„Heißer“ Terahertz-Laser
Terahertz-Quantenkaskadenlaser funktioniert erstmals ohne kryogene Kühlung.
Terahertz-Strahlen liegen im elektromagnetischen Spektrum zwischen den Infrarot- und Mikrowellen und sie vereinigen auf sich eine Reihe von Eigenschaften, die für Anwendungen ideal sind. Sie bieten ein Fenster zu einzigartigen spektroskopischen Informationen über Moleküle und Feststoffe, sie können in nicht-leitende Materialien wie Textilien und biologisches Gewebe eindringen, und dies ohne das zu untersuchende Objekt zu ionisieren und ihm damit Schaden zuzufügen. Dies eröffnet interessante Perspektiven, unter anderem für nicht-invasive Bildgebung und zerstörungsfreie Qualitätskontrolle. Und es mangelt nicht an Ideen für mögliche Einsatzgebiete für THz-Strahlung. Es fehlen momentan aber praktische Technologien zur Erzeugung und Detektion von THz-Strahlung, um diese Ideen umzusetzen.
Einen wichtigen Schritt, dies zu ändern, haben nun Lorenzo Bosco, Martin Franckié und ihre Kollegen in der Gruppe von Jérôme Faist im Departement Physik der ETH in Zürich gemacht. Sie haben einen THz-Quantenkaskadenlaser realisiert, der bei einer Temperatur von 210 Kelvin arbeitet. Dies ist die höchste Betriebstemperatur, die bisher für diese Art von THz-Laser erreicht wurde. Wichtiger ist jedoch, dass mit dieser Arbeit das erste Mal der Betrieb einer solchen THz-Quelle in einem Temperaturbereich demonstriert wurde, in welchem keine kryogenen Kühlmittel benötigt werden. Stattdessen konnten die Forscher ihren Laser thermoelektrisch kühlen, was mit Geräten möglich ist, die viel kompakter, billiger und leichter zu warten sind als kryogene Kühler. Mit diesem Schritt haben die Forscher ein Haupthindernis auf dem Weg zu verschiedensten praktischen Anwendungen beseitigt.
Quantenkaskadenlaser gelten seit langem als natürliches Konzept für THz-Quellen. Wie viele Laser die routinemäßig als Lichtquellen im Frequenzbereich von sichtbar bis infrarot verwendet werden, basieren QCLs auf Halbleitermaterialien. Im Vergleich zu typischen Halbleiterlasern, die beispielsweise in Strichcodelesern oder Laserpointern verwendet werden, arbeiten QCLs jedoch nach einem grundlegend anderen Konzept, um Lichtemission zu erzielen. Kurz gesagt bauen sie auf sich wiederholenden Stapeln präzise angeordneter Halbleiterstrukturen auf, die so ausgelegt sind, dass in ihnen geeignete elektronische Übergänge stattfinden.
QCL wurden 1971 vorgeschlagen, aber erst 1994 demonstriert, von Faist und Kollegen in den Bell Laboratories. Der Ansatz hat sich in einer Reihe grundlegender und angewandter Experimente bewährt, vor allem im Infrarotbereich. Die Entwicklung von QCL für THz-Strahlen hat ab 2001 ebenfalls erhebliche Fortschritte gemacht. Die weitverbreitete Verwendung von THz-QCL wurde jedoch dadurch behindert, dass kryogenes Kühlmittel – typischerweise flüssiges Helium – benötigt wird, was zu einer hohen Komplexität und erheblichen Kosten führt und Geräte gross und weniger mobil macht. Die Fortschritte beim Betrieb von THz-QCL bei höheren Temperaturen blieben im Wesentlichen vor sieben Jahren stehen, nachdem der Betrieb von Geräten bei etwa 200 Kelvin erreicht wurde.
Dass ein Betrieb bei 200 Kelvin erreicht wurde, war eine beeindruckende Leistung. Diese Temperatur liegt jedoch knapp unter der Marke, bei der kryogene durch thermoelektrische Kühlung ersetzt werden kann. Die Tatsache, dass sich die Rekordtemperatur seit 2012 nicht bewegte, bedeutete auch, dass eine Art psychologische Barriere in die Höhe ging – viele Fachleute akzeptierten, dass THz-QCL immer in Verbindung mit einem kryogenen Kühler betrieben werden müssen. Das Team hat diese Barriere nun abgebaut. Ihr thermoelektrisch gekühlter THz-QCL arbeitet bei Temperaturen von bis zu 210 Kelvin. Darüber hinaus war das emittierte Laserlicht stark genug, um mit einem Raumtemperaturdetektor gemessen werden zu können. Dies bedeutet, dass der gesamte Aufbau ohne kryogene Kühlung auskommt, was das Potenzial des Ansatzes für praktische Anwendungen weiter stärkt.
Bosco, Franckié und ihre Mitarbeiter haben es aufgrund zweier verwandter Forschungserfolge geschafft, die Kühlbarriere zu beseitigen. Erstens verwendeten sie bei der Konstruktion ihrer QCL-Stapel die einfachstmögliche Einheitsstruktur, basierend auf zwei Quantentöpfen pro Periode. Es ist bekannt, dass dieser Ansatz zu höheren Betriebstemperaturen führen kann, gleichzeitig reagieren diese Zwei-Topf-Geräte jedoch äußerst empfindlich auf kleinste Änderungen in der Geometrie der Halbleiterstrukturen. Das Optimieren der Leistung in Bezug auf einen Parameter kann zu einer Verschlechterung in Bezug auf einen anderen führen. Da eine systematische experimentelle Optimierung nicht in Frage kommt, mussten sich dir Forscher auf numerische Modelle stützen.
Dies ist der zweite Bereich, in dem die Gruppe erhebliche Fortschritte erzielt hat. In vorhergehenden Arbeiten haben sie gezeigt, dass sie komplexe experimentelle QCL-Geräte akkurat simulieren können, mit einem Ansatz, der als Nichtgleichgewichts-Green-Funktion-Modell bekannt ist. Die Berechnungen müssen auf einem leistungsstarken Computercluster durchgeführt werden, sind jedoch genügend effizient, dass mit ihnen systematisch nach optimalen Entwürfen gesucht werden kann. Die Fähigkeit der Gruppe, die Eigenschaften von Bauelementen genau vorherzusagen und Bauelemente nach genauen Spezifikationen herzustellen, gab ihnen die Möglichkeit, eine Reihe von Lasern zu realisieren, die konstant bei Temperaturen arbeiten, die mit thermoelektrischer Kühlung erreicht werden könnten. Und der Ansatz ist keineswegs erschöpft. In der Faist-Gruppe gibt es Ideen, um die Betriebstemperatur weiter zu erhöhen, und vorläufige Ergebnisse sind bereits vielversprechend.
Die erste Demonstration eines Terahertz-Quantenkaskadenlasers, der ohne kryogene Kühlung arbeitet, ist ein wichtiger Schritt, um die seit langem bestehende THz-Lücke zwischen den ausgereiften Technologien für Mikrowellen- und Infrarotstrahlung zu schließen. Ohne bewegliche Teile oder zirkulierende Flüssigkeiten lassen sich die von den Physikern eingeführten thermoelektrisch gekühlten THz-QCL leichter außerhalb von spezialisierten Labors anwenden und warten.
ETHZ / JOL
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
L. Bosco et al.: Thermoelectrically cooled THz quantum cascade laser operating up to 210 K, Appl. Phys. Lett. 115, 010601 (2019); DOI: 10.1063/1.5110305 - Quantum Optoelectronics Group, Eidgenössische Technische Hochschule Zürich