10.01.2007

Innovationsflops kosten Zeit und Geld

In Deutschland scheitern 9 von 10 Produktinnovationen. Zu dem Ergebnis kommt das Bochumer Institut für angewandte Innovationsforschung.



In Deutschland scheitern 9 von 10 Produktinnovationen. Zu dem Ergebnis kommt das Bochumer Institut für angewandte Innovationsforschung.

Das „Jahr der Innovation“ ist noch allgegenwärtig, die Innovationseuphorie in Deutschland ungebrochen - dennoch bescheinigt das Bochumer Institut für angewandte Innovationsforschung (IAI) den Unternehmen hierzulande eklatante Schwächen bei der Umsetzung von Neuproduktideen. Wie aus einer aktuellen Studie der Innovationsforscher hervorgeht, wird nur jedes sechzehnte der offiziell eingeleiteten Innovationsprojekte zu einem Markterfolg. Dabei sind die meisten Probleme hausgemacht: einseitige Technik- statt umfassende Marktorientierung, Over-Engineering, ungeklärte Zuständigkeiten und fehlende Priorisierung verlängern und verteuern die Entwicklung und führen letztlich zum Scheitern eines Großteils der ambitioniert gestarteten Projekte.

Zu diesem Ergebnis kommt das Institut für angewandte Innovationsforschung an der Ruhr-Universität Bochum in einer aktuellen Studie. Befragt wurden Innovationsexperten aus 1.200 deutschen Unternehmen des produzierenden Gewerbes zu den Erfolgs- und Misserfolgsfaktoren bei der Neuproduktentwicklung. Die Forscher fanden heraus, dass viele Unternehmen immer noch einen Großteil ihrer Innovationsressourcen in Projekte stecken, die nie zur Marktreife gelangen oder sich bald nach ihrer Einführung als Flop erweisen. Gleichzeitig haben es die echten „Big Ideas“ oft schwer, nicht schon in frühen Entwicklungsstadien im Keim erstickt zu werden.

Zwar gelten die deutschen Unternehmen als „Ideen-Weltmeister“ und rangieren in der Rangliste der Patentanmeldungen nach wie vor international in der Spitzengruppe, doch zeichnet man das Schicksal der zahlreichen Innovationsideen nach, ergibt sich ein ernüchterndes Bild: Nur etwa 13% aller Neuproduktvorschläge erreichen das Stadium der Markteinführung und von den neu am Markt lancierten Produkten können wiederum nur rund 50% die in sie gesetzten Erwartungen zumindest in Teilen erfüllen. Von den „offiziell“ vorangetriebenen Ideen wird nur rund jede sechzehnte ein kommerzieller Erfolg (6%).

Etwa die Hälfte der befragten Unternehmen bestätigt dabei, dass die eigentlichen „Big Ideas“, d. h. Ideen, die sich später als außergewöhnlich erfolgreiche Innovationen herausstellen, häufig nicht erkannt oder fälschlicherweise aussortiert werden. Knappe Ressourcen und Kapazitäten werden in wenig aussichtsreichen Entwicklungsvorhaben verschwendet, sie stehen für wirklich zukunftsträchtige Innovationsprojekte nicht mehr zur Verfügung und blockieren die Unternehmensentwicklung.

Die Autoren der Studie bescheinigen den Unternehmen gravierende Schwächen bei der Beurteilung ihrer Innovationsideen. Während die inkrementellen Innovationsvorhaben im Betrieblichen Vorschlagswesen bürokratisch administriert werden, fehlen für Innovationen mit höherem Neuigkeitsgrad oft schon Anlaufstellen, sind die Zuständigkeiten ungeklärt etc. Die Innovatoren sind vielfach auf sich allein gestellt und wegen fehlender Unterstützung überfordert und frustriert. 53% der Befragten beklagen, dass den Entscheidungsträgern die Zeit fehlt, sich überhaupt mit den kreativen Ideen der Mitarbeiter auseinanderzusetzen. Rund 60% sehen Defizite bei der Informationsgewinnung und Marktaufklärung, und von 42% wird beanstandet, dass die Chancen einer Innovation eher unter-, die Risiken aber tendenziell überbewertet werden. In Summe hat die Abschätzung der Erfolgsaussichten von Neuproduktideen in einem Großteil der Unternehmen allenfalls Stückwerkcharakter.

Auf Basis der Studienergebnisse hat das Institut für angewandte Innovationsforschung den Rahmen für ein Bewertungssystem entwickelt, das die innovativen Kräfte dabei unterstützt, Fehler bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten von Innovationsideen zu vermeiden und die begrenzten Mittel für Neuerungen auf zukunftsträchtige Vorhaben zu konzentrieren. Rund um einen dreistufig aufgebauten Innovationstest werden von den Innovationsforschern praktische Erfahrungen zur Gewinnung erfolgskritischer Informationen sowie zur Gestaltung innovationsfördernder Rahmenbedingungen und Entscheidungsmechanismen vorgestellt. Friedrich Kerka, Geschäftsführer des IAI: „Innovationen werden heute zwar allseits gefordert, doch wenn sich Mitarbeiter engagieren und neue Ideen entwickeln, wird bei einem Großteil der Unternehmen sichtbar, dass sie auf die Aufgaben der Bewertung von Innovationsideen nur unzureichend vorbereitet sind. Die Unternehmen verschwenden so oftmals nicht nur viel Zeit und Geld, sondern setzen die Motivation ihrer innovativen Kräfte aufs Spiel.“

Quelle: Institut für angewandte Innovationsforschung e.V.

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