11.08.2023

Kühlfolien aus Chipstüten

Upcycling von Aluminium-Kunststoff-Verbundfolien zu günstigen Hitzeschilden.

Aluminium-Kunststoff-Verbund­folien – kurz APL – werden seit langem in großem Umfang eingesetzt, um die Haltbarkeit von Chips, Röst- und Pulverkaffee, Milch, Fruchtsäften und weiteren Lebens­mitteln zu verlängern. Während der Covid-19-Pandemie dienten sie der Verpackung von FFP2-Masken und Schnelltests. Die Folien bestehen aus mehreren Polymer­schichten und einer Aluminium­schicht, welche die Produkte vor schädigenden Faktoren – insbesondere vor Sonneneinstrahlung und Hitze, aber auch vor Feuchtigkeit und Sauerstoff – schützt. Das Recycling derartiger Komposit­folien ist jedoch infolge dieser Kombination verschiedener Materialien nur schwer möglich. Ein jetzt in Bayreuth entwickeltes Upcycling-Verfahren von Kartoffel­chipstüten weist einen Weg, um die Verwertung von APL-Folien zu verbessern und zugleich den globalen Energieverbrauch abzusenken.

Abb.: Passive Tageskühlung absorbiert keine Sonnen­strahlung und emittiert...
Abb.: Passive Tageskühlung absorbiert keine Sonnen­strahlung und emittiert thermische Energie in das Weltall. Materialien mit passiv kühlenden Eigen­schaften können auf Markisen, Jalousien oder Dächern Verwendung finden. (Bild: D. Leitner)

Schon heute machen Kühlsysteme rund fünfzehn Prozent des weltweiten Energie­verbrauchs aus, und angesichts des Klimawandels und der dadurch bedingten Häufigkeit von Hitzewellen droht dieser Anteil weiterhin zu steigen. Die Aluminium­schicht von APL-Verpackungen stellt eine gut spiegelnde Oberfläche dar, wie man sie beispielsweise von Rettungs­decken kennt. Wird nun eine klare Polymerschicht aufgetragen, die die Abstrahlung von Wärme­energie begünstigt, ist ein leistungsstarkes Kühlsystem komplett. Eine einfache Laminier­folie, wie sie im Büro­fachhandel gebräuchlich ist, reicht als Material für die Beschichtung bereits aus.

Durch die Beschichtung entstehen Kühlfolien, die auf beliebigen Oberflächen unter freiem Himmel – wie etwa auf Schirmen, Jalousien und Markisen – aufgebracht werden können und so eine Aufheizung durch grelles Sonnenlicht verhindern. Gleichzeitig wird die bereits vorhandene Umgebungs­wärme in das kalte Weltall abgegeben, ohne dass eine externe Energie­zufuhr nötig ist. Diese Effekte werden als passive Tageskühlung bezeichnet. Sie können im Idealfall selbst bei intensiver Sonnen­einstrahlung zu Temperaturen unterhalb der Umgebungs­temperatur führen. 

Ermöglicht wird die passive Tageskühlung dadurch, dass die verwendeten Materialien spezielle optische Anforderungen erfüllen. Sie müssen einen möglichst hohen Anteil des Sonnenlichts, das eine Wellenlänge zwischen 0,3 und 2,5 Mikrometern hat, streuen oder reflektieren. Im Wellenlängen­bereich zwischen acht und dreizehn Mikrometern, dem Transparenz­fenster unserer Atmosphäre, müssen sie hingegen möglichst viel Wärmeenergie in Form von Infrarot­strahlung ins Weltall aussenden. Aluminium-Kunststoff-Verbund­folien erfüllen diese Voraus­setzungen sehr gut. Am Beispiel von beschichteten handels­üblichen Kartoffel­chips-Tüten haben die Bayreuther Forschenden nachgewiesen: Rund 87 Prozent des Sonnenlichts werden durch die Aluminiums­chicht reflektiert. Durch die zusätzliche Polymer­beschichtung der neuen nachhaltigen Kühlfolien wird die Abstrahlung im Bereich des Transparenz­fensters der Atmosphäre verbessert und dadurch Wärme direkt ins Weltall abgegeben.

Markus Retsch und sein Mitarbeiter Qimeng Song haben unter­schiedliche Möglichkeiten erprobt, Kartoffel­chipstüten und andere APL-Verpackungen in effiziente Kühl­materialien zu verwandeln. Infrage kommen industrielle Verfahren, bei denen Polydimethyl­siloxan (PDMS) als Beschichtungs­material eingesetzt wird. Aber es ist auch denkbar, dass die Beschichtung künftig in Privat­haushalten stattfindet. Einfache handels­übliche Laminier­geräte reichen aus, um aus alten APL-Verpackungen Kühl­materialien herzustellen, die als Hitzeschilde auf der Terrasse, dem Balkon, an Außenwänden oder auf dem Dach montiert werden können.
 

U. Bayreuth / JOL

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