Landung ohne Kontakt?
Der Orbiter der indischen Mondmission Chandrayaan 2 arbeitet problemlos, doch der Kontakt zum Lander ist seit Samstag abgebrochen.
Nur 2,1 Kilometer war der Lander Vikram der indischen Chandrayaan 2-Mission noch von der Mondoberfläche entfernt, als am 6. September gegen 22:30 Uhr MESZ der Kontakt kurz vor der letzten Landungsphase abbrach. Was passiert ist, blieb zunächst unklar. Damit scheint Indiens Versuch einer weichen Landung auf dem Mond gescheitert. Dies ist bislang nur Russland, den USA und China gelungen. Der israelische Mond-Lander Beresheet war am 11. April 2019 auf dem Mond abgestürzt.
Die Mission Chandrayaan 2 (Hindi für „Mondfahrzeug“) war am 22. Juli vom Satish Dwaran Space Center in Sriharikota an der indischen Südostküste gestartet und besteht aus einem Orbiter, dem Lander Vikram, benannt nach dem Vater des indischen Raumfahrtprogramms Vikram Sarabhai, und dem Rover Pragyan (Weisheit).
Bis zum Landeversuch waren alle Manöver erfolgreich verlaufen, mit denen zunächst die hochelliptische Erdumlaufbahn nach und nach angehoben wurde, bevor die Sonde am 14. August mit einem 17-minütigen Triebwerkslauf zum Mond aufbrach. Vier Wochen nach dem Start schwenkte Chandrayaan 2 dann in eine ebenfalls stark elliptische Bahn um den Mond ein, um auf eine kreisförmige Bahn in einer Höhe von rund hundert Kilometern über der Mondoberfläche abzubremsen.
Der angepeilte Landeort befindet sich zwischen den Kratern Manzinus C und Simpelius N im Hochland nahe des Mondsüdpols. Bei geglückter Landung wäre wenige Stunden später der Rover gestartet. Geplant war, dass der Rover einen lunaren Tag lang, also 14 Erdtage, bis zu 500 Meter auf der Oberfläche zurücklegen sollte. Ein Alphateilchen-Röntgenspektrometer und ein Plasmaspektrometer sollten die chemische Zusammensetzung bzw. die Elementhäufigkeit um die Landestelle herum bestimmen. Ein Reflektor auf dem Rover war zur Messung der Mondentfernung über Laser-Ranging gedacht.
Sollte der Lander zerschellt sein, wäre Chandrayaan 2 trotzdem kein Fehlschlag, denn der Orbiter ist voll funktionsfähig und soll den Mond ein Jahr lang aus der Umlaufbahn erforschen. Dazu stehen insgesamt acht Instrumente an Bord zur Verfügung, unter anderem eine Vermessungskamera, ein Röntgen- und ein Infrarotspektrometer sowie eine hochauflösende Kamera. Der „Dual Frequency Synthetic Aperture Radar“ soll die Polarregionen des Mondes vermessen und Wasser unterhalb der Mondoberfläche aufspüren.
Der Orbiter konnte mittlerweile den Lander ausfindig machen, der vermutlich intakt in einem Stück ist, sich aber in einer gekippten Position befindet. Nun stellt sich die Frage, ob es möglich sein wird, den Funkkontakt wiederherzustellen. Bereits am Samstag hatte der ISRO-Vorsitzende Kailasavadivoo Sivan erklärt, die Raumfahrtbehörde würde 14 Tage lang alles versuchen, um die Verbindung zum Lander wieder herzustellen. Falls dies gelingen sollte, wird sich zeigen, ob überhaupt eine Chance besteht, den Rover zu starten.
Alexander Pawlak
Weitere Infos
- Chandrayaan 2 (ISRO)
- Moon Missions (NASA)
- A. Pawlak, Indiens Mondlandung, Physik Journal, August/September 2019, S. 14
Weitere Beiträge
- Wasser auf der gesamten Mondoberfläche (pro-physik.de, 12. September 2017)
- M. Delbrück, Indiens Weitblick im All, Physik Journal, November 2015, S. 14 PDF
- M. Delbrück, Indiens Raumsonde auf dem Weg zum Mars, 12 / 2013 Seite 13 PDF
- A. Pawlak, 50 Jahre Mondlandung: sich etwas aus dem Staub machen (Physik Journal Nachrichten, 19. Juli 2019)