Kernfusion ohne Neutronen-Emission
Laserinduzierte Verschmelzung von Protonen mit Bor-Kernen für Fusion mit geringerer Strahlung.
Die Verschmelzung schwerer Wasserstoffkerne, Deuterium und Tritium, ist derzeit der bevorzugte Ansatz für zukünftige Fusionsreaktoren. Doch entsteht bei diesem Prozess zusätzlich zum Alpha-Teilchen jeweils auch ein schnelles Neutron, das in den Hüllen einer Fusionskammer radioaktive Isotope erzeugen kann. Startet der Fusionsprozess stattdessen mit 11Bor-Kernen und Protonen, entstehen nur noch Alpha-Teilchen und keine Neutronen. Eine französische Forschergruppe optimierte diesen Prozess nun in einer durch Laser induzierten Kernfusion.
Abb.: In dieser Vakuumkammer fusionieren Protonen mit Bor-Kernen, unterstützt durch intensive Laser. (Bild: C. Labaune)
Das Team um Christine Labaune vom Laboratoire d'Utilisation des Lasers Intenses der École Polytechnique nahe Paris lenkte dazu 1,5 bis 4 Nanosekunden lange, intensive Laserpulse (530 Nanometer Wellenlänge, 1014 Watt pro Quadratzentimeter) auf ein festes Bor-Target. Dabei entstand ein Plasma geladener Bor-Ionen mit einer hohen Elektronendichte von etwa 6 × 1023 pro Kubikzentimeter. Auf eine hauchdünne Aluminiumfolie fokussierten sie sekundäre, nur Pikosekunden kurze Laserpulse (530 Nanometer Wellenlänge, 6 × 1018 Watt pro Quadratzentimeter). Damit erzeugten sie einen Protonenstrahl, der auf das Bor-Plasma gerichtet zu Kernfusionen von Bor-Kernen mit Protonen führte. Zwar führte nur eines von 300 bis 3000 Protonen zu einer Kernfusion, doch überstieg diese Rate die von früheren Experimenten um ein Vielfaches.
Abb.: Prinzip der laserinduzierten Kernfusion von Bor-Kernen in einem Plasma mit beschleunigten Protonen. (Bild: C. Labaune)
Mit einem Magnetspektrometer analysierten Labaune und Kollegen darauf das Spektrum der im Fusionsprozess gebildeteten Alpha-Teilchen. Diese wiesen Energien zwischen 3,3 und 7,5 Megaelektronenvolt auf. Zudem zeigten die Nachweisspektren Hinweise auf Beryllium-Kerne, die jedoch ihrerseits zu je zwei Alpha-Teilchen zerfallen konnten. Schnelle Neutronen, die zu einer radioaktiven Kontamination der Reaktorinnenwände führen könnten, waren wie bei diesem Fusionsprozess erwartet nicht nachweisbar.
Einen weiteren Vorteil für diesen ungewöhnlichen Fusionsprozess sehen die Wissenschaftler in der hohen Verfügbarkeit von Bor im Vergleich zum aufwendig isolierten Tritium-Wasserstoff. Von einem Fusionsreaktor ohne Neutronenemission sind diese Laserexperimente allerdings noch sehr weit entfernt. Denn noch muss deutlich mehr Energie zu diesem Fusionsprozess zugefügt werden als potenziell gewonnen werden könnte. Doch bietet die Bor-Proton-Fusion wegen der geringen radioaktiven Kontamination und dem Wegfallen aufwändiger Strahlenschutzmäntel eine verlockende Alterative für zukünftige Fusionsreaktoren.
Jan Oliver Löfken
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