09.03.2016

Katalysator-Verschleiß live im Blick

Platin-Nanopartikel wachsen unter Reaktions­bedingungen zu­sammen und ver­lieren Effi­zienz.

Platin-Nanopartikel in einem Auto-Katalysator wachsen im Betrieb zusammen und verlieren dadurch an Effizienz. Diesen Prozess hat ein Forscherteam am DESY-NanoLab erstmals live auf der Nanoebene beobachtet. Die Unter­suchung in einer speziellen Reaktions­kammer liefert erst­mals experi­mentelle Daten für derartige Verän­derungen von Katalysator-Nano­partikeln unter Reaktions­bedingungen. Katalysatoren gibt es nicht nur im Auto, sie gehören zu den wichtigsten Werk­zeugen der chemischen Industrie. „Über neunzig Prozent aller Reinst­chemikalien werden beispiels­weise mit Hilfe von Katalysatoren herge­stellt“, erläutert Uta Hejral vom DESY-NanoLab. Dafür kommen verschiedenste Metalle und Legierungen zum Einsatz. Im Auto wandelt eine Mischung aus Platin, Rhodium und Palladium giftiges Kohlen­monoxid und schädliche Stick­oxide zu weniger gefährlichen Verbindungen um.

Abb.: Gemittelte Form der Platin-Nano­partikel zu Beginn des Experiments (links, unter Kohlen­monoxid­fluss) und nach dem Zusammen­wachsen (rechts, während der Reaktion von Sauer­stoff und Kohlen­monoxid zu Kohlen­stoff­dioxid). Durch die Auf­nahme von 2D-Streu­bildern (jeweils im Hinter­grund) lässt sich diese Partikel­form­änderung live ver­folgen. (Bild: U. Hejral, DESY)

Die Effizienz einer bestimmten Menge Katalysatormaterials steigt mit dessen zur Verfügung stehenden Oberfläche an. „Eine Kugel mit einem Zentimeter Durchmesser hat eine Oberfläche von gut drei Quadratzentimetern“, erklärt Hejral. „Aus derselben Materialmenge ließen sich im Prinzip auch 1,3 Billiarden Kügelchen mit je zehn Nanometern Durchmesser formen, die hätten zusammen eine Oberfläche von 386 Quadratmetern – das entspricht etwa zwei Tennisplätzen.“ Im Betrieb kann sich jedoch die Größe der Partikel ändern, was die Leistung des Katalysators mindert.

Die Wissenschaftler haben Platin- und Rhodium-Nanopartikel unter kontrol­lierten Bedingungen beobachtet, die den realen Betriebs­bedingungen im Auto-Katalysator ähneln. Dazu ließen sie zunächst Nano­partikel aus unter­schiedlichen Mischungen der beiden unter­suchten Metalle auf einem Träger­material in fünf Streifen wachsen: reine Platin­partikel, reine Rhodium­partikel, sowie Mischungen von 85 Prozent Platin und 15 Prozent Rhodium, 70 Prozent Platin und 30 Prozent Rhodium und gleichen Anteilen der beiden Metalle. Alle Partikel waren zwei Nano­meter hoch, der Durch­messer schwankte je nach Mischungs­verhältnis zwischen fünf und dreizehn Nano­metern.

Die Forscher verwendeten diese Probe, um in der Reaktionskammer bei 280 Grad Celsius Kohlenmonoxid mit Sauerstoff in Kohlendioxid umzuwandeln. Dabei ließ sich die Effizienz der Reaktion mit einem Massenspektrometer direkt beobachten. Mit einem feinen Röntgenstrahl konnten die Forscher während der Reaktion Veränderungen der Nanopartikel verfolgen. Diese Messungen fanden an der Europäischen Synchrotronstrahlungsquelle ESRF im französischen Grenoble statt. Unter Reaktionsbedingungen änderten die Nanopartikel je nach Mischungsverhältnis der beiden Metalle unterschiedlich stark ihre Form. „Reine Platin-Nanopartikel wuchsen deutlich in die Höhe. Ihre Größe verdoppelte sich von zwei auf etwa vier Nanometer“, berichtet Hejral. Reine Rhodiumpartikel blieben dagegen sehr stabil und veränderten ihre Höhe kaum. Die Mischpartikel mit gleichen Anteilen Platin und Rhodium verhielt sich fast ebenso stabil.

„Die Untersuchung zeigt, dass die Platin-Nanopartikel freiwerdende Energie aus der chemischen Reaktion aufnehmen, um sich zusammenzulagern“, erläutert Hejral. „Enthielten die Platinpartikel zu Beginn jeweils etwa 15.000 Atome, waren es am Ende des Versuchs etwa jeweils 23.000. Durch diese Zusammenlagerung schrumpfte die Bedeckung des Trägermaterials durch die Platin-Nanopartikel von anfänglich 50 auf etwa 35 Prozent.“ Die Forscher gehen davon aus, dass die Platinpartikel danach streben, eine für sie energetisch günstigere runde Form anzunehmen. Die Herstellung der Partikel in einer Form, die derjenigen dieser Selbstorganisation nahekommt, könnte Umlagerungen und damit einen Rückgang der Effizienz vermindern.

Auto-Katalysatoren sind basierend auf Erfahrungswerten zwar weitgehend optimiert, jedoch gibt es noch viele offene Fragen bezüglich der auf atomarer Ebene ablaufenden Prozesse unter Reaktionsbedingungen. Diese müssen verstanden werden um die Lebensdauer und die Effizienz der Katalysatoren weiter zu verbessern. Die neue Methode gewährt hierzu Einblicke und lässt sich dabei nicht nur auf Auto-Katalysatoren anwenden, betont Andreas Stierle, der Leiter des DESY-NanoLabs. „Mit unserem Verfahren können wir die optimalen Mischungsverhältnisse und Partikelgrößen experi­mentell be­stimmen. Das lässt sich für Kataly­satoren mit verschiedensten Anwendungen nutzen und kann der chemischen Industrie neue Möglich­keiten eröffnen.“

DESY / RK

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