23.10.2019

Kleidsame Elektrizität

Biegsame Superkondensatoren aus porösem Kohlenstoff-Nanoverbundstoff in Textilien verwoben.

Abendkleider mit eingewebten LEDs sehen extravagant aus, aber sind vom Strom abhängig. Für solche tragbaren Stromquellen haben chinesische Wissenschaftler ein zu Stoff verpressbares Elektrodenmaterial entwickelt, das leicht, stabil und leistungsfähig ist. Mikrofluidik, also winzige Flüssigkeitsströme, war als Herstellungstechnik sehr hilfreich.
 

Kleider mit Hunderten von funkelnden LEDs sind sich ihrer Effekte im Ballsaal oder auf Moden­schauen sicher. Außer Lampen in Kleidern kann tragbare Elektronik aber auch einfach aus Sensoren bestehen, die in Funktionsgewebe zum Beispiel die Feuchtigkeit oder die Temperatur zu überwachen. Energiespeicher zur Strom­versorgung von in Textilien integrierter Endelektronik sollten biegsam und zuverlässig sein. Biegsame Elektroden versagen jedoch oft im Langzeit­betrieb und haben oft weniger Kapazität als andere moderne elektrische Speicher.

Für hohe Kapazitäten muss die molekulare Struktur feinporös, elektrisch leitfähig und elektrochemisch aktiv sein. Die Material­wissenschaftler Su Chen, Guan Wu und ihre Teams von der Nanjing Tech University in China haben aus zwei Kohlenstoff-Nanomaterialien und einem metall­organischen Gerüst ein hybrides feinporöses Elektroden­material entwickelt und daraus textilgeeignete Super­kondensatoren gefertigt.

Für die Synthese erwies sich die Mikrofluidik als Flusstechnik mit sehr kleinen Reaktions­räumen als ideal. In den winzigen Kanälen auf einem Mikrofluidik-Chip wurden die Chemikalien mit einem Ölstrom in Tröpfchen zerlegt. In diesen Tröpfchen reagierten die Substanzen miteinander zu einem nahezu fehlerfreien Material­gerüst aus Poren, aktiven Gruppen und leitfähigen Schichten. Die Mikro­fluidik-Technik war für den kontrollierten Aufbau entscheidend, erklären die Autoren.

Auf einem neuartigen Gebläse-Elektro-Nass­spinner wurden die mikro-mesoporösen Kohlen­stoff­gerüste dann zusammen mit einem thermo­plastischen Harz zu Fasern versponnen und diese dann weiter zu einem Gewebe für Elektroden verpresst. Die tuchartigen Elektroden setzten die Wissenschaftler dann zu Super­kondensatoren zusammen. Für wirklich gute Elektroden sei aber noch eine weitere Beschichtungs­runde mit den mikro-mesoporösen Kohlenstoff­gerüsten nötig gewesen, merkten sie an.

Die Superkondensatoren mit den Gewebe-Elektroden waren nicht nur biegsam, sondern in ihrer Energiedichte, ihrer spezifischen Kapazität und der Laufzeit von 10.000 Lade-Entlade-Zyklen vergleichbaren Netzteilen anderer Zusammen­setzung deutlich überlegen. Praktische Tests wurden auch durchgeführt. Die Super­kondensator-Tücher brachten bunte LEDs in Kleidern zum Leuchten und versorgten – solarbetrieben – elektronische Endgeräte in Funktions­textilien mit Strom. Entscheidend für die Leistungs­verbesserung dieser tragbaren Elektronik war die mikro­fluidische Herstellung des Elektroden­materials. Nur so ließ sich die perfekte Nanostruktur aufbauen, so die Autoren.

Wiley-VCH / DE
 

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