24.07.2019

Hyperwürfel-Zustände entdeckt

Vielversprechende Kandidaten für die Konstruktion neuartiger Quantensensoren.

Quanten­mechanische Phänomene decken sich selten mit unseren Alltags­erfahrungen und scheinen oft schlicht absurd. Bereits 1935 machte Erwin Schrödinger dies in seinem berühmten Gedanken­experiment deutlich, in dem eine Katze in einer skurrilen Quanten­superposition von tot und lebendig landet. Die Katze ist dabei weder das eine noch das andere und auch nicht beides gleichzeitig, sondern in einem sensiblen neuartigen Quantenzustand, wenigstens solange niemand nachsieht. Doch Schrödinger schuf mit seiner Katze aber auch einen wichtigen Baustein für moderne Quanten­technologien von Quanten­computern bis zu extrem sensiblen Sensoren. Forscher weltweit arbeiten daran, Schrödingers Katze in Quanten­systemen wie einzelnen Atomen oder Lichtteilchen nachzubilden.

Abb.: Hyper­würfel-Zustände bestehen aus mehreren Quanten­supositionen, die...
Abb.: Hyper­würfel-Zustände bestehen aus mehreren Quanten­supositionen, die die Ecken von multi­dimen­sionalen Würfeln abbilden. (Bild: EQUS)

„Bringt man ein Quantensystem in solch eine Superposition von zwei klassischen Zuständen, so bilden sich sensible Interferenz­phänomene, welche man für Quanten­technologie nutzen kann“, sagt Martin Ringbauer vom Institut für Experimental­physik von der Universität Innsbruck. Man kann sich dies vorstellen wie eine Über­lagerung von Wasserwellen, die entsteht, wenn man zwei Steine gleichzeitig ins Wasser wirft. Schrödingers Katze ist nicht die einzige ihrer Art: 2001 wurde mit dem Kompass­zustand ein erster Verwandter entdeckt. Dieser Zustand besteht aus einer Super­position von nicht zwei, sondern vier klassischen Zuständen, welche wie die Haupt­richtungen eines Kompasses angeordnet sind. Schrödingers Katze und Kompass­zustände sind jedoch nur der Anfang, berichtet nun ein inter­nationales Team von Physikern aus Österreich, Australien und dem Vereinigten Königreich. Sowohl Schrödingers Katze als auch der Kompass sind Teil einer unendlich großen Familie von Zuständen, die aus Super­positionen bestehen, deren klassische Bausteine die Ecken von multi-dimensonalen Hyper­würfeln darstellen. „Wir haben diese Hyperwürfel-Zustände fast zufällig entdeckt, als wir mit winzigen Membranen experimentierten, um Zustände für neuartige Quanten­sensoren zu entwickeln“, erzählt Ringbauer.

„Die Auflösung eines Sensors ist zu einem großen Teil durch dessen Skala bestimmt. Will man einen sehr genauen Maßstab erreichen, müssen die Abstände zwischen den Markierungen sehr klein sein. Versucht man jedoch diese Abstände kleiner und kleiner zu machen, stößt man früher oder später an eine quanten­mechanische Grenze – das Heisen­bergsche Unschärfe­prinzip“, erläutert Ringbauer. Quanten-Hyperwürfel Zustände können diese Grenze umgehen, in dem sie sich Quanten­interferenz zu Nutze machen. „Am Beispiel der Steine im Wasser sieht man, dass selbst große Steine in der Überlagerung der Wellen zu feinen Mustern führen. Diese können durchaus deutlich kleiner sein als die Steine, die sie auslösen. Ähnlich ist es bei Quanten­zuständen: Selbst wenn die Zustände an den Ecken der Hyperwürfel eine Mindestgröße haben, so ergeben sich dennoch immer feinere Interferenz­muster, je höher die Dimension des Hyperwürfels wird“, sagt Ringbauer. Dies macht Hyper­würfel-Zustände zu vielver­sprechenden Kandidaten für die Konstruktion neuartiger Quantensensoren, in denen die feinen Interferenz­muster die Rolle der Markierungen des Maßstabes übernehmen.

U. Innsbruck / JOL

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