02.09.2008

Innerer Spannung auf der Spur

Physik Journal - Ein Neutronen-Diffraktometer weist Materialermüdungen auch tief im Innern von Werkstücken nach.



Physik Journal – Ein Neutronen-Diffraktometer weist Materialermüdungen auch tief im Innern von Werkstücken nach.

Verdichterräder in Turbinen bringen große Mengen an Gasen oder Flüssigkeiten auf hohen Druck. Bricht ein solches Verdichterrad infolge von Materialermüdungen, kann die gesamte Turbine Schaden nehmen – teure Reparaturen sind die Folge. Daher ist es für die Hersteller wichtig, bereits in der Phase der Entwicklung die Belastungsgrenzen der Bauteile zu berechnen.

Physiker um Michael Hofmann von der TU München haben nun für einen Industriekunden ein solches Verdichterrad vermessen. Das Unternehmen hatte ursprünglich einen Dienstleister damit beauftragt, den Herstellungsprozess mathematisch zu modellieren. Dabei fand dieser heraus, dass es im Innern des Aluminiumrohlings zu starken mechanischen Spannungen kommt. Die Ingenieure des Herstellers glaubten ihm aber nicht. Mit dem Diffraktometer STRESS-SPEC der Forschungsneutronenquelle FRM II vermaß Hofmanns Arbeitsgruppe daher das Verdichterrad, um die Diskussionen zu beenden.

Die Neutronen werden am Kristallgitter des Materials gebeugt, wobei die Winkelablenkung Rückschlüsse auf Irregularitäten erlaubt: Jede innere mechanische Spannung äußert sich letztlich in abweichenden Gitterparametern.

Abb.: Dank Neutronenstreuung lassen sich Materialermüdungen in Verdichterrädern frühzeitig erkennen. (Quelle: FRM II/TU München)

Hofmanns Arbeitsgruppe maß die Dehnungen entlang dreier radialer Linien im Verdichterrad und berechnete daraus die Spannung. Die tensorielle Natur der Spannung erfordert eine Vergleichsmessung an einer spannungsfreien Probe desselben Materials. Die notwendige Auflösung des Diffraktometers legt ein zuvor gewähltes Blendensystem fest und war in diesem Fall unkritisch, da sich der Spannungsverlauf in großen Körpern nicht sprunghaft im Millimeterbereich ändert. So genügte ein Abstand von zehn Millimetern zwischen den Messpunkten.

Der Realitätscheck mit dem Diffraktometer zeigte, dass die Theoretiker recht hatten: Im Herstellungsprozess kommt es zu unerwartet großen Spannungen.

Michael Vogel

Quelle: Physik Journal, August/September 2008, S. 18

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