Iridium, Wasserstoff-druckbetankt
Unter Druck und mit Synchrotronstrahlung erstmals Iridiumhydrid beobachtet.
Metallhydride sind vielversprechende Kandidaten für industrielle Wasserstoffspeicher. Wird der Wasserstoff aus dem Hydrid gelöst, steht er beispielsweise zur umweltfreundlichen Stromerzeugung in Brennstoffzellen-Autos zur Verfügung. „Im weiteren Sinne zielt unsere Forschung auf ein tieferes Verständnis, wie sich Metallhydride bilden, und wie sich der Wasserstoff danach wieder extrahieren lässt“, erläutert Thomas Scheler aus der Gruppe von Eugene Gregoryanz an der Universität Edinburgh.
Iridium-Trihydrid im Innern einer Diamantstempelzelle unter einem Druck von 100 GPa. Die dunkle Region im Zentrum besteht aus Iridium-Trihydrid, die gelben Regionen sind Wasserstoff. (Bild: Th. Scheler, U. Edinburgh)
Eine andere wichtige Anwendung finden viele Metallhydride als Supraleiter. Dieses Verhalten ist beispielsweise bei den Hydriden der Edelmetalle Palladium und Platin beobachtet oder vorhergesagt worden und könnte daher auch bei Hydriden chemisch verwandter Edelmetalle wie Iridium auftreten. Allerdings ist Iridiumhydrid vor dieser Studie niemals beobachtet worden.
Um es herzustellen, platzierten die Wissenschaftler am DESY ein Stückchen Iridium in eine Diamantstempelzelle, füllten sie mit Wasserstoff und setzten das Metall unter einen Druck von bis zu 125 Gigapascal. Mit den intensiven, stark gebündelten Röntgenstrahlen von PETRA-III durchleuchteten die Forscher die Probe und konnten darin Strukturänderungen bei hohem Druck nachweisen.
„Bei 55 Gigapascal haben wir neue Röntgensignale beobachtet, die nicht von metallischem Iridium stammten, und die mit steigendem Druck immer stärker wurden“, erläutert Gregoryanz. Die Forscher schlossen daraus, dass sich tatsächlich Iridiumhydrid geformt hatte.
Iridiumhydrid hat eine unerwartete innere Struktur (links): Die Iridiumatome (rot) besetzen dabei die Ecken eines Würfels, während sich die Wasserstoffatome (blau) jeweils im Zentrum der Würfelflächen befinden. Theoretische Berechnungen legen die Existenz eines verzerrten einfachen Würfelgitters im Iridium-Trihydrid nahe (rechts; Bild: Th. Scheler, U. Edinburgh)
Allerdings wurden die Röntgensignale des Hydrids teilweise von den Signalen des verbliebenen metallischen Iridiums in der Probe verdeckt. „Wir haben daher die Probe mit Infrarotlasern aufgeheizt, um die Bildung von Iridiumhydrid zu fördern“, sagt DESY-Forscherin Zuzana Konôpková. In der laserbeheizten Probe bildete sich das Hydrid viel schneller, ohne Iridiumreste zurückzulassen.
Wie die Forscher bei der Datenanalyse feststellten, besitzt das neu gebildete Iridiumhydrid eine ungewöhnliche innere Struktur. Normalerweise weitet sich bei der Entstehung eines Metallhydrids die innere Struktur des Metalls, um Wasserstoffatome zwischen den Metallatomen aufnehmen zu können. In diesen Hydriden ist der Wasserstoff nicht an das Metall gebunden, und das Verhältnis von Metall- zu Wasserstoffatomen liegt typischerweise nahe bei eins.
Im Gegensatz dazu wird der Wasserstoff im Iridiumhydrid zum Bestandteil des Kristallgitters und bildet so eine bislang unbekannte Struktur für ein Metallhydrid. Jedes Iridiumatom ist von jeweils drei Wasserstoffatomen umgeben, was zu der Iridium-Trihydrid-Struktur führt, die bis zu dreimal mehr Wasserstoff aufnehmen kann als die meisten anderen Metallhydride. Zusätzliche theoretische Berechnungen stützen jedoch die Beobachtung, dass es sich um ein einfaches, allerdings verzerrtes Würfelgitter handelt.
Die jetzt vorgestellte Studie kann für künftige Entwicklungen von Wasserstoffspeicher- und Brennstoffzellen-Techniken von Bedeutung sein. Iridium selbst ist zwar zu selten und zu teuer für Routineanwendungen im industriellen Maßstab, die Herstellung eines ganz neuartigen Iridiumhydridmaterials mit einer neuen inneren Struktur und einem hohen Wasserstoffanteil könnte jedoch die Suche nach anderen Metallhydriden mit hoher Wasserstoffkapazität vorantreiben. Darüber hinaus werden erst Folgestudien die mechanischen und elektronischen Eigenschaften von Iridiumhydrid bestimmen. „Unsere Experimente haben die Materialstruktur enthüllt“, sagt Gregoryanz. Diese Information lasse sich nun zur theoretischen Vorhersage seiner Eigenschaften wie zum Beispiel einer Supraleitfähigkeit nutzen.
DESY / OD