Körber-Preis an Physiker Andre Geim
Für die Entwicklung von zweidimensionalen Kristallen aus Kohlenstoff-Atomen (Graphen) erhält der Physiker Andre Geim den mit 750 000 Euro dotierten Körber-Preis 2009.
Andre Geim entwickelte die weltweit ersten zweidimensionalen Kristalle aus Kohlenstoff-Atomen. Diese Graphene versprechen nicht nur, die Halbleiter-, Sensor- und Display-Technologie zu revolutionieren, auch Durchbrüche in der Grundlagenforschung zur Quantenphysik werden erwartet.
Der mit 750.000 Euro dotierte Körber-Preis 2009 geht an Andre Geim. Der niederländische Physiker hat sich mit wegbereitenden Arbeiten auf dem Gebiet zweidimensionaler Kohlenstoff-Kristalle ausgezeichnet. Im Jubiläumsjahr der Stiftung wird diese Auszeichnung zum 25. Mal vergeben – und bereits am 17. April 2009 im Hamburger Rathaus verliehen. Mit dem Preis werden europaweit Wissenschaftler mit besonders innovativen Forschungsvorhaben geehrt. Den Preisträger wählte ein international besetztes Kuratorium unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Peter Gruss, Präsident der Max-Planck-Gesellschaft.
2004 gelang es Andre Geim, die weltweit ersten zweidimensionalen Kristalle herzustellen. Sie bestehen aus einer Lage einzelner, dicht gepackter Kohlenstoff-Atome, die als »Atom-Gaze« zu einer stabilen Schicht verwoben sind. Diese so genannten Graphene sind wahrhaft zweidimensional, da sie nur eine Atomlage »dick« sind – flacher geht es in der Welt der Atome nicht. Sie repräsentieren damit eine völlig neue Stoffklasse, denn zuvor waren alle bekannten Materialien dreidimensional. Ebenfalls bahnbrechend sind die mit Graphenen entwickelbaren Technologien.
Geim ist es unter anderem gelungen, Prototypen winziger Transistoren auf Graphen-Basis zu entwickeln. Sie sind rund zehn mal kleiner als die kleinsten herkömmlichen Prototypen und schalten mit nur einem einzigen Elektron. Graphen-Transistoren könnten in nicht allzu ferner Zukunft Silizium-Transistoren ersetzen, die – zu Millionen in Mikrochips gepackt – heute »Herzstück« praktisch aller Geräte der Unterhaltungselektronik sind, vom Flachbild-TV über Computer bis zum Handy. Silizium-Schaltkreise lassen sich nur noch schwer weiter verkleinern; die Halbleiterhersteller stoßen bereits an die Grenzen des physikalisch Machbaren. Die nochmals feineren Strukturen der Graphen-Transistoren stehen in der Welt der Mikroelektronik für »schneller« und »energiesparender«.
Außerdem können Graphen-Schichten, die rund eine Million Mal dünner sind als ein Blatt Papier, auf Glasscheiben und Monitore aufgetragen werden. Die Schichten sind elektrisch leitfähig und verändern, ähnlich wie Flüssigkristalle in Flachdisplays, durch Anlegen einer Spannung ihre Lichtdurchlässigkeit. Damit lassen sich unter anderem Fensterscheiben fertigen, die Sonneneinstrahlung »intelligent« regulieren. Weiterhin verspricht Graphen-Technologie neuartige Flachdisplays und extrem empfindliche chemische Sensoren.
Auch Quantenphysiker erhalten mit Graphen ein hochinteressantes neues Forschungsfeld. Ladungsträger in Graphenen verhalten sich nicht wie normale Elektronen, sondern wie masselose relativistische Teilchen (vergleichbar »Neutrinos«, aber mit elektrischer Ladung). Damit können Physiker »auf dem Labortisch« Quanten-Phänomene studieren, für die sie bislang riesige und teure Teilchenbeschleuniger benötigten.
Andre Geim, seit 2001 Physikprofessor an der britischen University of Manchester, wurde 1958 als Sohn deutscher Eltern in Russland geboren. Er studierte in Moskau Physik und promovierte 1987 am Institut für Festkörperphysik im russischen Tschernogolowka, wo er anschließend drei Jahre tätig war. Nach Forschungsaufenthalten in England und Dänemark wurde er 1994 Associate Professor an der niederländischen Universität Nijmegen. 2001 wechselte er an die University of Manchester, wo er bis heute als Physikprofessor tätig ist. Geim publizierte eine Vielzahl wegweisender Artikel und Bücher und gilt als Koryphäe seines Faches. 2007 wurde er zum Fellow der Royal Society ernannt.
Quelle: Koerber Stiftung
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