26.05.2017

Länder- und Fachgrenzen überwinden

EU-Projekt CALIPSOplus bringt Synchrotron- und Freie-Elektronen-Laser-Forschung zusammen.

Aktuell gehen einige der stärksten Lichtquellen der Welt in Betrieb. Wissenschaftler wollen mit diesen immer weiter in die Welt der Moleküle, Atome und Teilchen vordringen. Besonders die von Beschleunigern angetriebenen Licht­quellen bieten seit vielen Jahren verlässliche Rahmen­bedingungen. Dazu zählen die Synchrotron-Anlagen und die Freie-Elektronen-Laser. Europa hat hier eine Vorreiter­rolle inne, wovon im neuen EU-Projekt CALIPSOplus alle interessierten Wissenschaftler und Unternehmen profitieren sollen. Das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) koordiniert das Projekt, das am 18. und 19. Mai 2017 mit einem ersten Treffen in Dresden startet.

Abb.: Die beiden Freie-Elektronen-Laser gehören zum ELBE-Zentrum für Hochleistungs-Strahlenquellen des HZDR. Sie liefern quasi einfarbiges Licht im infraroten Bereich. (Bild: HZDR / F. Bierstedt)

Europa hat sich auf die Fahnen geschrieben, dass Ländergrenzen in Forschung und Wissenschaft keine Rolle mehr spielen sollen. „Mit dem neuen Projekt CALIPSOplus adressieren wir diese Forderung“, so der Koordinator Manfred Helm vom HZDR. „Wir schließen die wichtigsten Synchrotron-Quellen und Freie-Elektronen-Laser aus Europa und Ländern des Mittleren Ostens im europäischen ERA-Programm zusammen.“ ERA ist die Abkürzung für „European Research Area“ und hat das Ziel, wissenschaftliche Erkenntnisse offen und frei auszutauschen sowie Technologien für alle verfügbar zu machen. Unter dem Motto „Open Science“ soll es einen einfachen Zugang zu den Licht­quellen ebenso geben wie eine breite Unterstützung, was Experimente, Ausstattung, Datenanalyse und Daten­management anbelangt. Auch Industrie­unternehmen sind involviert.

Ein besonderer Fokus des neuen EU-Projekts CALIPSOplus liegt auf den 13 jüngsten Mitgliedern der Europäischen Union. Um Wissenschaftlern in Mittel- und Osteuropa Wissen zu modernen Licht­quellen zu vermitteln und ihnen einen unkomplizierten Zugang zu den Anlagen zu ermöglichen, sind Besuche an Universitäten und spezielle Kurse geplant. „Das Gefälle zwischen Ost und West ist dramatisch“, erläutert der Physiker Manfred Helm. „Viele Institutionen gerade in Osteuropa haben schlicht keine Mittel, um die Reise­kosten für ihre Wissenschaftler aufzubringen.“ CALIPSOplus will deshalb auch ein Manko überwinden, das viele Förder­projekte aufweisen. Nach Auslaufen der Förderung fehlt das Geld für Auslandsreisen und die begonnenen wissenschaftlichen Vorhaben ruhen auf unbestimmte Zeit.

Der Aspekt der Nachhaltigkeit spielt insgesamt eine große Rolle für das gerade angelaufene EU-Projekt. So sollen beispielsweise unerfahrene Wissenschaftler mit erfahrenen Nutzern von Lichtquellen auf Augenhöhe in kleinen Teams zusammenarbeiten. Als zentrale Plattform, die über die vier­jährige Laufzeit hinaus Wirkung zeigen soll, bauen die insgesamt 19 Partner von CALIPSOplus den Internet­auftritt von „Wayforlight“ aus. Dieser bildet die Basis für alle im Projekt enthaltenen Aktivitäten und Angebote. Die Plattform soll alle wichtigen Informationen über die Experimentier­plätze an Europas Lichtquellen sowie über das Bewerbungs­prozedere für Messzeiten zur Verfügung stellen.

„Wir erwarten zudem längerfristige Impulse für die Zeit nach 2020, indem wir alle bereits existierenden Programme und Aktivitäten rund um beschleuniger­basierte Licht­quellen hinsichtlich ihrer Zukunfts­fähigkeit untersuchen“, so der Projekt­koordinator Helm vom HZDR. Auch die Industrie wird von Europas Licht­quellen profitieren. So soll ein gemeinsam mit Industrie­partnern aufgesetztes Forschungs­projekt ein Instrument entwickeln, das die Qualität von Spezial­optiken messen kann. Derzeit gibt es nämlich nur sehr wenige Firmen weltweit, die Spiegel für hoch­brillante Röntgen­quellen herstellen und deren Oberflächen-Qualität garantieren können. Auch sind neue Software-Lösungen gefragt, mit denen die teils riesigen Daten­mengen, die bei Experimenten an Licht­quellen anfallen, gemanagt werden können. Nicht zuletzt steht das Thema einer effizienten Daten­auswertung auf dem Programm von CALIPSOplus.

Gerade in den letzten Jahren hat sich die Landkarte Europas mit neuen Standorten modernster Licht­quellen gefüllt. Um einige Beispiele zu nennen: das MAX-IV-Labor an der schwedischen Universität Lund, der Freie-Elektronen-Laser FERMI am ELETTRA-Synchrotron im italienischen Triest und im spanischen Barcelona das ALBA-Synchrotron. Am Schweizer Paul-Scherrer-Institut wurde vor kurzem der Röntgen­laser SwissFEL in Betrieb genommen und in Deutschland nimmt demnächst der welt­stärkste Röntgen­laser European XFEL – bei beiden handelt es sich um Freie-Elektronen-Laser – in Hamburg die Arbeit auf; der dazugehörige Beschleuniger gehört zum Deutschen Elektronen-Synchrotron DESY. Auch das HZDR betreibt zwei Freie-Elektronen-Laser, allerdings nicht im Spektralbereich des Röntgen­lichts, sondern im infraroten Bereich. Zudem können Forscher aus aller Welt das HZDR-eigene Strahl­rohr an der Europäischen Synchrotron-Strahlungs­quelle ESRF im französischen Grenoble nutzen.

HZDR / DE

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