31.03.2009

Jäger des kosmischen Knies geht in den Ruhestand

KASCADE-Experiment zur Messung der kosmischen Strahlung wird abgeschaltet



KASCADE-Experiment zur Messung der kosmischen Strahlung wird abgeschaltet

Seit 1995 maß das KASCADE-Experiment des Karlsruher Instituts für Technologie die Zusammensetzung der kosmischen Strahlung. Als weltweit erstes Experiment konnten KASCADE und seine Erweiterung KASCADE-Grande das Energiespektrum dieser Teilchen aus dem Weltall in Spektren einzelner Massen auflösen. Damit konnte das internationale Großexperiment klären, wie der geheimnisvolle Knick im Energiespektrum, das so genannte „Knie“ der kosmischen Strahlung, entsteht. Am 30. März 2009 wurde KASCADE abgeschaltet. Seine Erfolge wurden im Rahmen eines wissenschaftlichen Kolloquiums gefeiert.

Kosmische Strahlung besteht aus (atomaren) Teilchen aus dem Weltall, die in die Atmosphäre der Erde eindringen und auf die dort vorhandenen Gasmoleküle treffen. Sie lösen dabei Schauer von Sekundär- und Folgeteilchen aus, die sich kaskadenförmig zum Erdboden fortpflanzen und dort mit Hilfe von KASCADE gemessen werden. Kosmische Strahlung gibt es über einen extrem weiten Energiebereich von sehr kleinen Energien bis über 1020 Elektronenvolt, einer Energie, die um Größenordnungen höher ist als alles, was die größten irdischen Teilchenbeschleuniger erzeugen können. Der Fluss der kosmischen Strahlung nimmt mit steigender Energie sehr schnell ab. Bis zu einer Energie von rund 1015 Elektronenvolt folgt die Häufigkeit einem Potenzgesetz, oberhalb dieser Energie nimmt sie noch einmal deutlich stärker ab. So wird das so genannte Knie der kosmischen Strahlung, ein „Knick“ im Energiespektrum, erkennbar.

KASCADE (KArlsruhe Shower Core and Array DEtector) maß die hochenergetische Komponente der kosmischen Strahlung im Energiebereich zwischen 1014 und 1017 Elektronenvolt, also genau in dem Bereich, in dem dieses „Knie“ liegt. Als erstes Experiment weltweit konnte KASCADE aus den gemessenen Daten das Energiespektrum der hochenergetischen Komponente der kosmischen Strahlung in Spektren einzelner Massen auflösen. Diese bisher präziseste Messung der kosmischen Strahlung verbesserte signifikant das astrophysikalische Verständnis über die Quellen, die Beschleunigung und den Transport der kosmischen Teilchen in unserer Galaxis.

„Für den gemessenen Energiebereich wurde eine Gleichverteilung der kosmischen Strahlung über den gesamten beobachteten Himmelsausschnitt festgestellt“, fasst Andreas Haungs, Projektleiter für KASCADE-Grande am Institut für Kernphysik des Karlsruher Instituts für Technologie, ein Ergebnis zusammen. „Das Knie der kosmischen Strahlung kommt dadurch zustande, dass bei Energien oberhalb von 4 mal 1014 Elektronenvolt zunächst der Fluss der Wasserstoffkerne, bei etwas höheren Energien dann auch der Fluss der Heliumkerne stark abnimmt.“

KASCADE wurde bis 1996 auf einer Fläche von zunächst 200 m x 200 m auf dem Campus Nord des Karlsruher Instituts für Technologie aufgebaut. Auf dieser Fläche stehen 252 Detektorstationen, in denen Elektronen und Myonen aus den Luftschauern nachgewiesen werden. Außerdem kann damit die Ankunftsrichtung der Primärteilchen bestimmt werden. Im Zentrum des Areals steht ein Zentraldetektor, der aus 4000 Tonnen Eisen und viel Elektronik besteht. Hier werden Energie, Einfallsrichtung und Auftreffort von Kernteilchen aus den Luftschauern gemessen. Ab 2002 wurde KASCADE mit 37 neuen Detektorstationen auf eine Fläche von 700 m x 700 m zu KASCADE-Grande erweitert. Damit wurde der Messbereich zu etwa zehnfach höheren Energien ausgeweitet, um so das Knie für schwerere Teilchen, wie zum Beispiel für Eisenkerne, nachzuweisen.

Die Messphase von KASCADE und KASCADE-Grande läuft nun aus. Längere Messungen würden die Statistik der gewonnenen Ergebnisse kaum noch verbessern. KASCADE wird aber in Teilen noch für einige Zeit als Testexperiment zur Kalibrierung neuartiger Detektoren und Messtechniken weiterlaufen.

Karlsruher Institut für Technologie


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