Kometenlandung und Anthropozän
Jahresrückblick Sonnensystemforschung 2016.
Im Jahr 2016 gab es nur wenige neue Missionen im Planetensystem. Die Jupitersonde JUNO der NASA erreichte den Jupiter, Japans Akatsuki nach einem Triebwerksausfall und einer Ehrenrunde um die Sonne schließlich die Venus und begann ihre wissenschaftliche Arbeit. Vor allem Raumsonden bei Asteroiden, Kometen und Kleinplaneten erreichten wie schon im Vorjahr die größte Aufmerksamkeit.
Abb.: Aufnahmen der Navigationskamera von Rosetta zeigen helle Flecken am Hang oberhalb der Imhotep-Ebene auf dem Kometen Tschurjumow-Gerassimenko. Hier fanden die Forscher jetzt Wassereis. (Bild: ESA)
Die Europäische Raumfahrtagentur (ESA) beendete am 30. September 2016 die Mission Rosetta. Die Muttersonde teilte an diesem Tag das Schicksal des schon 2014 gelandeten Philae und wurde behutsam auf die Oberfläche des Kometen Tschurjumow-
Die von Rosetta in über drei Jahren am Kometen gesammelte Datenmenge ist längst noch nicht komplett ausgewertet. Doch die gewonnenen Erkenntnisse über den Kometen entwickelten sich im Laufe des Jahres zunehmend von isolierten Einzelbeobachtungen zu einem grundlegenden Verständnis seiner Entwicklung. Zunächst gelang der Nachweis von mehreren Edelgasen, einem Trockeneiszyklus sowie von Wassereis auf der Kometenoberfläche, das dort nur nach Hangrutschen kurzzeitig Bestand haben kann. Auch der Nachweis von komplexeren organischen Verbindungen war für sich nicht überraschend, gilt aber als Indiz, dass Kometen solche Grundbausteine des Lebens einmal zur Erde gebracht haben könnten. Dazu kommt, dass das auf dem Kometen vorkommende Eis aufgrund seiner feinen Poren in Sonnennähe chemische Reaktionen begünstigt. Schließlich deuteten Forscher aufgrund der eher labilen Struktur des hantelförmigen Kometenkerns, dass dessen zwei Teile erst spät zueinander gefunden haben dürften. Dennoch handelt es sich bei den zwei Einzelteilen des Kometen wohl wie zuvor angenommen um Urmaterie aus der Entstehungszeit des Planetensystems.
Abb.: Helle Flecken auf Ceres, aufgenommen von der Dawn-Raumsonde (Bild: NASA / JPL-Caltech / UCLA / MPS / DLR / IDA)
Vor allem ein Kleinplanet beschäftigte die Planetologen ausgiebig, darunter der größte Körper des Hauptgürtels Ceres, den seit März 2015 die amerikanisch-
Obwohl die Sonde New Horizons schon im Juli 2015 an Pluto und seinen Monden vorbeigeflogen war, schloss die NASA die Datenübertragung wegen der großen Distanz von bis dahin über fünf Milliarden Kilometer erst im Oktober 2016 ab. Wie bei Rosetta und Dawn dürfte ein Großteil der Ergebnisse erst in den nächsten Monaten und Jahren folgen. Die Forscher entschlüsselten aber bereits die Ablagerungen in der Nordhemisphäre des größten Plutomondes Charon. Dieses „rote Käppchen“ besteht offenbar aus einer Mischung verschiedener organischer Makromoleküle, die ausgasendes Methan von Pluto hier hinterlassen hat. Weit hinter der Plutobahn sagten US-Forscher einen weiteren planetengroßen Körper voraus. Obwohl der Nachweis dieses vermutlich sehr lichtschwachen Objekts noch aussteht, schlossen andere Forscher auf Basis der Entwicklung des übrigen Planetensystems, dass jener mutmaßliche Planet 9 den äußeren eisigen Gasriesen Uranus und Neptun ähneln dürfte.
Abb.: Der Plutomond Charon zeigt an seinem Nordpol eine auffällige rötliche Verfärbung. (Bild: NASA / Johns Hopkins U. / Southwest Research Institute)
Zum Mars flog dieses Jahr nur eine Mission, nachdem die NASA den für März 2016 geplanten Start ihres geophysikalisch ausgerichteten Landers Insight um zwei Jahre verschieben musste. Europas ExoMars Trace Gas Orbiter (TGO) hingegen startete am 14. März. Er ist gemeinsam mit seinem Lander Schiaparelli mit 4332 Kilogramm die massereichste Marssonde, die jemals das Erdschwerefeld verlassen hat. Die Instrumente des ExoMars TGO lieferte bereits erste Bilder, während wissenschaftliche Ergebnisse über die Spurengase in der Marsatmosphäre – dem Schwerpunkt der Mission – erst später zu erwarten sind. Der zur Demonstration einer weichen Landung mitgeführte Schiaparelli versagte zwar aufgrund eines Softwarefehlers und zerschellte auf der Oberfläche. Die ESA-
Vergangenheit von Mond, Gegenwart der Erde
Der Erdmond ist dem gängigen Modell zufolge bei einer Kollision der Erde mit dem etwa marsgroßen Planeten Theia vor 4,5 Milliarden Jahren entstanden. Dieser Aufprall war wohl deutlich direkter und damit energiereicher als bisher angenommen. Das erkläre laut den beteiligten Forschern, warum sich das irdische Gestein mit dem des Einschlagskörpers weitgehend vermischt habe – und es bis heute in den Isotopensignaturen von Erde und Mond kaum Unterschiede gebe.
Abb.: Künstlerische Darstellung des Aufpralls von Theia auf der Erde. (Bild: NASA / JPL)
Wie bei der Entstehung des Erde-Mond-
Der Mensch wiederum verändert die Erde heute so massiv wie keine Art es bisher getan hat. Eine dafür eingesetzte Arbeitsgruppe schlug deshalb auf dem Internationalen Geologischen Kongress in Kapstadt vor, das Zeitalter des Menschen offiziell als stratigraphische Einheit anzuerkennen: Das Anthropozän. Das zeigt sich etwa im Ausmaß der Lichtverschmutzung und des zunehmenden Anteils von Süßwasser rund um die Antarktis, das der Klimawandel begünstigt. Denn während sich das Meereis im Winter immer weiter nach Norden ausbreitet, schmilzt im Sommer wiederum immer mehr davon. Währenddessen schrumpft das Ozonloch über der Südhemisphäre im gleichen Umfang, in dem der Anteil von größtenteils von Menschen freigesetzter Chlorverbindungen in der Atmosphäre abnimmt.
Karl Urban
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