04.03.2004

Jahrhundertgenie Einstein

Verehrt und wenig verstanden: Am 14. März 2004 wäre Albert Einstein 125 Jahre alt geworden.

Verehrt und wenig verstanden: Am 14. März 2004 wäre Albert Einstein 125 Jahre alt geworden.

Hamburg (dpa) - Albert Einstein - kein anderer Forscher wird in der Öffentlichkeit so verehrt und gleichzeitig so wenig verstanden wie das Jahrhundertgenie. Und wie seine wissenschaftlichen Arbeiten waren auch Einsteins politischen Ansichten oft alles andere als populär. «Woher kommt es, dass mich niemand versteht und jeder mag?», hat sich der am 14. März vor 125 Jahren in Ulm geborenen Einstein einmal in einem Zeitungsinterview gewundert.

«Einstein hat unser Weltbild verändert wie kaum ein anderer Wissenschaftler», erklärt der deutsche Physiknobelpreisträger Wolfgang Ketterle. «Er brachte der Menschheit die Erkenntnis, dass selbst Dinge wie Zeit und Raum keine fest vorgegebenen Größen sind», ergänzt der geschäftsführende Direktor des Albert-Einstein-Instituts der Max-Planck-Gesellschaft, Bernard F. Schutz. «Das hatte auch Auswirkungen auf Philosophie, Kunst und Literatur.»

Als «technischer Experte III. Klasse» am Berner Patentamt hatte Einstein in seinem «Wunderjahr» 1905 gleich vier bahnbrechende Arbeiten veröffentlicht. Darunter die Spezielle Relativitätstheorie, die auch direkt zur berühmten Formel E = mc² führte. Demnach ist Masse nichts anderes als eine konzentrierte Form von Energie. Die andere Konsequenz der Speziellen Relativitätstheorie ist, dass Raum und Zeit miteinander verwoben sind.

So unergründlich Einsteins Erkenntnisse vielen bleiben mögen, so groß sind ihre Auswirkungen auf den Alltag. «Auf Einsteins damaligen Ideen gründet beispielsweise die gesamte Laser-Technik», erläutert Schutz. Einstein hatte - ebenfalls 1905 - in einem von ihm selbst als «sehr revolutionär» bezeichneten Aufsatz dem Licht unter bestimmten Umständen auch die Eigenschaften von Teilchen zugesprochen und brach so mit der mehr als 100-jährigen Gewissheit der Physiker, dass Licht eine Welle sei. Dieser Beitrag zur Quantenphysik, nicht die Relativitätstheorie, brachte ihm den Physiknobelpreis des Jahrs 1921.

Auch das Satellitennavigationssystem GPS würde ohne die Relativitätstheorie nicht funktionieren. Denn Uhren laufen nach den Gesetzen dieser Theorie in der Erdumlaufbahn etwas schneller als am Erdboden. «Die Uhren der GPS-Satelliten wurden daher so gebaut, dass sie am Erdboden etwas nachgehen, damit sie in der Umlaufbahn synchron mit denen am Boden laufen», erläutert Schutz. «Ohne diese relativistische Korrektur würde GPS innerhalb von Stunden nicht mehr mit der gewünschten Genauigkeit funktionieren.»

Ohne Einsteins Beiträge würde die Wissenschaft heute allerdings nicht unbedingt anders aussehen. «Hätte Einstein nicht gelebt, hätten andere seine Entdeckungen gemacht - vielleicht zehn Jahre später. Selbst ein herausragender Forscher ist seiner Zeit nur um Jahre voraus», meint Ketterle, der 2001 zusammen mit US-Kollegen für die Erschaffung eines neuen, von Einstein bereits 1925 vorausgesagten Aggregatzustands der Materie ausgezeichnet worden war, des so genannten Bose-Einstein-Kondensats. Wie Ketterles Experimente bestätigen immer wieder neue ausgefeilte Versuche die visionären Vorhersagen Einsteins.

Einstein wird am 14. März 1879 als Sohn eines jüdischen Kleinunternehmers in Ulm geboren. Nach seinem Studium am Polytechnikum in Zürich nimmt er eine Stelle am Patentamt in Bern an und heiratet seine Studienkollegin Mileva Maric, mit der er drei Kinder hatte. Nach seinen bahnbrechenden Arbeiten aus dem Jahr 1905 wird die Fachwelt auf Einstein aufmerksam, in den folgenden Jahren arbeitet er an den Hochschulen in Zürich und Prag, bis er 1914 einen Ruf nach Berlin bekommt, dem damaligen Mekka der Physik. 1919 wird seine Ehe mit Mileva geschieden, er heiratet seine Cousine Elsa.

