4MOST liefert die ersten Spektren
Am 18. Oktober hat das 4-metre-Multi-Object-Spectroscopic Telescope am VISTA-Teleskop der Europäischen Südsternwarte erstmals das Licht des Nachthimmels eingefangen.
Das „First Light“ ist ein entscheidender Moment im Leben eines jeden Teleskops, denn er markiert den Beginn seiner wissenschaftlichen Arbeit. 4MOST erstellt nicht einfache Himmelsaufnahmen, sondern erfasst spektroskopische Daten. Dabei kann es das Licht von 2400 Himmelsobjekten gleichzeitig in 18.000 Farbkomponenten zerlegen und eröffnet Astronominnen und Astronomen so die Möglichkeit, deren chemische Zusammensetzung und Eigenschaften im Detail zu analysieren. Mit seiner Inbetriebnahme wird 4MOST die Entstehungs- und Entwicklungsprozesse von Sternen und Planeten, der Milchstraße und anderen Galaxien, Schwarzen Löchern und anderen exotischen Objekten sowie des Universums als Ganzes untersuchen. Durch die Analyse der detaillierten Spektren tausender Objekte alle zehn bis zwanzig Minuten wird 4MOST einen Katalog mit Temperaturen, chemischen Zusammensetzungen, Geschwindigkeiten und vielen weiteren physikalischen Parametern von Millionen von Objekten erstellen, die über den gesamten südlichen Himmel verteilt sind.




4MOST ist die größte Einrichtung für spektroskopische Himmelsdurchmusterungen der südlichen Hemisphäre und einzigartig in der Kombination aus großem Sichtfeld, der Anzahl gleichzeitig beobachteter Objekte und der Vielzahl gleichzeitig erfasster Spektralfarben. Der Bau von 4MOST begann im Jahr 2010, das Instrument ist für einen Betrieb von mindestens 15 Jahren ausgelegt.
Das Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP) ist das federführende Institut des 4MOST-Konsortiums, das die Anlage gebaut hat und wissenschaftlich betreiben wird. Neben der Gesamtleitung war das AIP an vielen Komponenten der Anlage beteiligt, darunter an der Weitwinkelkamera mit sechs Linsen mit einem Durchmesser von bis zu 90 cm, dem Führungs- und Fokussiersystem sowie dem Fasersystem mit mehr als 2400 Glasfasern, die jeweils nur den Durchmesser eines menschlichen Haares haben. Außerdem ist das AIP maßgeblich an der Betriebsplanung von 4MOST beteiligt, einschließlich der Beobachtungsplanung und Datenarchivierung.
Die „First-Light“-Beobachtungen veranschaulichen die einzigartigen Fähigkeiten von 4MOST: ein sehr großes Beobachtungsfeld und die Fähigkeit, eine große Anzahl sehr unterschiedlicher Objekte und wissenschaftlicher Fragestellungen gleichzeitig und sehr detailliert zu untersuchen. Eines der auffälligsten Objekte der ersten Beobachtungen ist die längliche Galaxie NGC 253, auch Sculptor- oder Silbermünzgalaxie genannt. Mit Ausnahme der Magellanschen Wolken ist sie die Galaxie mit dem größten scheinbaren Durchmesser am südlichen Himmel, fast so groß wie der Mond, aber viel lichtschwächer. Diese 11,5 Millionen Lichtjahre entfernte Galaxie wurde 1783 von Caroline Herschel entdeckt und ist dafür bekannt, dass dort derzeit viele neue Sterne entstehen. Die Beobachtungen von 4MOST erfassen auch einen Supersternhaufen, verschiedene heiße und kalte Sterne und ihre Bewegungen sowie Gas, das von neu entstandenen Sternen leuchtet.
Das andere große Objekt im Himmelsausschnitt der „First-Light“-Beobachtungen ist der Kugelsternhaufen NGC 288, eine sehr dichte Gruppe von etwa 100.000 sehr alten Sternen am Rande der Milchstraße. Er bildete sich vor etwa 13,5 Milliarden Jahren in den frühesten Phasen der Entstehung der Milchstraße. Seine Sterne enthalten demzufolge nur sehr geringe Mengen von Elementen, die schwerer sind als Wasserstoff und Helium.
Neben diesen beiden sehr großen Objekten hat 4MOST bei seiner ersten wissenschaftlichen Beobachtung Spektren von mehr als zweitausend weiteren Objekten in nur zwanzig Minuten aufgezeichnet. Dazu gehören Spektren einer Vielzahl heller und schwacher Sterne in unserer Milchstraße, die es den Forschenden ermöglichen, deren Temperatur, Masse, Durchmesser, Geschwindigkeit, Alter und Entwicklungsstadium sowie ihre chemische Zusammensetzung zu bestimmen. Außerhalb der Milchstraße wurden Spektren eines sich überlappenden Galaxienpaares in 900 Millionen Lichtjahren Entfernung sowie Spektren von mehr als tausend anderen Galaxien in naher und ferner Umgebung – bis zu 10 Milliarden Lichtjahren entfernt! – aufgenommen, um deren Entfernung, innere Geschwindigkeit und Entstehungsgeschichte der Sterne oder die Masse ihres zentralen Schwarzen Lochs zu bestimmen.
Das Herzstück des 4MOST-Systems bilden 2436 optische Fasern, jede so dünn wie ein menschliches Haar, die das Licht von Himmelsobjekten einfangen. Das Licht jeder dieser Fasern wird anschließend zu den Spektrographen weitergeleitet, von denen zwei das gesamte Farbspektrum vom Blau bis zum Infrarot (370 – 950 nm) abdecken, während ein dritter eine höhere Wellenlängenauflösung in drei ausgewählten Farbbändern untersucht. [AIP / ESO / MPE / U Hamburg / dre]
Anbieter
Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP)An der Sternwarte 16
14482 Potsdam
Deutschland
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