Infrastrukturen nachhaltiger koppeln
Kopplung von Systemen kann auch Nachteile wie Störanfälligkeit mit sich bringen.
Mit der Abwärme von Servern Gebäude beheizen. Private Fahrzeuganbieter virtuell vernetzen und so neue Mobilitätsangebote schaffen. Mit Hilfe von Elektro-Fahrzeugen eine stabilere Stromversorgung erreichen. Die Möglichkeiten, Infrastrukturen neu miteinander zu koppeln, sind vielfältig. Welche Vorteile sich daraus für eine nachhaltige Entwicklung ergeben, haben Wissenschaftler im Projekt „Trafis – Transformation hin zu klimaresilienten und ressourcenschonenden Infrastrukturen“ untersucht.
Das Ergebnis: Gekoppelte Systeme bergen Potenziale, die unter bestimmten Voraussetzungen zu nachhaltigeren Infrastrukturen führen können. So ist es möglich, dass gekoppelte Infrastrukturen zu einer sicheren Versorgung auch bei Störungen sowie zu Preisstabilität beitragen – etwa im Strommarkt. Sie können helfen, das Klima und Ressourcen zu schonen. Und sie können eine sozial gerechte und auf Dauer wirtschaftlich tragfähige Daseinsvorsorge gewährleisten.
Die Untersuchungen haben aber auch gezeigt, dass sich mit neuen Wegen der Infrastrukturkopplung auch neue Herausforderungen ergeben. Denn die gekoppelten Systeme sind oft deutlich komplexer als frühere Lösungen. „Häufig sind nicht nur technische Elemente, sondern auch neue Akteure und Geschäftsmodelle miteinander in Einklang zu bringen“, erläutert Georg Schiller, Projektleiter im IÖR. „Neue Kooperationen bergen immer auch die Gefahr neuer Interessenkonflikte, eine höhere Komplexität erhöht Abhängigkeiten innerhalb der Systeme. Damit steigt auch ihre Störanfälligkeit“, setzt er fort. Insofern verknüpfen sich mit neuen Lösungen nicht ausschließlich positive Auswirkungen.
Um die Stärken und Schwächen neuer Infrastrukturkopplungen gegeneinander abzuwägen und ihre Beiträge zu nachhaltiger Entwicklung besser einschätzen zu können, haben die Projektpartner einen Nachhaltigkeits-Check für gekoppelte Systeme entwickelt und erprobt. Insgesamt 26 Kriterien helfen dabei, die Funktionalität und soziale sowie ökonomische Verträglichkeit von Infrastrukturkopplungen zu bewerten und zu beurteilen, wie sie zu Versorgungssicherheit und Ressourcenschonung beitragen. Mithilfe dieses neuen Instrumentariums wurden im Projekt 14 unterschiedliche Kopplungsvarianten untersucht. Die Beispiele zeigen die Bandbreite möglicher Kopplungen auf. Die Untersuchungen per Nachhaltigkeits-Check liefern eine realistische Einschätzung ihrer Stärken und Schwächen. Kommunen und Betreiber von Infrastrukturen können dieses Prüfinstrument künftig nutzen, um Auswirkungen auf die Ziele von Nachhaltigkeit frühzeitig zu überprüfen. Aktuell wird im Projekt Trafis an einem Leitfaden für Kommunen gearbeitet. Er soll im Sommer im Verlagsprogramm des Umweltbundesamtes erscheinen. Vier Teilberichte zum Projekt erscheinen demnächst in der Reihe UBA Texte.
Im Projekt Trafis ist auch deutlich geworden, dass es sich bei vorhandenen Lösungen meist um Entwicklungen in Nischen handelt. „Infrastrukturkopplungen sind oft noch maßgeschneidert für eine ganz konkrete Situation. Es gibt unglaublich viele Kopplungsvarianten. Zwar lassen sich auch verschiedene grundsätzliche Kopplungsmuster erkennen, die sich häufig wiederholen. Aber diese Muster sind doch immer wieder individuell ausgestaltet“, erläutert Georg Schiller. Das Projekt Trafis II knüpft hier an. Bis Dezember 2022 gehen die Projektpartner der Frage nach, wie innovative Infrastrukturlösungen gezielt unterstützt und aus ihrer Nische geholt werden können. Ziel ist es, geeignete Wege zu finden, um Infrastrukturkopplungen stärker in der Breite zu verankern. Vor allem solche Lösungen sollen vorangebracht werden, die einerseits wichtige Beiträge für mehr Nachhaltigkeit, für den Ressourcen- und Klimaschutz erbringen und die andererseits eine hohe Resilienz aufweisen, also wenig störanfällig sind.
Wie schon Trafis wird auch das neue Forschungsvorhaben vom Umweltbundesamt gefördert und vom Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung geleitet. Weitere Projektpartner sind das Ecologic Institut, Berlin; The Dutch Research Institute For Transitions (DRIFT), Rotterdam/Niederlande und die Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg (BTU), Cottbus.
IÖR / DE