Nach der Ernennung von Adolf Hitler zum Reichskanzler entschließt sich Einstein, von einem Forschungsaufenthalt in den USA nicht mehr nach Deutschland zurückzukehren und wird von den Nazis ausgebürgert. Bereits zuvor hatte der Forscher, der sich stets politisch engagiert hat - unter anderem für den Zionismus - massive antisemitische Attacken auszuhalten. 1939 macht der überzeugte Pazifist US-Präsident Franklin Roosevelt auf die Gefahr einer deutschen Atombombe aufmerksam und wird so zum Mitinitiator des amerikanischen Atombombenprojekts.

Später setzt er sich für eine weltweite Ächtung von Kernwaffen ein, plädiert für eine Weltregierung und gerät - inzwischen als US- Staatsbürger - in der McCarthy-Ära für seine politischen Ansichten erneut unter Beschuss. 1955 stirbt Einstein 76-jährig in Princeton (US-Staat New Jersey), ohne jemals wieder deutschen Boden betreten zu haben. Drei Jahre zuvor wird ihm die israelische Staatspräsidentschaft angetragen, was er jedoch ablehnt. Später soll Einstein geäußert haben: «Gleichungen sind wichtiger für mich, weil Politik für die Gegenwart ist, aber eine Gleichung ist etwas für die Ewigkeit.»

Till Mundzeck, dpa

Interview mit Gillett Griffin - Einsteins letztem noch lebenden Freund

Princeton (dpa) - Albert Einstein war ein humorvoller und bescheidener Menschen. Das zumindest sagt Gillett Griffin, nach Angaben der Universität Princeton Einsteins letzter noch lebender Freund.

Frage: Wie haben Sie Einstein kennen gelernt?
Griffin: «Ich war Bibliothekar in Princeton und lernte seine Stieftochter Margot kennen. Sie lud mich ein zum gemeinsamen Essen in seinem Haus. Am Ende zog Einstein einen Spielzeugvogel mit Saugnäpfen aus einer Schublade, zog ihn auf und ließ ihn einen Spiegel empor klettern. Als der Vogel oben angekommen war und überkippte, fing Einstein ihn auf. "Wie finden Sie das?", fragte er mich, und ich antwortete wahrheitsgetreu, "herrlich". Am nächsten Morgen erhielt ich drei Anrufe, von Margot, Einsteins Haushälterin und Sekretärin Helen und seiner Bibliothekarin Johanna, die ebenfalls bei ihm ein und aus ging. Sie sagten mir, ich habe die Feuerprobe bestanden und dürfe mich als Mitglied der Familie betrachten».

Frage: Welche persönlichen Eigenschaften überwogen bei Einstein?
Griffin: «Der Professor, wie ihn alle nannten, war ein sehr bescheidener, aber auch überraschend direkter Mensch. Er hasste Leute, die sich wichtig tun, und wehrte sich genauso gegen jede Art Rummel um seine Person. Ich war damals Mitte 20 und er 73. Es war mir vergönnt, ihn bis zu seinem Tod mit 76 Jahren zu erleben. Ich glaube, dass er mich vor allem wegen meines Humors schätzte. Ich hörte ihn einmal sagen, dass er in die USA gekommen sei, weil er den Humor der Amerikaner so schätze.»

Frage: Hat er sein Gehirn tatsächlich zur Forschung freigegeben?
Griffin: «Ich habe das nie von ihm selbst gehört und kann es mir auch nicht vorstellen. Einstein wollte ganz still davongehen und fürchtete, dass sein Haus oder Grab einmal zur Gedenkstätte würden. Warum hätte er dann erlauben sollen, dass sein Hirn gefeiert wird? Einsteins 'drei Frauen', Margot, Helen und Johanna, haben seine Asche auf seinen ausdrücklichen Wunsch an einem geheimen Ort verstreut. Ich glaube, es war im Wald hinter dem Institut (Institute for Advanced Study), in dem er in seinen Arbeitspausen immer spazieren gegangen war. Aber genau kann das niemand mehr sagen. Alle drei (Frauen) sind lange tot».

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