Kopplung von Biochips und Neuro-Implantaten
Form und Größe von 3D-Nanoelektroden beeinflusst Zellkontakt.
Zellen besitzen die Fähigkeit, Fremdkörper zu umhüllen, um sie sich anschließend einzuverleiben. Der Prozess ermöglicht es der Zelle, Boten- und Nährstoffe aufzunehmen. Aber der Mechanismus ist auch ein Einfallstor für Viren und Bakterien. „Bei der Entwicklung von nanostrukturierten 3D-Oberflächen für bioelektronische Schnittstellen nutzen wir dieses Verhalten aus, um die Verbindung zwischen der Zellmembran und der Elektronik zu verbessern“, erklärt Professor Andreas Offenhäusser, Direktor des Jülicher Peter Grünberg Instituts, Bereich Bioelectronics (PGI-8 / ICS-8).
Abb.: Von der Zellmembran umhüllte Elektroden unter dem Rasterlekektronenmikroskop. (Bild: FZ Jülich)
Die winzigen 3D-Nanoelektroden wirken auf biologische Zellen wie ein Köder, der schließlich von ihnen geschluckt wird. Doch auf welchen Köder, oder eher: auf welche Form, die Zellen am besten ansprechen, war bislang offen. Weltweit werden verschiedene Ansätze verfolgt. Einige beschränken sich auf Elektroden, die nur aus einem einfachen zylindrischen Stiel bestehen, andere sehen zusätzlich noch eine pilzähnliche Kappe am oberen Ende vor. Unter dem Fokussierten Ionenstrahl- und Rasterelektronenmikroskop konnten die Jülicher Biophysiker zeigen, dass die Wahl des Designs tatsächlich den Zellkontakt beeinflusst. Optimal ist ein möglichst langer dünner Stiel mit breiter Kappe, wie die Wissenschaftler mithilfe eines theoretischen Modells errechnet haben.
Abb.: Theoretische Modellierungen zeigen, wie sich die Zellmembran verformt und ermöglichen es, die optimale Form vorherzusagen. (Bild: FZ Jülich)
„Für eine Vielzahl von Anwendungen ist es wichtig, dass die Zelle sehr nah an der Elektrode anliegt. Schon der Abstand von einem zehntausendstel Millimeter reicht aus, und man kann nichts mehr messen“, verdeutlicht Andreas Offenhäusser. Die Kopplung von lebendem Gewebe und anorganischer Halbleiterelektronik zu verbessern, ist eine der größten Herausforderungen bei der Entwicklung bioelektronischer Komponenten.
Abb.: Jülicher Wissenschaftler haben verschiedene Formen von 3D-Nanoelektroden daraufhin untersucht, wie gut sich biologische Zellen an ihnen anlagern. (Bild: FZ Jülich)
Das Anwendungsspektrum reicht von Neuroprothesen, die eines Tages defekte Organe ersetzen könnten, bis hin zu hochpräzisen Sensorchips für In-Vitro-Experimente. Zur Klasse der Neuroprothesen zählen zum Beispiel Netzhaut-Implantate, die Patienten mit degenerativen Netzhauterkrankungen zu Sehvermögen verhelfen können, oder Implantate zur tiefen Hirnstimulation, gegen Krankheitssymptome wie Zittern, Steifigkeit und Bewegungsarmut. In-Vitro-Experimente mir Biochips ermöglichen es zunehmend, mithilfe einzelner Zellen, die sich auf dem Chip ansiedeln, preisgünstig, schnell und ethisch verträglich die Wirkung von Medikamenten zu überprüfen oder Prozesse zu untersuchen, die als Ursache für Hirnerkrankungen infrage kommen.
Die Wissenschaftler um Francesca Santoro veröffentlichten ihre Ergebnisse nun in der Fachzeitschrift ACS Nano.
FZ Jülich / LK