29.10.2021 • AstronomieAstrophysik

Neues Instrument für spektroskopische Himmelsdurchmusterungen

Erste bedeutende Komponente für 4MOST bereit für Montage.

Das erste große Teilsystem von 4MOST ist auf dem Babels­berger Campus des Leibniz-Instituts für Astro­physik Potsdam eingetroffen und wird nun ausgepackt und montiert. Das Faser­positio­nierungs­system AESOP wird sicher­stellen, dass die optischen Fasern von 4MOST in der Lage sind, das maximale Licht von astro­no­mischen Objekten wie Sternen und Galaxien zu sammeln. 4MOST, das 4-Meter-Multi-Object Spectro­scopic Telescope, ist eine Durch­musterungs­anlage, die für das Visible and Infrared Survey Telescope for Astronomy VISTA der Europä­ischen Süd­stern­warte ESO, in der Atacama-Wüste in Chile unter der Leitung des AIP gebaut wird. AESOP ist eine der Haupt­kompo­nenten von 4MOST und wurde vom Australian Astro­nomical Optics Department der Macquarie-Universität in Sydney im Rahmen einer Partner­schaft der ESO mit Australien entwickelt und gebaut.

Abb.: Ein Teil des 4MOST-Teams am AIP mit den AESOP-Boxen in der...
Abb.: Ein Teil des 4MOST-Teams am AIP mit den AESOP-Boxen in der AIP-Inte­gra­tions­halle. Von links nach rechts: Olga Bellido, System­inge­nieu­rin, Roelof de Jong, Prin­ci­pal In­ves­ti­ga­tor, Joar Brynnel, Pro­jekt­leiter, und Carlos Rodri­guez Alvarez, Maschinen­bau­in­ge­nieur. (Bild: AIP)

Das AESOP-System besteht aus dem Positio­nierer mit seinen 2436 Fasern, dem Gehäuse des Positio­nierers, der Elektronik und den Elektronik­gehäusen. Die Fasern sind in einem sechs­eckigen Gitter angeordnet und können sehr präzise ausge­richtet werden, um das Licht von Sternen und anderen Objekten am Himmel zu sammeln. Die Fasern leiten das Licht an drei optische Multi-Objekt-Spektro­graphen weiter, die die spektralen Eigen­schaften der beobachteten Objekte gleich­zeitig messen und so unter anderem Aufschluss über die chemischen Strukturen und Bewegungen verschiedener Regionen der Milchstraße geben werden.

Die wichtigste Anforderung an AESOP ist, dass alle Fasern innerhalb einer Minute mit einer Genauig­keit von zehn Mikro­metern neu positioniert werden müssen. Wenn die Fasern ihre neue Position erreicht haben, werden sie mit rotem Licht rück­be­leuchtet, das von hoch­auf­lösenden Kameras aufge­zeichnet wird, um die Position der Faserenden zu über­prüfen, bevor eine Himmels­belichtung gestartet wird. Je besser die Genauig­keit und Geschwin­dig­keit, desto mehr Licht von einem Objekt wird in möglichst kurzer Zeit einge­fangen.

Am 5. August wurde der fertige Faser­positio­nierer von AAO in Sydney an das AIP in Potsdam geliefert. Es ist die erste gelieferte Groß­kompo­nente für 4MOST, die nach dem Auspacken und Wieder­einbau den Beginn der 4MOST-System­inte­gration in der Integra­tions­halle des AIP markiert. „Nach mehr als vier Jahren Design- und Analyse­arbeit, gefolgt von drei Jahren Fertigung und Inte­gration, war es sehr aufregend, das fertige AESOP für die System­inte­gration in Empfang zu nehmen“, resümiert Joar Brynnel, Projekt­leiter von 4MOST am AIP. „Die Test­ergeb­nisse aus Sydney zeigen eine exzel­lente Leistung und wir freuen uns sehr, AESOP in Potsdam einsetzen zu können und die gute Zusammen­arbeit mit unseren Partnern und Kolleginnen und Kollegen in Australien fort­zu­setzen.“

Ursprünglich war geplant, dass das AAO-Team nach Potsdam reist und die Reinte­gration und den Test des AESOP-Faser­positio­nierers leitet. Aufgrund der COVID-Reise­beschrän­kungen in und aus Australien ist das jedoch derzeit nicht möglich. Das stellt Ingenieure am AIP vor schwierige Probleme, da sie normaler­weise auf die Zusammen­arbeit mit ihren austra­lischen Kollegen beim Auspacken und der komplizierten Montage von AESOP angewiesen sind. Die Teams haben nun einen alter­na­tiven Plan ausge­arbeitet, bei dem die Arbeiten von Mit­arbeitern der europä­ischen 4MOST-Partner unter der Fern­auf­sicht von tech­nischen Mit­arbeitern von AAO durch­ge­führt werden sollen. Das startete mit der Ankunft eines Unter­stützungs­teams des MPI für Astro­nomie und der Landes­stern­warte Heidelberg am 25. Oktober.

Roelof de Jong, der wissen­schaft­liche Leiter von 4MOST, betont die Bedeutung dieser Arbeits­phase: „Es ist erstaun­lich, den Meilen­stein des Auspackens und der Montage von AESOP in Potsdam zu erreichen. Der Faser­positio­nierer ist das Herzstück der Anlage und wir können nun damit beginnen, das gesamte Instrument um ihn herum zu montieren und zu testen, bevor wir alles nach Chile verschiffen.“ Die Fertig­stellung des Instruments und die Lieferung nach Chile ist derzeit für Mai 2023 geplant.

Das 4MOST-Konsortium besteht aus 15 Instituten in Deutschland, Australien, Frankreich, den Nieder­landen, Schweden, der Schweiz und Groß­britannien und wird vom AIP geleitet. Das Design von 4MOST ermöglicht es, in fünfjährigen Durch­muste­rungen Dutzende von Millionen von Spektren zu sammeln, selbst für Ziele, die über einen großen Teil des Himmels verteilt sind. Das Instrument wird auch über eine aus­reichende Wellen­längen­ab­deckung verfügen, um die Geschwin­dig­keiten von extra­galak­tischen Objekten über einen großen Rot­ver­schiebungs­bereich hinweg zu erfassen und so Messungen der Entwicklung von Galaxien und der Struktur des Kosmos zu ermöglichen. Mit diesem außer­ge­wöhn­lichen Instrument lassen sich viele wissen­schaftliche Ziele verwirk­lichen, aber das Design ist vor allem darauf ausge­richtet, Gaia, EUCLID und eROSITA zu ergänzen, drei wichtige weltraum­ge­stützte All-Sky-Obser­va­torien von vor­rangigem europä­ischen Interesse.

AIP / RK

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