30.11.2006

Komplexer Sternenkalender

Der «Mechanismus von Antikythera», eine im 2. Jahrhundert vor Christus gebaute astronomische Rechenmaschine, ist komplexer als gedacht.

London (dpa) ­ Mit einer überraschend komplizierten astronomischen Rechenmaschine haben die alten Griechen den Lauf der Himmelskörper berechnet. Der «Mechanismus von Antikythera», eine im 2. Jahrhundert vor Christus gebaute Zahnradapparatur, ist weit komplexer als alle bekannten technischen Geräte, die in den folgenden tausend Jahren entwickelt wurden. Das berichtet ein internationales Forscherteam im Journal «Nature» nach einer erneuten Untersuchung der Apparatur.

Der astronomische Rechner wurde bereits im Jahr 1901 aus einem Schiffswrack vor der griechischen Insel Antikythera geborgen. Er besteht aus mehr als 30 bronzenen Zahnrädern, die ursprünglich vermutlich in einen Holzkasten eingebaut waren. Experten nahmen an, dass das Gerät als astronomischer Kalender genutzt wurde, mit dem sich die Position und Bewegung von Himmelskörpern berechnen ließ. Da jedoch nur Bruchstücke des Apparats die Zeiten überdauert hatten und zunächst auch nur ein Teil der erhaltenen Inschriften entziffert werden konnte, herrschte lange Zeit Unklarheit über die genaue Funktion des Geräts.

Mike Edmunds von der Universität Cardiff in Großbritannien und seine Mitarbeiter aus Griechenland und den USA durchleuchteten die im Archäologischen Nationalmuseum in Athen ausgestellte Apparatur nun mit einem Computertomographen und untersuchten ihre Oberfläche mit hochauflösenden bildgebenden Verfahren. Auf diese Weise gelang es ihnen, doppelte so viele Inschriften wie bisher zu entziffern. Zudem konnten sie die Funktion der Zahnräder und damit die Anwendung des astronomischen Kalenders weiter entschlüsseln.

Der Text auf dem Gerät ist demnach astronomischer Natur. Viele Zahlen können mit Planetenbewegungen in Verbindung gebracht werden, schreiben die Wissenschaftler. Sie schließen aus der Beschriftung auch, dass der Antikythera-Mechanismus 150 bis 100 Jahre vor Christus gebaut wurde, etwas früher als bislang angenommen. Die Frontscheibe zeige die Position von Sonne und Mond im Tierkreis an sowie einen Kalender mit 365 Tagen, der an Schaltjahre angepasst werden könne.

Die Scheiben auf der Rückseite dienten zur Bestimmung zweier weiterer astronomischer Zyklen. Die Apparatur erlaubte es zudem, eine Sonnen- oder Mondfinsternis vorherzusagen. In einem der Mechanismen sehen die Forscher die mechanische Umsetzung einer astronomischen Theorie des Griechen Hipparchos. Er hatte im 2. Jahrhundert vor Christus eine Theorie entwickelt, die die Unregelmäßigkeit der Mondlaufbahn um die Erde erklärt.

Der Antikythera-Mechanismus bezeuge das außergewöhnliche technologische Potenzial der Griechen im Altertum, das während der Zeit des Römischen Imperiums scheinbar verloren gegangen sei, schreiben die Forscher. Der Mechanismus sei ein gutes Beispiel dafür, dass Geschichte selten einfachen, geradlinigen Pfaden folge, schreibt auch François Charette vom Lehrstuhl für die Geschichte der Naturwissenschaften an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität in einem Begleitkommentar in «Nature». Das Zahnrad etwa habe später noch einmal erfunden werden müssen.

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