03.01.2022

Interstellarer Ramjet taugt nur für Science-Fiction

Magnetfelder für den Antrieb eines Raumfahrzeugs müssten unrealistische Dimensionen aufweisen.

In Science-Fiction-Geschichten über Kontakt mit außerirdischen Zivilisationen gibt es ein Problem: Mit welcher Art von Antrieb soll es möglich sein, die gewaltigen Distanzen zwischen den Sternen zu überbrücken? Mit gewöhnlichen Raketen, wie man sie für die Reise zum Mond oder zum Mars verwendet, wird das nicht möglich sein. Daher gibt es allerlei mehr oder wenige spekulative Ideen dazu – eine davon ist der „Bussard­kollektor“ oder „Ramjet-Antrieb“. Dabei sollen Protonen im inter­stellaren Raum eingefangen und dann für einen Kernfusions­reaktor verwendet werden.

Abb.: Künstlerische Darstellung des Ramjet-Antriebs (Bild: NASA)
Abb.: Künstlerische Darstellung des Ramjet-Antriebs (Bild: NASA)

Peter Schattschneider, Physiker und Science-Fiction-Autor, hat dieses Konzept nun gemeinsam mit seinem Kollegen Albert Jackson aus den USA genauer nachgerechnet. Das Ergebnis ist für die Fans interstellaren Reisens leider enttäuschend: So wie sich das Robert Bussard, der Erfinder dieses Antriebs im Jahr 1960 ausgedacht hat, kann es nicht funktionieren.

„Die Idee ist es wert, untersucht zu werden“, sagt Peter Schattschneider. „Im interstellaren Raum gibt es hochverdünntes Gas, hauptsächlich Wasserstoff – ungefähr ein Atom pro Kubik­zentimeter. Wenn man den Wasserstoff mit Hilfe gewaltiger Magnetfelder vor dem Bug eines Raumschiffs wie in einem magnetischen Trichter einsammeln würde, dann könnte man damit einen Fusions­reaktor betreiben und das Raumfahrzeug beschleunigen.“ Im Jahr 1960 publizierte Robert Bussard eine wissenschaftliche Arbeit dazu. Neun Jahre später wurde ein solches Magnetfeld erstmals theoretisch beschrieben. “Seither hat die Idee nicht nur Science-Fiction-Fans begeistert, sondern auch in der technisch-wissenschaftlichen Astronautik-Community für großes Interesse gesorgt“, sagt Peter Schattschneider.

Peter Schattschneider und Albert Jackson nahmen die Gleichungen nun nach einem halben Jahrhundert genauer unter die Lupe. Eine Software, die an der TU Wien im Rahmen eines Forschungsprojekts für die Berechnung elektromagnetischer Felder in der Elektronenmikroskopie entwickelt worden war, stellte sich dabei unerwarteterweise als äußerst hilfreich heraus: Die Physiker konnten damit zeigen, dass das Grundprinzip des magnetischen Teilchen-Einfangs tatsächlich funktioniert. In dem vorgeschlagenen Magnetfeld lassen sich Teilchen aufsammeln und in einen Fusions­reaktor leiten. Damit kann eine beträchtliche Beschleunigung erzielt werden – bis hin zu relativistischen Geschwindigkeiten.

Wenn man allerdings die Größe des magnetischen Trichters berechnet, schwindet die Hoffnung auf einen Besuch bei unseren galaktischen Nachbarn schnell. Um einen Schub von 10 Millionen Newton zu erzielen – das entspricht zweimal dem Hauptantrieb des Space Shuttle – müsste der Trichter einen Durchmesser von knapp 4000 Kilometer haben. Eine technisch weit fortgeschrittene Zivilisation könnte so etwas vielleicht bauen, aber das eigentliche Problem ist die notwendige Länge der Magnetfelder: Rund 150 Millionen Kilometer lang müsste der Trichter sein – das ist der Abstand zwischen Sonne und Erde.

Nach einem halben Jahrhundert Hoffnung auf Interstellarreisen in ferner Zukunft zeigt sich nun also: Der Ramjet-Antrieb ist zwar eine interessante Idee, wird aber auch in Zukunft bloß Teil der wissenschaftlich fundierten Science-Fiction-Literatur bleiben. Wenn wir unsere kosmischen Nachbarn eines Tages besuchen möchten, müssen wir uns wohl doch etwas anderes einfallen lassen.

TU Wien / DE

 

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