22.11.2023

Inventur des globalen Kohlenstoffs

Umfassende und aktuelle Bewertung der natürlichen Kohlenstoffspeicher.

Natürliche Kohlenstoff­speicher werden bei der kommenden Weltklima­konferenz COP28 in den Vereinigten Arabischen Emiraten eine große Rolle spielen. Nach Ozeanen und Böden sind Wälder die größten Senken für Kohlenstoff. Sie nehmen enorm viel Kohlendioxid aus der Atmosphäre auf. Wie viel genau das ist und wie viel mehr es bei besserem Waldmanagement sein könnte, ist eine schwierige Frage. In einer aktuellen Studie stellt nun ein Team von mehr als zweihundert Forschenden weltweit neue Abschätzungen des Speicher­potenzials vor. Die Koordination lag bei der ETH Zürich, wichtige methodische Beiträge steuerte das GFZ Potsdam bei.

Abb.: Karte der Verteilung des oberirdischen Baumkohlenstoffs.
Abb.: Karte der Verteilung des oberirdischen Baumkohlenstoffs.
Quelle: Mo et al., Nature

So könnten Wälder im Idealfall 328 Milliarden Tonnen Kohlenstoff aufnehmen. Da viele Waldgebiete mittlerweile jedoch für Landwirtschaft und als Siedlungsfläche genutzt werden, verringert sich das Potential auf 226 Gigatonnen. 139 Gigatonnen davon könnten allein durch den Schutz bestehender Wälder erreicht werden. Die restlichen 39 Prozent ließen sich realisieren, indem bislang zerstückelte Waldlandschaften wieder vernetzt und nachhaltig bewirtschaftet werden.

Vergangene Studien, die allerdings stark auf statistischen Auswertungen und Hochrechnungen basierten, waren zu Ergebnissen in ähnlicher Größenordnung gekommen. Zum Vergleich: Dem Speicherpotenzial von 226 Gigatonnen stehen jährliche Emissionen von knapp 11 Gigatonnen Kohlenstoff – umgerechnet 40 Gigatonnen Kohlendioxid – gegenüber. Statt allerdings Wälder zu schützen und nachhaltig zu bewirtschaften, schreitet die Entwaldung weltweit voran. Hinzu kommt der nahezu ungeminderte Ausstoß von Treibhausgasen, der die globale Erwärmung beschleunigt und damit die Wälder noch mehr unter Druck setzt.

Die Forschenden verknüpften Satelliten­daten mit Erhebungen zum Zustand der Wälder und zur Biomasse, die vom Boden aus gemacht wurden. Sie integrierten außerdem Angaben zur Kohlenstoff­speicherung in Waldböden mit Totholz, Laub und anderer Biomasse. „Das neue Papier basiert auf viel besseren Daten und bietet in diesem Sinne eine bessere Quantifizierung des Potenzials als bisherige Arbeiten“, sagt Martin Herold. Der Leiter der GFZ-Sektion Fernerkundung und Geoinformatik betont, wie wichtig es sei, „systematisch satelliten- und bodengestützte Kohlenstoffmessungen miteinander zu kombinieren, was neue Wege zum Verständnis der weltweiten Kohlenstoffbestände und -potenziale eröffnet“.

Die weltraum­gestützte Biomasse­analyse stammt hauptsächlich vom GFZ, das allerdings auch mit Bodendaten als Teil eines globalen Netzwerks beigetragen hat. Martin Herold: „Das GFZ hat in der Vergangenheit viel in solche integrierten Erhebungen investiert und wird das auch in der Zukunft tun. Unsere starken Überwachungs­infrastrukturen machen uns zu einem ausge­zeichneten und weltweit sichtbaren Partner bei solch wichtigen globalen Analysen zu Schlüsselfragen wie eben der Frage, wie wir unsere Kohlenstoff­vorräte im Hinblick auf Klima und Nachhaltigkeit am besten verwalten können.“

GFZ / JOL

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