27.12.2011

Kupferoxid – ein neues Material für Quantencomputer?

Neue theoretische Betrachtungen lassen erwarten, dass Kupferoxid ungewöhnliche nichtlineare optische Eigenschaften aufweist, die sich technisch verwerten lassen.

Viele wichtige Eigenschaften von Feststoffen werden durch Exzitonen bestimmt – Paare aus angeregten Elektronen, die ins Leitungsband übertreten, und Elektronen-Löchern im Valenzband. Bei ausreichender Dichte und ausreichend niedrigen Temperaturen erfahren diese bosonischen Quasiteilchen eine Bose-Einstein-Kondensation. Bei diesem extremen Aggregatzustand ununterscheidbarer Teilchen, befindet sich der überwiegende Anteil der Teilchen im selben quantenmechanischen Zustand. Das kann einem Festkörper ungewöhnliche Eigenschaften verleihen.

Abb.: Signaturen der Biexziton-Formation und ihrer Quantenkohärenz im 2D-Korrelationsspektrum von Kupferoxid. Die Auger-Relaxation der Biexzitonen äußert sich in verlängerten Cross-Resonanzen. (Bild: O. Roslyak, Wiley-VCH)

Kupferoxid (Cu2O) ist eigentlich kein ausgefallenes Material. In seiner natürlich vorkommenden mineralischen Form wird es beispielsweise als Pigment in Haushaltsfarben eingesetzt. Aber Kupferoxid scheint die notwendigen Eigenschaften für eine Bose-Einstein-Kondensation von Exzitonen mitzubringen. Warum wurde dieser Effekt bisher jedoch nicht beobachtet? Die herkömmliche Erklärung lautet, dass Energieverluste durch Auger-Rekombinationen von Exzitonen auftreten. Diese Annahme ist allerdings nicht in Einklang mit experimentellen Daten.

Eine neuere Hypothese geht davon aus, dass so genannte Biexzitonen an der Auger-Rekombination beteiligt sind. Es handelt sich dabei um zwei miteinander verbundene Exziton-Paare. Ein Beweis für die Bildung von Biexzitonen in Kupferoxid steht allerdings noch aus. Die Herausforderung eines entsprechenden Experiments liegt darin, dass Biexzitonen-Resonanzen in Kupferoxid „verboten“ und damit „optisch dunkel“ sind, das heißt, man kann sie nicht direkt untersuchen.

Ein Team um Oleksiy Roslyak von der City University of New York schlug nun eine Lösungsstrategie vor: Die Forscher vermuteten, man könne die Gegenwart von Biexzitonen anhand ihrer theoretisch vorhergesagten Quantenkohärenz mit optisch erlaubten Exzitonen-Resonanzen experimentell ableiten.

Das Team analysierte ein einfaches numerisches Modell. Daraus schlossen die Physiker, dass Dipol-Exzitonen in Kupferoxid verboten sind. Deshalb wird die (Quadrupol-)Exzitonen-Resonanz abhängig von der Orientierung der Kupferoxid-Kristalle relativ zum Vektor der Welle und der Polarisation der anregenden Photonen – die nichtlineare optische Antwort wäre damit chiral.

Chirale nichtlineare optische Antworten sind ein häufig untersuchtes Phänomen. In bestimmten molekularen Aggregaten tritt dieser Effekt vor allem aufgrund von Variationen der relativen Orientierung und der optischen Antwort einzelner Molekülteile auf. Die Moleküle in diesen Aggregaten lassen sich aber kaum kontrollieren. Deshalb ist die technische Ausbeutung der molekularen nichtlinearen optischen Antworten in der Praxis schwierig. Bei Kupferoxid, einer robusten Verbindung, ist dies anders. Einen ausreichend reinen Kristall vorausgesetzt, sollte die präzise Kontrolle der Orientierung unkompliziert sein.

Die Forscher schlagen weitere technische Verwendungen für Kupferoxid vor: Aufgrund der chiralen nichtlinearen optischen Antwort werden die induzierten Brechnungsindizes in einer Richtung positiv und in eine andere negativ (gaining). Dies ermöglicht es, die Polarisation eines einfallenden Photons zu ermitteln. Die Polarisation ist ein geeigneter Informationsträger für Quantenbits. Kupferoxid käme daher als Material für ultraschnelle Detektor-Elemente in Quantencomputer- und Quantenkryptographie-Schaltkreisen in Frage.

Seine nichtlinearen optischen Eigenschaften könnten Kupferoxid auch eine Zukunft als neues Laser-Medium mit ungewöhnlich schmaler Linienbreite eröffnen, da es emittierte Photonen zurück in den Kristall leiten kann.

Wiley-VCH / PH

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