Keramik zum Nageln
Physik Journal - Ein neuer hitzebeständiger und bruchfester Werkstoff verbindet die positiven Eigenschaften von Keramik und Holz.
Physik Journal - Ein neuer hitzebeständiger und bruchfester Werkstoff verbindet die positiven Eigenschaften von Keramik und Holz.
Hitzebeständig und gleichzeitig zäh wie Holz. Einen solchen Werkstoff haben nun Materialforscher um Reinhard Simon von der Montanuniversität im österreichischen Leoben entwickelt. Durch Nanostrukturen, die sich bei der Herstellung um ein enges Netzwerk aus zehn bis zwölf Mikrometer feinen Fasern in dem keramischen Material bilden, verringert sich die Sprödigkeit deutlich. Sogar beim Einschlagen eines Nagels bricht es nicht. Mögliche Anwendungen sieht der Forscher beim Einsatz für Hitzeschutzkacheln von Raumfahrzeugen oder zur Auskleidung von Brennkammern in modernen Gasturbinen.
Dieser neue Werkstoff ist ebenso hitzebeständig wie bruchfest und verbindet so die positiven Eigenschaften von Keramik und Holz. (Foto: Uni Leoben)
Mit Aluminiumoxid und Mullit (3Al 2O 3 · 2SiO 2) griff Simon auf klassische Ausgangsmaterialien für hitzefeste Keramiken zurück. Wie bei etablierten Produktionsverfahren von faserverstärkten Kunststoffen bildet ein Fasernetzwerk – in diesem Fall ebenfalls aus Aluminium- oder Siliziumoxid – die Grundlage. Darum verteilte der Materialforscher die Keramikrohmasse, eine Suspension, in denen die Metalloxide fein verteilt vorliegen. Zur Aushärtung wird diese komplexe Mischung bei deutlich über 1000 Grad Celsius gesintert. Bei diesem Vorgang, den Simon in Anbetracht der wirtschaftlichen Nutzbarkeit nicht näher beschreibt, entstehen die stabilisierenden Nanostrukturen. Eine große Herausforderung bei der Hitzebehandlung lag darin, dass die eingelegten Fasern und die nanofeinen Strukturen erhalten bleiben und sich nicht zu einem massiven, kristallinen Block verbinden.
Dieser so genannte Oxid/Oxid-Verbundwerkstoff hielt in ersten Versuchen Temperaturen bis rund 1500 Grad Celsius stand. Am Materials Center Leoben (MCL) soll diese Faserkeramik nun weiter entwickelt und schon bald für erste Anwendungen vorbereitet werden. Neben dem Einsatz in der Raumfahrt könnte der neue Werkstoff bisher verwendete, hitzefeste Metall-Legierungen in modernen Gasturbinen-Kraftwerken ersetzen. Nach ersten Abschätzungen wären dadurch deutlich höhere Betriebstemperaturen möglich, wodurch sich der Wirkungsgrad um zwei bis drei Prozent steigern lassen könnte, erklärt Simon.
Jan Oliver Löfken
Quelle: Physik Journal, November 2004