Korkenzieher für Thrombosen
Physik Journal - Röhrchen aus Formgedächtnis-Material könnten sich zur Behandlung von Blutgerinnseln eignen.
Korkenzieher für Thrombosen
Physik Journal - Röhrchen aus Formgedächtnis-Material könnten sich zur Behandlung von Blutgerinnseln eignen.
Wandert ein Blutgerinnsel zum Hirn, kann es zu einem Schlaganfall kommen. Diese Thromben behandelt man derzeit meist mit Blut verdünnenden Mitteln. Amerikanische Wissenschaftler wollen dies nun auch mit einem winzigen Korkenzieher aus Kunststoff erreichen. Sie verwendeten dafür ein gerades Plastikstäbchen aus einem so genannten FormgedächtnisPolymer, das sich binnen Sekunden in eine Spiralstruktur verwandelt, wenn man es mit einem Diodenlaser bestrahlt. So könnten sich prinzipiell auch größere Blutgerinnsel umklammern und rasch beseitigen lassen, berichten Ward Small und seine Kollegen vom amerikanischen Lawrence Livermore National Laboratory (LLNL).
Für seinen Strukturwechsel benötigt der Kunststoff auf Polyurethan-Basis etwa drei Sekunden. Über diesen Zeitraum wird das zehn Millimeter lange Stäbchen mit einem kontinuierlichen Lichtstrahl eines Infrarotlasers (810 nm Wellenlänge, 5 Watt) aufgeheizt.
Dieses Röhrchen aus einem Formgedächtnis-Material (Inset: Verbindung zwischen Röhrchen und Glasfaser) verformt sich bei Laserbestrahlung zu einem winzigen Korkenzieher. (Quelle: Ward Small et al.)
In das Polymer lagerten die Forscher einen Platin-Farbstoff (Epolin) ein, um die Lichtabsorbtion und damit den Heizeffekt zu verstärken. Bei einer Temperatur von knapp 60 Grad Celsius geht das gerade Stäbchen in eine Spirale mit drei Millimeter Durchmesser über. Der Grund liegt in einer Neuausrichtung der vernetzenden Molekülbindungen. Die umgebende Bluttemperatur soll dabei um zwölf Grad ansteigen. Diesen Zustand könne ein Mensch etwa 15 Minuten aushalten, ohne dass bleibende Schäden auftreten.
Für ihre Laborversuche setzten die Forscher ein zehn Millimeter langes Polymer-Stäbchen an das Ende einer dünnen Glasfaser auf. Durch diese kann das Laserlicht auch in einem Blutgefäß zu dem Kunststoff gelangen. Small und Kollegen planen nun erste Tierversuche, um künstlich erzeugte Thromben aus den Blutbahnen herauszuziehen. Bei Erfolg könnten ein bis zwei Jahre später klinische Studien bei Patienten folgen.
Jan Oliver Löfken
Quelle: Physik Journal, November 2005
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- Originalveröffentlichung:
Ward Small IV et al., Optics Express 13, 8204 (2005).