16.07.2019

„Heißer“ Terahertz-Laser

Terahertz-Quantenkaskadenlaser funktioniert erstmals ohne kryogene Kühlung.

Terahertz-Strahlen liegen im elektro­magnetischen Spektrum zwischen den Infrarot- und Mikrowellen und sie vereinigen auf sich eine Reihe von Eigen­schaften, die für Anwendungen ideal sind. Sie bieten ein Fenster zu einzigartigen spektro­skopischen Informationen über Moleküle und Feststoffe, sie können in nicht-leitende Materialien wie Textilien und bio­logisches Gewebe eindringen, und dies ohne das zu untersuchende Objekt zu ionisieren und ihm damit Schaden zuzufügen. Dies eröffnet interessante Perspek­tiven, unter anderem für nicht-invasive Bildgebung und zerstörungs­freie Qualitäts­kontrolle. Und es mangelt nicht an Ideen für mögliche Einsatz­gebiete für THz-Strahlung. Es fehlen momentan aber praktische Techno­logien zur Erzeugung und Detektion von THz-Strahlung, um diese Ideen umzusetzen.

Abb.: Schema einer „Laser­rippe“: Die hori­zontalen Linien zeigen die...
Abb.: Schema einer „Laser­rippe“: Die hori­zontalen Linien zeigen die Quanten­topf­struktur, die von geschich­teten Halb­leitern gebildet wird. (Bild: D-PHYS, Faist-Gruppe, ETHZ)

Einen wichtigen Schritt, dies zu ändern, haben nun Lorenzo Bosco, Martin Franckié und ihre Kollegen in der Gruppe von Jérôme Faist im Departement Physik der ETH in Zürich gemacht. Sie haben einen THz-Quanten­kaskadenlaser realisiert, der bei einer Temperatur von 210 Kelvin arbeitet. Dies ist die höchste Betriebs­temperatur, die bisher für diese Art von THz-Laser erreicht wurde. Wichtiger ist jedoch, dass mit dieser Arbeit das erste Mal der Betrieb einer solchen THz-Quelle in einem Temperatur­bereich demonstriert wurde, in welchem keine kryogenen Kühlmittel benötigt werden. Stattdessen konnten die Forscher ihren Laser therm­oelektrisch kühlen, was mit Geräten möglich ist, die viel kompakter, billiger und leichter zu warten sind als kryogene Kühler. Mit diesem Schritt haben die Forscher ein Haupt­hindernis auf dem Weg zu verschie­densten praktischen Anwendungen beseitigt.

Quanten­kaskadenlaser gelten seit langem als natürliches Konzept für THz-Quellen. Wie viele Laser die routinemäßig als Lichtquellen im Frequenz­bereich von sichtbar bis infrarot verwendet werden, basieren QCLs auf Halbleitermaterialien. Im Vergleich zu typischen Halbleiterlasern, die beispiels­weise in Strich­codelesern oder Laserpointern verwendet werden, arbeiten QCLs jedoch nach einem grundlegend anderen Konzept, um Lichtemission zu erzielen. Kurz gesagt bauen sie auf sich wiederholenden Stapeln präzise angeordneter Halbleiter­strukturen auf, die so ausgelegt sind, dass in ihnen geeignete elektronische Übergänge stattfinden.

QCL wurden 1971 vorgeschlagen, aber erst 1994 demonstriert, von Faist und Kollegen in den Bell Laboratories. Der Ansatz hat sich in einer Reihe grundlegender und angewandter Experimente bewährt, vor allem im Infrarot­bereich. Die Entwicklung von QCL für THz-Strahlen hat ab 2001 ebenfalls erhebliche Fortschritte gemacht. Die weitverbreitete Verwendung von THz-QCL wurde jedoch dadurch behindert, dass kryogenes Kühlmittel – typischerweise flüssiges Helium – benötigt wird, was zu einer hohen Komplexität und erheblichen Kosten führt und Geräte gross und weniger mobil macht. Die Fortschritte beim Betrieb von THz-QCL bei höheren Temperaturen blieben im Wesentlichen vor sieben Jahren stehen, nachdem der Betrieb von Geräten bei etwa 200 Kelvin erreicht wurde.

