15.01.2016

Heller als 570 Milliarden Sonnen

Rekord-Supernova stellt Astronomen vor ein Rätsel – woher kommt die Energie?

Vor knapp zwei Jahrzehnten stießen Astronomen erstmals auf eine Stern­explosion, die mehrere hundert Mal leuchtkräftiger war als alle zuvor be­kann­ten Supernovae. Seither sind den Forschern eine ganze Reihe solcher superleuchtkräftigen Supernovae ins Netz gegangen – etwa auf tausend gewöhnliche Sternexplosionen kommt eine, deren Leuchtkraft bis zu tausend Mal größer ist. Die meisten dieser Ausnahme-Objekte residieren in Zwerg­galaxien mit einer hohen Sternentstehungsrate. Es müsse diese Umgebung sein, so folgerten die Astronomen, die zur Entstehung besonderer Sterne führt, die dann als superleuchtkräftige Supernovae explodieren. Die gewaltige Energie der Explosionen könnte, so das bislang favorisierte Standard­modell, ein Magnetar liefern, also ein schnell rotierender Neutronen­stern mit einem extrem starken Magnetfeld. Eine schnelle magnetische Abbremsung könnte, so die Überlegung, Rotationsenergie freisetzen und so zu der extrem hohen Leuchtkraft führen.

Abb.: Supernova ASASSN-15lh: Das linke Bild, aufgenommen 2014 vor der Explosion, zeigt eine große Galaxie am Ort der späteren Supernova. Im rechten Bild überstrahlt die Supernova diese Galaxie. (Bild: Dark Energy Survey / B. Shappee, ASASSN)

Dieses Modell hat nun einen Dämpfer erhalten. Ein internationales For­scher­team um Subo Dong von der Universität Peking berichtet von der Entdeckung einer weiteren superleuchtkräftigen Supernova, die den bisherigen Leucht­kraft-Rekord noch einmal verdoppelt. Im Maximum leuchtete ASASSN-15lh so hell wie 570 Milliarden Sonnen – das entspricht der zwanzig­fachen Leuchtkraft der gesamten Milchstraße. Aufgespürt haben Dong und seine Kollegen die Super-Explosion mit ASASSN, dem von der Ohio State University aus be­trie­benen „All-Sky Automated Survey for Supernovae“. ASASSN besteht derzeit aus zwei Stationen mit jeweils vier 14-Zentimeter-Teleskopen, eine auf Maui im Hawaii-Archipel und eine in Chile. Die Teleskope scannen den sicht­baren Nachthimmel automatisch nach Veränderungen ab und haben seit Be­triebs­auf­nahme im Juni 2013 bereits 277 Supernovae entdeckt.

Die am 14. Juni 2015 registrierte Supernova ASASSN-15lh schien zunächst unspektakulär. Erst als Tage später hochaufgelöste Spektren der Stern­ex­plo­sion von größeren Teleskopen zur Verfügung standen, realisierten Dong und seine Kollegen, auf was sie da gestoßen waren: Die Rotverschiebung des Objekts beträgt 0,2326, ihre Strahlung hat demnach eine Strecke von 3,8 Milliarden Lichtjahren zur Erde zurückgelegt. Aus dieser Entfernung ergab sich dann die Leuchtkraft der Supernova: 2,2 ×1038 J/s – ein neuer Rekord. Ein Rekord, der das Magnetar-Modell an seine Grenze bringt. Um die beobachtete Leuchtkraft zu erklären, müsste der Magnetar sich tausend Mal pro Sekunde um sich selbst drehen, eine magnetische Feldstärke von 100 Billiarden Gauß aufweisen und seine Rotationsenergie zu hundert Prozent in Strahlung um­wandeln. Das jedoch ist kaum vorstellbar – ein Teil der Energie sollte auch beispielsweise in Form von Gravitationswellen abgestrahlt werden.

Zudem fand, wie weitere Beobachtungen zeigten, die Sternexplosion nicht in einer Zwerggalaxie mit hoher Sternentstehungsrate, sondern in einer großen Galaxie ohne auffällige Aktivität statt. Auch in dieser Hinsicht fällt ASASSN-15lh also aus dem Rahmen und stellt die bisherigen Überlegungen der Astro­nomen infrage. Dong und seine Kollegen planen nun weitere Beobachtungen mit dem Weltraumteleskop Hubble, um die Umgebung der Sternexplosion genauer in Augenschein zu nehmen – und so dem Geheimnis der super­leucht­kräftigen Supernovae auf die Spur zu kommen.

Rainer Kayser

RK

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