischer Werkstoff. Diese ließen sich beispiels­weise für die Konstruktion von Brücken, Rotor­flügeln oder Flugzeug­hüllen nutzen. Um große Mengen dieser Kohlenstoff­verbindungen herstellen zu können, müsste aber auch das Synthese­verfahren noch deutlich optimiert werden. Denn die bisher erschaffenen Proben waren kaum größer als der Kopf einer Stecknadel.

Jan Oliver Löfken

JOL

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