04.08.2023

Kommerzielle Satelliten gefährden die Radioastronomie

Neue Ausgabe von Physikkonkret von der Deutschen Physikalischen Gesellschaft.

Die Anzahl von meist kommerziellen Satelliten, insbesondere auf erdnahen Umlauf­bahnen, nimmt in jüngster Zeit besorgnis­erregend zu. Die damit einher­gehende wachsende Nutzung von Radio­frequenzen für die Kommunikation, für Rundfunk und Fernsehen oder zivile und militärische Radare stellt, neben der Gefahr von Kollisionen nicht zuletzt mit Satelliten­schrott, zunehmend eine Heraus­forderung für die Erforschung des Universums dar.

Abb.: Aufnahme eines Teleskops am Lowell Observatory in Arizona. Die Spuren...
Abb.: Aufnahme eines Teleskops am Lowell Observatory in Arizona. Die Spuren stammen von Satelliten, die das Sichtfeld des Teleskops in einer einzigen Nacht passierten. (Bild: V. Girgis, Lowell Observ.)

Denn alle nutzen für die Kommunikation ein jeweils wohldefiniertes Fenster des elektro­magnetischen Spektrums. Das ist von der Inter­nationalen Fernmeldeunion genau reguliert. Darüber wachen nationale Regulierungs­behörden – in Deutschland vergibt die Bundesnetz­agentur die notwendigen Lizenzen. Auch für wissen­schaftliche Anwendungen sind Teile des Spektrums vorgesehen, so etwa für die Radio­astronomie. Auf einigen dieser Frequenzen ist die aktive Funk­aussendung sogar verboten. Das trifft beispielsweise auf den Bereich um ν = 1420 Megahertz zu, wo der atomare neutrale Wasserstoff nach λ = c/ν die berühmte Linie bei der Wellenlänge λ = 21 cm abstrahlt. Wasserstoff ist letztlich der Baustein aus dem neue Sterne gebildet werden und bildet die Basis des kosmischen Lebenszyklus. Entsprechend ist seine Erforschung für die Wissenschaft von funda­mentaler Bedeutung.

Doch leider strahlt jedes elektrische respektive elektronische Gerät auch Störsignale, die Leckstrahlung, aus, sofern diese nicht abge­schirmt werden. So können zum Beispiel hohe Spannungen zu Funkenbildung führen, die Radiowellen erzeugen. Sogar Leiterbahnen auf Platinen können ungewollt als Antennen fungieren. Für nahezu alle am Markt befindlichen Geräte muss daher im Vorfeld die elektro­magnetische Verträg­lichkeit (EMV) nachgewiesen werden, was bedeutet, dass die Störsignale gewisse Grenzwerte nicht überschreiten dürfen.

Für Satelliten gibt es ebenfalls EMV-Standards. Diese zielen aber nur darauf ab, dass sich einzelne Komponenten innerhalb eines Satelliten nicht gegenseitig stören. Radio­astronomen konnten nun zeigen, dass die Leckstrahlung von Satelliten negative Auswirkungen auf ihre hoch­empfindlichen Messungen haben könnten. Europäische Wissen­schaftlerinnen und Wissenschaftler haben mit dem LOFAR-Radioteleskop störende Strahlung der SpaceX/Starlink-Satelliten­­konstellation nachgewiesen. Starlink sendet eigentlich bei Frequenzen zwischen 10,9 und 12,7 Gigahertz Nutzsignale aus. Die nun gefundene Strahlung wurde aber bei Frequenzen zwischen 110 und 188 Megahertz beobachtet und kann damit unter anderem Messungen von Pulsaren aber auch Beobachtung von Galaxien und deren Magnetfeldern beein­trächtigen. Deswegen bereitet die hohe Zahl an geplanten Satelliten den Forschenden Kopfschmerzen. Insbesondere für Messungen, die Daten über viele Jahre sammeln, um winzige statistische Effekte zu finden, ist der Umgang mit den Störungen extrem schwierig.

Damit die Radioastronomie auch in Zukunft möglichst störungsfrei arbeiten kann, sind daher rasch entsprechende Regu­lierungen zu treffen. Zeitgleich sind technische Maßnahmen zu entwickeln, um die Situation zu verbessern. Gerade SpaceX ist da in der Vergangen­heit mit gutem Beispiel vorangegangen. Nur so kann die erdgebundene Radio­astronomie weiterhin wichtige Erkennt­nisse darüber liefern, wie das Universum entstanden ist und was es „im Innersten“ zusammenhält.

DPG / JOL

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