17.10.2019

Kleine Teilchen für helle Wolken

Aerosolphysiker entschlüsseln komplexe Prozesse in der oberen Atmosphäre.

Hellere Wolken beeinflussen unser Klima. Sie reflektieren mehr Sonnen­energie und das wiederum kühlt die Atmosphäre. Auf­steigende tropische Luftmassen transportieren Gase in die obere Atmosphäre, die dort winzige Partikel bilden und einen Prozess ins Rollen bringen, der letzten Endes Wolken aufhellen kann. Diesen Vorgang hat ein inter­nationales Forschungsteam mit Beteiligung von Aerosol­physikern um Bernadett Weinzierl von der Universität Wien untersucht. Mit den neuen Daten könnten künftig Klimamodelle verbessert werden.

Abb.: Das „Cloud, Aerosol, and Preci­pitation Spectro­meter“ (CAPS) der...
Abb.: Das „Cloud, Aerosol, and Preci­pitation Spectro­meter“ (CAPS) der Universität Wien war während der Mess­kampagne unter dem rechten Tragflügel des Nasa-Forschungs­flugzeuges montiert. (Bild: B. Weinzierl)

Das Forscherteam untersuchte die Partikel­neubildung in den Tropen über dem Pazifik und Atlantik. Ihre Modell­rechnungen ergeben ein globales Band an Partikel­neubildung, welches vierzig Prozent der Erdoberfläche abdeckt. Sie fanden heraus, dass hochreichende Wolken in den Tropen Gase in hohe Höhen transportieren. Dort entsteht aus diesen Gasen eine Vielzahl von sehr kleinen Aerosolpartikeln. „Unsere Messungen zeigen, dass diese winzigen Partikel überleben, mit der Zeit anwachsen und schluss­endlich groß genug werden, um als Wolken­kondensations­keime zu dienen", erklärt Agnieszka Kupc von der Universität Wien. 

Bei diesem Vorgang sinkt die Luft außerhalb der Wolken Richtung Boden ab. Die neu gebildeten Partikel wachsen dabei an, da Gase auf den Partikeln kondensieren sowie Partikel zusammen­kleben und dabei weniger, aber größere Partikel bilden. Einige dieser Partikel werden groß genug, um die Eigenschaften der Wolken in der unteren Troposphäre zu verändern. An Orten mit sauberer Luft, wo nur sehr wenig Partikel aus anderen Quellen existieren, ist der Effekt der Partikel­neubildung größer. In ihrer Studie zeigen die Wissen­schaftler, dass diese Partikel die Wolken in den Tropen aufhellen. „Das ist sehr wichtig, denn hellere Wolken reflektieren mehr Sonnen­energie zurück in den Weltraum und das wiederum beeinflusst den kühlenden Beitrag dieser Wolken auf das Klima“, so Bernadett Weinzierl.

Die Mitarbeiter der Gruppe Aerosol­physik und Umweltphysik an der Universität Wien waren Teil des internationalen und fachüber­greifenden Forschungsteams, das herausfand, wo und wie diese winzigen Partikel entstehen. „Zusammen mit Kollegen der Harvard University, von Nasa, NOAA und weiteren US-Institutionen nahmen wir an der „Atmospheric Tomography Mission“ (ATom) teil – eine der umfas­sendsten Flugzeug­messkampagnen, bei der die Atmosphäre von der Arktis bis zur Antarktis im Pazifik und Atlantik in einem Zeitraum von drei Jahren untersucht wurde“, sagt Weinzierl. Die Forscher flogen insgesamt vier Mal in allen vier Jahreszeiten über den Atlantik und Pazifik von Pol zu Pol. Dabei erhoben sie Daten innerhalb einer jeweils 26-tägigen Messphase. „Wir flogen zwischen knapp über dem Meeres­spiegel und einer Höhe von rund zwölf Kilometern konti­nuierlich hinauf und hinunter, wobei wir in allen Höhen Partikel und Gase gemessen haben“, berichtet Agnieszka Kupc.

„Das Flugzeug war mit modernsten Mess­instrumenten ausgestattet – sozusagen ein fliegendes Labor. Das ermöglichte uns einen einzigartigen Datensatz zu sammeln, der vielen Wissen­schaftlern erlaubt, Aerosol­partikel und Gase zu charakterisieren und ihre Verteilung in der Atmosphäre zu untersuchen“, so Doktorand Maximilian Dollner. „Das Verständnis, wie sich diese winzigen Partikel in den Tropen bilden und zu den Wolken­eigenschaften beitragen, hilft uns, Wolken besser in Klima­modellen darzustellen und die Klimamodelle weiter­zuentwickeln“, sagt die Christina Williamson von der NOAA Chemical Sciences Division. Der Einfluss von Aerosolen auf Wolken und die Strahlungs­bilanz ist immer noch eine der größten Unsicher­heiten in Klima­modellen. „Unsere Forschung ist ein wichtiger Schritt hin zu einer besseren Darstellung von Aerosolen und Wolken in Klimamodellen und so auch zu einem besseren Verständnis der Aerosol-Wolken-Klima-Wechsel­wirkungen“, sagt Bernadett Weinzierl.

U. Wien / JOL

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