Was bei kleinen Elektrogeräten wie Mobiltelefonen oder Zahnbürsten bereits funktioniert, soll bald auch für Elektrofahrzeuge möglich sein: kabelloses Laden mit Hilfe induktiver Energieübertragung. Gemeinsam mit Partnern aus Wissenschaft und Industrie haben Forscher des DLR im Rahmen des Projekts BiPolplus die dazu benötige Technologie untersucht.
Abb.: Auswertung des Wirkungsgrads beim induktiven Laden. (Bild: DLR)
„Induktives Laden ermöglicht es, das Elektroauto auf der Ladespule zu parken und die Batterie lädt sich dann von selbst auf. Das macht den Ladevorgang wesentlich komfortabler und praktischer“, fasst Bastian Mayer zusammen, der das Projekt am DLR-Institut für Fahrzeugkonzepte betreut hat. Der Nutzer muss Kabel und Stecker nicht mehr dabei haben und von Hand anschließen. Vor allem an öffentlichen Stromtankstellen entfällt die durch das Kabel entstehende Stolperfalle, schmutzige, beziehungsweise beschädigte Kabel sind künftig kein Thema mehr. Induktives Laden kann so dazu beitragen, die Akzeptanz alternativer Antriebskonzepte auf Batteriebasis beim Verbraucher zu erhöhen. Interessant ist die Technologie auch im Kontext des automatisierten Fahrens: Wird der Fahrer zum Passagier und nimmt wie beim Taxifahren eine Dienstleistung in Anspruch, will er sich nicht darum kümmern, wie und wo ein Fahrzeug aufgeladen wird. Das automatisierte Fahrzeug findet die Ladespule von selbst und parkt sich, wie bereits heute schon technisch möglich, automatisch auf der Spule.
Notwendig sind dafür eine Infrastruktur und eine Fahrzeugelektronik, ähnlich wie beim kabelgebundenen Laden, sowie zwei spezielle Spulen, eine im Boden, die andere auf der Unterseite des Fahrzeugs. Zwischen den beiden Spulen wird mittels eines magnetischen Wechselfelds Strom berührungslos übertragen und die Batterie geladen. Technisch möglich sind ein Abstand von mehr als zehn Zentimetern zwischen den beiden Spulen und eine Ladeleistung von über zwanzig Kilowatt, was dem heutigen Stand einer Wechselstrom-Schnellladung mit Kabel entspricht. Wettereinflüsse wie Schnee und Regen machen dem System nichts aus. Ein kleineres Elektroauto, wie zum Beispiel ein E-Smart, kann damit in 45 Minuten vollständig geladen werden. Privatanwender sollen in Zukunft die Möglichkeit haben, solche Systeme in der Garage oder im Stellplatz zu integrieren. Interessant sind induktive Lademöglichkeiten auch im öffentlichen Raum: Sie werden sich preislich in der gleichen Kategorie wie Ladesäulen befinden, weitestgehend unsichtbar sein und nicht stören, weil sie flach im Boden verbaut werden können. Zudem können sie als zusätzlicher Service für Kunden angeboten werden, die ihr Auto abstellen, um zum Beispiel im Supermarkt einkaufen zu gehen.
Abb.: Untersuchung am DLR-Teststand: Wie exakt muss das Auto über der Spule geparkt werden? (Bild: DLR)
Bevor induktives Laden flächendeckend Einzug in den Alltag halten kann, gilt es noch einige Fragen zu beantworten: Wie exakt müssen die Spulen übereinander positioniert sein, um möglichst effizient laden zu können, sprich wie genau muss der Fahrer oder das automatisierte Parksystem einparken? Wie viel Wärme entsteht beim Ladevorgang und muss das System eventuell gekühlt werden? Wie bringt man die Spule am besten im Fahrzeug unter? Und welche Sicherheitsaspekte müssen berücksichtigt werden, zum Beispiel wenn Gegenstände oder Lebewesen ins Magnetfeld geraten. Außerdem darf ein solches System auf keinen Fall Herzschrittmacher oder schlüssellose Entriegelungssysteme beeinflussen.
Auf einem eigens für das Projekt entwickelten Teststand haben die DLR-Wissenschaftler mit einem Porsche Boxster e diverse Fehlstellungen beim Parken auf der Ladespule untersucht. „Um möglichst effizient laden zu können, sollten beide Spulen exakt übereinander positioniert sein. Unsere Tests ergaben, dass ein kleiner Versatz von rund zehn Zentimetern sich nicht signifikant auf den Wirkungsgrad auswirkt. Darüber hinaus nimmt allerdings die Ladeeffizienz von den im Bestpunkt möglichen 91,5 Prozent deutlich ab“, fasst Mayer zusammen. Ähnliche Resultate zeigte die Untersuchung, wie sich der Abstand der beiden Ladespulen auswirkt. Dieser wird maßgeblich durch die modellbedingt Bodenhöhe, die konstruktive Unterbringung der fahrzeugseitigen Spule im Unterboden und die jeweilige Zuladung des Fahrzeugs bestimmt. Weiterhin haben die DLR-Forscher die Wärmeentwicklung beim Ladevorgang in Abhängigkeit von der Spulengröße betrachtet. „Bei einer Ladeleistung von 22 Kilowatt und den heutigen Batteriegrößen ist noch keine aktive Kühlung der Fahrzeugspule notwendig“, so Mayer. „Das kann sich allerdings schnell ändern, wenn die Fahrzeugspulen in Zukunft kleiner und leichter werden oder die Ladeleistung über 22 Kilowatt gesteigert wird.“
DLR / RK