Kopplung magnetischer Wellen über Domänenwände
Auf dem Weg zu schnelleren und effizienteren Datenspeichern.
Wie verhalten und verbreiten sich magnetische Wellen in Antiferromagneten, Materialien, die als Kandidaten für den Datenspeicher der Zukunft gehandelt werden? Und welche Rolle spielen dabei Domänenwände? Mit diesen Fragen beschäftigt sich eine internationales Forschungsteam unter Leitung von Davide Bossini von der Uni Konstanz. Die Forscher untersuchen magnetische Phänomene in Antiferromagneten, die mit extrem kurzen Laserpulsen im Femtosekundenbereich ausgelöst werden können und mit deren Hilfe man den Materialien in Zukunft neue Funktionen für die Anwendung als energieeffiziente und ultraschnelle Datenspeicher verleihen könnte.
In ferromagnetischen Materialien entsteht durch die gleichgerichtete Anordnung der magnetischen Momente benachbarter Atome eine magnetische Polarisation. Bei Antiferromagneten hingegen wechselt die Ausrichtung der magnetischen Momente zwischen benachbarten Atomen, sodass diese sich in Ihrer Wirkung gegenseitig aufheben. Antiferromagnete besitzen daher keine Netto-Magnetisierung.
In ihrem Inneren unterteilen sich antiferromagnetische Körper in Domänen, die sich in der jeweiligen Orientierung der entgegengesetzt angeordneten magnetischen Momente unterscheiden. An ihren Grenzflächen sind diese Domänen durch Übergangsbereiche voneinander getrennt, die als „Domänenwände“ bezeichnet werden. „Obwohl diese Übergänge in Antiferromagneten allgegenwärtig sind, war bisher wenig über den Einfluss der Domänenwände auf die magnetischen Eigenschaften von Antiferromagneten bekannt, insbesondere bei der Betrachtung sehr kurzer Zeitskalen“, so Bossini.
Er und sein Team haben untersucht, was passiert, wenn Antiferromagnete – in diesem Fall Nickeloxid-Kristalle – mit ultrakurzen Laserpulsen im Femtosekundenbereich angeregt werden. Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass Domänenwände eine aktive Rolle für die dynamischen Eigenschaften des Antiferromagneten spielen. Insbesondere ergaben die Versuche, dass magnetische Wellen mit unterschiedlichen Frequenzen im Material induziert, verstärkt und sogar über Domänengrenzen hinweg miteinander gekoppelt werden können.
Das ist ausschließlich in der Anwesenheit von Domänenwänden möglich. „Unsere Beobachtungen zeigen, wie die Allgegenwärtigkeit von Domänenwänden in Antiferromagneten potenziell ausgenutzt werden könnte, um das Material mit neuen Funktionen auf der ultraschnellen Zeitskala auszustatten“, erklärt Bossini. Die Kopplung verschiedener magnetischer Wellen über die Domänenwände zeigt eine Möglichkeit auf, die zeitliche und räumliche Ausbreitung magnetischer Wellen sowie den Energietransfer zwischen einzelnen Wellen im Material aktiv zu kontrollieren – und das im Femtosekundenbereich. Beides sind Voraussetzungen für die Verwendung der Materialien für die ultraschnelle Verarbeitung und Speicherung von Daten.
Im Vergleich zu herkömmlichen Speichertechnologien wären derartige auf Antiferromagneten basierende Technologien um einige Größenordnungen schneller und energieeffizienter. Sie könnten Daten in höherer Dichte speichern und verarbeiten. Durch das Fehlen einer Netto-Magnetisierung wären die Daten außerdem besser durch Störungen und Manipulation von außen geschützt. „Zukünftige Technologien, die auf Antiferromagneten basieren, würden also alle Anforderungen erfüllen, die an die nächste Generation von Datenspeichern gestellt werden. Sie hätten so das Potenzial, den steigenden Bedarf an Speicherplatz und Datenverarbeitungskapazitäten zu decken“, fasst Bossini zusammen.
U. Konstanz / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
D. Bossini et al.: Ultrafast Amplification and Nonlinear Magnetoelastic Coupling of Coherent Magnon Modes in an Antiferromagnet, Phys. Rev. Lett. 127, 077202 (2021); DOI: 10.1103/PhysRevLett.127.077202 - AG Bossini, Center for Applied Photonics, FB Physik, Universität Konstanz