Dass ein Betrieb bei 200 Kelvin erreicht wurde, war eine beeindruckende Leistung. Diese Temperatur liegt jedoch knapp unter der Marke, bei der kryogene durch thermo­elektrische Kühlung ersetzt werden kann. Die Tatsache, dass sich die Rekord­temperatur seit 2012 nicht bewegte, bedeutete auch, dass eine Art psychologische Barriere in die Höhe ging – viele Fachleute akzeptierten, dass THz-QCL immer in Verbindung mit einem kryogenen Kühler betrieben werden müssen. Das Team hat diese Barriere nun abgebaut. Ihr thermo­elektrisch gekühlter THz-QCL arbeitet bei Temperaturen von bis zu 210 Kelvin. Darüber hinaus war das emittierte Laserlicht stark genug, um mit einem Raumtemperatur­detektor gemessen werden zu können. Dies bedeutet, dass der gesamte Aufbau ohne kryogene Kühlung auskommt, was das Potenzial des Ansatzes für praktische Anwendungen weiter stärkt.

Bosco, Franckié und ihre Mitarbeiter haben es aufgrund zweier verwandter Forschungs­erfolge geschafft, die Kühlbarriere zu beseitigen. Erstens verwendeten sie bei der Konstruktion ihrer QCL-Stapel die einfachst­mögliche Einheitsstruktur, basierend auf zwei Quantentöpfen pro Periode. Es ist bekannt, dass dieser Ansatz zu höheren Betriebs­temperaturen führen kann, gleichzeitig reagieren diese Zwei-Topf-Geräte jedoch äußerst empfindlich auf kleinste Änderungen in der Geometrie der Halbleiter­strukturen. Das Optimieren der Leistung in Bezug auf einen Parameter kann zu einer Verschlechterung in Bezug auf einen anderen führen. Da eine systematische experi­mentelle Optimierung nicht in Frage kommt, mussten sich dir Forscher auf numerische Modelle stützen.

Dies ist der zweite Bereich, in dem die Gruppe erhebliche Fortschritte erzielt hat. In vorher­gehenden Arbeiten haben sie gezeigt, dass sie komplexe experimentelle QCL-Geräte akkurat simulieren können, mit einem Ansatz, der als Nichtgleich­gewichts-Green-Funktion-Modell bekannt ist. Die Berechnungen müssen auf einem leistungs­starken Computercluster durchgeführt werden, sind jedoch genügend effizient, dass mit ihnen systematisch nach optimalen Entwürfen gesucht werden kann. Die Fähigkeit der Gruppe, die Eigen­schaften von Bauelementen genau vorherzusagen und Bauelemente nach genauen Spezifi­kationen herzustellen, gab ihnen die Möglichkeit, eine Reihe von Lasern zu realisieren, die konstant bei Temperaturen arbeiten, die mit thermo­elektrischer Kühlung erreicht werden könnten. Und der Ansatz ist keineswegs erschöpft. In der Faist-Gruppe gibt es Ideen, um die Betriebs­temperatur weiter zu erhöhen, und vorläufige Ergebnisse sind bereits vielversprechend.

Die erste Demonstration eines Terahertz-Quantenkaskaden­lasers, der ohne kryogene Kühlung arbeitet, ist ein wichtiger Schritt, um die seit langem bestehende THz-Lücke zwischen den ausgereiften Technologien für Mikrowellen- und Infrarot­strahlung zu schließen. Ohne bewegliche Teile oder zirkulierende Flüssigkeiten lassen sich die von den Physikern eingeführten thermo­elektrisch gekühlten THz-QCL leichter außerhalb von speziali­sierten Labors anwenden und warten.

ETHZ / JOL

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