15.07.2014

Laserstrahlen über Neuseeland

Atmosphärenforscher vermessen Schwerewellen mit neuester Lasermesstechnik.

Atmosphärische Schwerewellen beeinflussen das Wetter und auch langfristig das Klimageschehen. Noch bis 23. Juli 2014 sind Forschungsflugzeuge einer internationalen Kollaboration, darunter die Falcon des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, über den Neuseeländischen Alpen unterwegs, um mit moderner Lasermesstechnik und weiteren Instrumenten zu untersuchen, wie sich diese Wellen von der Erdoberfläche bis in hundert Kilometer Höhe ausbreiten. Die Ergebnisse sollen helfen, Klimamodelle sowie Wettervorhersagemodelle zu verbessern.

Abb.: Mit seinen in Nord-Süd-Richtung ausgedehnten Bergen direkt am Pazifik ist Neuseeland ein idealer Standort, um den Lebenszyklus der Schwerewellen zu untersuchen – hier eine Wolkenformation über Lauder. (Bild: DLR; CC-BY-3.0)

In der Vergangenheit untersuchten Wissenschaftler Schwerewellen entweder in der Troposphäre oder in den großen Höhen der darüber­liegenden mittleren Atmosphäre. Bisher war es nicht möglich, den kompletten Lebenszyklus der Wellen von der Anregung am Boden bis zur Auflösung an der Grenze zum Weltraum in rund hundert Kilometer Höhe durchgehend zu messen. „In Neuseeland haben wir nun weltweit erstmalig eine internationale Forschungs­kampagne ins Leben gerufen, die atmosphärische Schwerewellen durchgängig vom Boden bis hinauf in die mittlere Atmosphäre erfasst“, freut sich denn auch der Direktor des DLR-Instituts für Physik der Atmosphäre, Markus Rapp.

„Für die Klimaforschung sind Schwerewellen ein wichtiger Baustein, um globale Strömungs­muster der Atmosphäre besser zu verstehen und gezielter vorhersagen zu können“, so Rapp weiter. Entwicklungen in der Lasermesstechnik, der Einsatz dieser Instrumente auf Forschungsflugzeugen und die internationale Zusammenarbeit sind die Eckpfeiler der Forschungs­mission DEEPWAVE (Deep Propagating Gravity Wave Experiment), die nun ein umfas­senderes Bild der Schwerewellen­ausbreitung in der Erdatmosphäre liefert.

Abb.: Die Falcon bei den Startvorbereitungen zu einem Messflug in Christchurch – damit die Lasermessungen möglichst störungsfrei verlaufen, finden die Forschungsflüge ausschließlich nachts statt. (Bild: DLR; CC-BY 3.0)

Schwerewellen entstehen, wenn atmosphärische Zirkulations­systeme gestört werden. Sie zeigen sich als periodische Temperatur-, Druck- und Wind­schwankungen, die sich bis hinauf in die mittlere Atmosphäre, die Stratosphäre und Mesosphäre umfasst, ausbreiten. Dort wo starke Windsysteme auf hohe Gebirge treffen, sind sie zu finden. In Neuseeland zeigt sich das Phänomen entlang der Strömung, die über die südlichen Alpen Neuseelands hinwegzieht. Schwerewellen wurden bereits über der südlichen Halbinsel Neuseelands und dem umgebenden südlichen Ozean beobachtet. Mit seinen in Nord-Süd-Richtung ausgedehnten Bergen direkt am Pazifischen Ozean ist Neuseeland ein idealer Standort, um den Lebenszyklus dieser Wellen zu untersuchen. Um die Schwerewellen durchgehend bis in die mittlere Atmosphäre zu erfassen, verteilt sich das Team der DEEPWAVE-Mission auf zwei Messflugzeuge und eine Bodenstation. Vor allem kommt dabei LIDAR zum Einsatz, Light Detecting and Ranging.

„Unsere Falcon fliegt zehn bis zwölf Kilometer hoch und blickt mit dem LIDAR von dort nach unten in die Troposphäre hinein – in den Bereich, wo Schwerewellen durch die Überströmung von Bergen ausgelöst werden“, erklärt Markus Rapp. „Mit einem nach oben blickenden LIDAR fliegt dazu in ähnlichen Höhen die Gulfstream-V des NCAR, um den weiteren Wellenverlauf in der mittleren Atmosphäre zu verfolgen.“ Mittels der Laser messen die Forscher die Wind- und Temperaturschwankungen der Schwerewellen in der Atmosphäre. Ein beim neusee­ländischen NIWA in Lauder in einem Container untergebrachtes mobiles LIDAR des DLR dient neben den Flugzeug­messungen als zusätzliche Informationsquelle. Damit können die Forscher von Schwerewellen ausgelöste Temperatur­schwankungen in dreißig bis achtzig Kilometer Höhe vermessen. Ebenso setzen sie in Lauder Radiosonden ein, um die Wellen im Höhenbereich darunter zu erfassen, also vom Boden bis in dreißig Kilometer Höhe.

Abb.: Das bei NIWA in Lauder in einem Container untergebrachten mobilen LIDAR des DLR dient neben den Flugzeug­messungen als Informations­quelle bei der Sondierung von Schwerewellen in der Mesosphäre. (Bild: DLR; CC-BY 3.0)

Damit die Lasermessungen möglichst störungsfrei verlaufen, finden die Forschungsflüge ausschließlich in der Nacht statt. „Für unsere Crew sind die zahlreichen Nachtflüge eine Herausforderung,“ erzählt DLR-Testpilot Philipp Weber, „denn in der Dunkelheit sind Wolken und das damit verbundene Auftreten von Turbulenzen oder gar Vereisung, gerade in der Nähe der Berge, schwer zu erkennen.“ Ausgangspunkt der Flüge ist jeweils Christchurch, wo die Falcon in einem Hangar am internationalen Flughafen untergebracht ist. Zuvor waren Forschungsflugzeug und Crew Ende Juni in sechs Tagen und elf Etappen vom heimischen DLR-Standort Oberpfaf­fenhofen bei München über die arabische Halbinsel, Indien, Südostasien und Australien bis auf die südliche Insel Neuseelands geflogen. Ende Juli steht die ebenso lange Heimreise an.

Zukünftig will das DLR seine Kapazitäten für die Erforschung atmosphä­rischer Schwerewellen ausbauen. Dazu sind derzeit weitere nationale und internationale koordinierte Forschungs­kampagnen in Vorbereitung. Ziel ist es, in den nächsten Jahren bei der Beschreibung dieser Wellen in Wetter- und Klimavorhersagemodellen einen deutlichen Fortschritt zu erzielen.

DLR / OD

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