Kleine und große Brocken überall im All
Jeder sechste Stern besitzt erdgroßen Exoplaneten, und Exokometen sind immer einfacher nachzuweisen.
Das Zusammenbacken kleiner Felsbrocken, die sich aus der Gas- und Staubscheibe um junge Sterne bilden, lässt Asteroiden, Kometen und Planetesimalen entstehen, die schließlich zu ausgewachsenen Planeten heranwachsen können. Diese wiederum werfen Kometen aus ihrer Bahn und lenken sie Richtung Zentralgestirn, wo ihr Schweif bestimmte Wellenlängen aus dem Sternenlicht filtert. Gleich sechs solcher neuer Exokometen-Systeme haben amerikanische Forscher vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics nun vorgestellt. Es handelt sich um junge und heiße Sterne mit einer ausgeprägten Gas- und Staubscheibe und der Spektralklasse A. Bislang waren erst eine Handvoll Exokometen-Systeme bekannt. Der Fokus lag in den letzten Jahren stärker auf der Planetensuche.
Abb.: Künstlerische Darstellung von Planeten, wie sie das Weltraumteleskop Kepler entdeckt hat. Wahrscheinlich hat die Mehrzahl der sonnenähnlichen Sterne ein Planetensystem. (Bild: C. Pulliam & D. Aguilar, CfA)
Der Nachweis von Exokometen schließt eine wichtige Lücke im Verständnis der Entstehung von Planetensystemen. Ausgehend von den kollabierenden Gas- und Staubwolken verdichtet sich ihr Material und aggregiert in astronomisch betrachtet kurzer Zeit von einigen hunderttausend bis Millionen Jahren zu Planeten. Da Gas- und Staubscheiben eine Lebensdauer von rund zehn bis 30 Millionen Jahren haben, steht auch nicht viel mehr Zeit für die Planetenbildung zur Verfügung.
Obwohl Kometen typischerweise nur rund fünf bis 20 Kilometer Durchmesser haben, kann ihr Schweif Hunderttausende bis Hunderte Millionen Kilometer weit reichen. Zieht ein Komet an einem Stern vorbei, absorbiert jener Schweif für kurze Zeit Licht aus dem Sternenspektrum. Der Nachweis der Exokometen gelang den Astronomen in nur wenigen Nächten. Sie gehen davon aus, mit optimierten Instrumenten auch bei sonnenähnlichen Sternen der Spektralklassen F und G Exokometen finden zu können. Die Forscher hoffen auch, dass es gelingen wird, in den nun untersuchten Systemen Exoplaneten zu finden. Denn wahrscheinlich sind schwere Planeten dafür verantwortlich, dass die Exokometen aus ihrem entfernten Orbit auf eine sternnahe Bahn gelenkt wurden.
Abb.: Ungefähr jeder sechste Stern besitzt einen erdgroßen Planeten. Jeweils jeder vierte hat einen größeren Gesteinsplaneten – eine sogenannte Supererde – als Begleiter oder einen kleinen Gasplaneten – sogenannte Mini-Neptuns. Größere Gasplaneten sind deutlich seltener. (Bild: F. Fressin, CfA)
Exoplaneten sind ohnehin keine exklusiven Himmelskörper mehr. Schon 2013 könnte die Tausendermarke an nachgewiesenen fernen Planeten geknackt werden. Laut jüngsten Konferenzbeiträgen und Publikationen könnte jeder sechste Stern einen erdgroßen Planeten beherbergen. Schwerere Gesteinsplaneten, so genannte Super-Erden, und leichte Gasplaneten, Mini-Neptuns im Jargon der Planetenjäger, könnten noch häufiger vorkommen: Sie sind vermutlich in einem Viertel aller Sternensysteme vertreten, berichten zwei Astronomen von der Universität Berkeley und dem McDonald-Observatorium in Austin. Schwere Gasplaneten von der Größe des Neptun sowie Gasriesen wie Jupiter und Saturn wären dagegen deutlich seltener. Neptunähnliche Planeten sollen nur in drei Prozent, Gasriesen in fünf Prozent der Sternensysteme zu Hause sein.
Die Forscher kommen über eine Abschätzung der Leistungsfähigkeit des Kepler-Weltraumteleskops und seiner Standard-Analyseverfahren zu ihren Zahlen. Verschiedene astrophysikalische Konfigurationen, etwa bei Doppelsternsystemen, können zwar auch das Vorhandensein eines Planeten nur vortäuschen. Abhängig von der Planetengröße trifft dies aber nur bei rund zehn Prozent der so ermittelten Signale zu.
Abb.: So könnte ein junges Sternensystem mit zahlreichen Kometen und einer ausgeprägten Staubscheibe aussehen. (Bild: NASA / L. Cook)
Insgesamt besitzt mehr als jeder zweite Stern einen erdgroßen oder ähnlichen Planeten in nahem Orbit. Diese Zahlen, die mit der Transitmethode gewonnen wurden, sind in Einklang mit Daten aus Radialgeschwindigkeits-Messungen. Nimmt man schwerere Planeten in weiter entfernten Orbits hinzu, erreicht die Quote sogar 70 Prozent. Bei diesen Resultaten ist aber zu beachten, dass das Weltraumteleskop Kepler mit der heute verfügbaren Statistik nur Planeten sehen kann, die ihrer Größe entsprechend nahe genug um ihren Stern kreisen. Erdgroße Planeten, die eine längere Umlaufperiode als 85 Tage haben, werden von ihm kaum gesehen. Solche Felsplaneten liegen also – mit unserem Sonnensystem verglichen – noch innerhalb der Merkurbahn und dürften folglich zu heiß für Leben sein. Weiter außen, in der lebensfreundlicheren Entfernung der „bewohnbaren Zone“, könnten sich noch viele weitere erdgroße Planeten tummeln, die in den gegenwärtigen Daten nicht auftauchen.
Laut der Analyse scheinen Planeten – mit der Ausnahme von Gasriesen – auch nicht besonders selektiv bei der Wahl ihres Zuhause zu sein. Sie kommen bei Sternen unterschiedlicher Spektralklassen in ähnlicher Häufigkeit vor. Sowohl erd- als auch neptunähnliche Planeten sind genauso bei Roten Zwergen wie bei sonnenähnlichen Sternen zu finden. Dabei ist allerdings zu beachten, dass neben einigen systematischen Fehlerquellen bei der Planetenjagd auch die Klassifikation der verschiedenen Planetentypen einer gewissen Beliebigkeit unterliegt.
Während die professionellen Astronomen 2013 mit einem Blick auf die Tausendermarke von Exoplaneten schielen werden, könnte das Jahr auch für Hobby-Astronomen und Himmelsgucker spannend werden. Für März ist der Komet PANSTARRS angekündigt, der mit bloßem Auge sichtbar werden könnte. Gegen Jahresende erwarten Astronomen mit Spannung den Kometen ISON, der noch deutlich heller werden könnte. Das hängt allerdings davon ab, ob der Brocken so lange durchhält: Schon oft haben sich Voraussagen zur Helligkeit von Kometen als voreilig erweisen, weil die schütteren Fels- und Eisklumpen ganz unspektakulär frühzeitig auseinandergebrochen sind oder zu wenig Material für einen ordentlichen Schweif besaßen.
Dirk Eidemüller
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