Lidar misst Staub in der Atmosphäre
Deutsche Messkampagne offenbart Herkunft und Bewegung des Staubs über Zentralasien.
Der Staub über Zentralasien unterscheidet sich deutlich von dem über anderen Staubregionen wie zum Beispiel der Sahara. Darauf deuten Messungen der Akademie der Wissenschaften von Tadschikistan und des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung TROPOS hin, die seit März 2015 erfolgen und die ersten dieser Art in Tadschikistan sind. Erste Ergebnisse des gemeinsamen tadschikisch-deutschen Projektes CADEX (Central Asian Dust Experiment) wurden jetzt auf der internationalen Staub-Konferenz DUST2016 im italienischen Taranto präsentiert.
Abb.: Mit Sonnenphotometer des globalen Netzwerk AERONET (AErosol RObotic NETwork) werden die atmosphärischen Eigenschaften von Aerosolen vom Boden aus gemessen. (Bild: Hofer / TROPOS)
Staub in der Atmosphäre spielt eine große Rolle im Klimawandel in Zentralasien. Über die Menge und Zusammensetzung des Staubes dort war wenig bekannt, da es bisher an Messtechnik in dieser Region mangelte. Mit den Messungen in Tadschikistans Hauptstadt Duschanbe hat das internationale Team wissenschaftliches Neuland betreten. Die letzten Staubmessungen in der Atmosphäre über Tadschikistan stammen vom September 1989 und sind damit über ein Viertel Jahrhundert alt. Damals hatte ein sowjetisch-amerikanisches Team an zwei Tagen Flugzeugmessungen durchgeführt. Aus dieser Momentaufnahme lässt sich aber nicht ableiten, wie die Staubkonzentrationen im Laufe des Jahres schwanken.
Um die Klimawirkung des Staubes zu untersuchen, sind daher kontinuierliche Messungen nötig. Diese liefert nun der Laserstrahl eines Lidar. Seit 2015 misst TROPOS mit einem solchen selbst entwickelten Gerät namens PollyXT auf rund 800 Metern über dem Meeresspiegel die Höhenverteilung der Partikel über Duschanbe mit großer vertikaler und zeitlicher Auflösung. Ergänzt werden dieses Multiwellenlängen-Polarisation-Raman-Lidar durch ein Sonnenphotometer, einen Partikelzähler, eine Wetterstation und Filterproben, die Aufschlüsse über die chemische Zusammensetzung des Staubes geben.
Durch die kontinuierlichen Lidar-Messungen konnte das Team Schichten von Mineralstaub in der Luft bis zwölf Kilometer Höhe identifizieren und anhand von Wetterkarten deren Herkunft bestimmen. Diese Analyse zeigte deutliche Bewegungen von West nach Ost. Der Staub in Tadschikistan stammt oft aus den Wüsten Westasiens bis hin zur Sahara in Nordafrika. Die Höhe der Staubschichten ist sehr unterschiedlich und quasi täglich anders. „Die Höhe der Staubschichten und deren Verdriftung von West nach Ost bedeuten, dass der Staub auch die Hochgebirge in Zentralasien überqueren kann und sich hier der Westen und der Osten Asiens treffen. Der Wüstenstaub aus dem Westen kann sich so mit atmosphärischen Partikeln aus China wie etwa Industriestaub oder Wüstenstaub vermischen“, erklärt Dietrich Althausen. Der Lidar-Experte vom TROPOS hatte in den vergangenen Jahrzehnten bereits den Staubtransport von der Sahara über den Atlantik untersucht.
Die optischen Eigenschaften des Staubes und seine vertikale Verteilung in der Atmosphäre sind wichtig für seine Klimawirkung, da Anzahl, Größe, Konzentration und Beschaffenheit dafür verantwortlich sind, wie sich Wolken bilden, wie viel Licht zurückgestrahlt wird, wie der Strahlungshaushalt der Erde und damit die Erwärmung der Atmosphäre beeinflusst wird. Die Auswertungen der bisherigen Messungen deuten darauf hin, dass der Staub in Zentralasien Licht weniger absorbiert als der Staub der Sahara. „Dass der Staub die Lichtwellen weniger absorbiert könnte an dem unterschiedlichen Eisengehalt, an einem anderen Salzgehalt oder daran liegen, dass die Staubteilchen anders altern“, so TROPOS-Forscher Julian Hofer, der die Messungen vor Ort betreut.
Abb.: Polly-XT ist ein Multiwellenlängen-Depolarisations-Raman-Lidar, das am TROPOS entwickelt wurde. Damit ist es möglich, die Konzentrationen und Zusammensetzung von Staub zu bestimmen. (Bild: Hofer / TROPOS)
Auch bei der Untersuchung der Filterproben im Leipziger Labor zeigte sich, dass es deutliche chemische Unterschiede zwischen Sahara und Zentralasien gibt: Staub aus der Sahara enthält beispielweise doppelt so viel Kalzium wie die Proben aus Duschanbe. „Bei den Spurenmetallen konnten wir klare Hinweise auf menschliche Aktivitäten nachweisen. Die höhen Konzentrationen an Zink und Blei sind typisch für Verbrennungsprozesse und Emissionen aus der Metallindustrie“, berichtet Khanneh Wadinga Fomba vom TROPOS, der ähnliche Untersuchungen bereits im Atlantik gemacht hat. Durch Langzeitmessungen auf den Kapverdischen Inseln hat er beispielsweise nachweisen können, dass der Bleigehalt in der Luft rund um den Atlantik in den letzten Jahren zurückgegangen und sich so die Einführung von bleifreien Benzin positiv bemerkbar gemacht hat.
Pro Jahr gelangen etwa fünf Milliarden Tonnen Aerosolpartikel in die Atmosphäre. Dabei spielen mineralische Partikel wie etwa Saharastaub oder Vulkanasche eine besondere Rolle: Sie machen über die Hälfte der Aerosolmasse in der Troposphäre aus und unterliegen starken Schwankungen durch Wüstenbildung oder Vulkanausbrüchen. Diese Mineralstaubteilchen sind zwar winzig, haben aber große Auswirkungen auf die Erde. Denn sie beeinflussen die Strahlungseigenschaften, den Wasserkreislauf und die Chemie der Atmosphäre. Sie können zudem Bakterien transportieren, die Luftqualität und damit die menschliche Gesundheit genauso negativ beeinflussen wie das Transportwesen oder die Solarstromerzeugung. Oder als Mineraldünger für fruchtbares Land sorgen. Mit zunehmender Wüstenausbreitung in den Trockengebieten wird damit gerechnet, dass Menge und Wirkung des Mineralstaubes künftig noch weiter zunehmen werden.
TROPOS / JOL