Liebling, ich habe den Teilchenbeschleuniger geschrumpft
Miniatur-Prototyp verwendet Terahertz- anstelle von Hochfrequenz-Strahlung.
Terahertz-Strahlung liegt im elektromagnetischen Spektrum zwischen Infrarotlicht und Mikrowellen. Üblicherweise wird in Teilchenbeschleunigern elektromagnetische Strahlung im Hochfrequenzbereich von Radiowellen verwendet, beim DESY-Beschleuniger PETRA-III beträgt dieser Wert beispielsweise fünfhundert Megahertz. Die Wellenlänge der hier verwendeten Terahertz-Strahlung ist rund tausendmal kürzer. „Der Vorteil: Alles wird tausendmal kleiner“, erläutert Franz Kärtner vom DESY, Professor an der Uni Hamburg und am MIT sowie Mitglied im Hamburger Exzellenzcluster Center for Ultrafast Imaging. Ein einzelnes Beschleunigungsmodul ist nur 1,5 Zentimeter lang und einen Millimeter dünn.
Abb.: Terahertz-Beschleunigermodule passen problemlos in eine Hand. Bild: Heiner Müller-Elsner / DESY
Für ihren am MIT in Boston aufgebauten Prototyp, verwendeten die Forscher ein spezielles, mikrostrukturiertes Beschleunigermodul, das für Terahertz-Strahlung maßgeschneidert ist. Aus einer Art Elektronenkanone, die von der Gruppe um Dwayne Miller bereitgestellt wurde, schossen die Physiker schnelle Elektronen in das Miniatur-Beschleunigermodul, die dort von der eingespeisten Terahertz-Strahlung weiter beschleunigt wurden. Die Energie der Teilchen erhöhte sich in diesem ersten Prototyp um sieben Kiloelektronenvolt.
„Diese Beschleunigung ist noch nicht sehr stark, aber der Versuch belegt, dass dieses Prinzip in der Praxis funktioniert“, erläutert Arya Fallahi, der für die theoretischen Berechnungen zuständig war. So ist ein Beschleunigungsgradient von bis zu einem Gigavolt pro Meter möglich ist. Das liegt mehr als zehn Mal über dem Wert, den die besten konventionellen Beschleunigermodule heute erreichen. Eine noch stärkere Beschleunigung verspricht die ebenfalls experimentelle Plasmabeschleuniger-Technik, die allerdings auch deutlich stärkere Laser zum Betrieb erfordert.
Die Terahertz-Technik sei sowohl im Hinblick auf künftige Linearbeschleuniger für die Teilchenphysik interessant, als auch für den Bau kompakter Röntgenlaser und Elektronenquellen für die Materialforschung sowie für die medizinische Anwendung von Röntgen- und Elektronenstrahlen, schreiben die Physiker. „Die rasanten Fortschritte, die wir bei der Erzeugung von Terahertz-Strahlung mit optischen Methoden erleben, wird künftig die Entwicklung von Terahertz-Beschleunigern für diese Anwendungen ermöglichen“, betont Emilio Nanni vom MIT. In den kommenden Jahren möchten die Hamburger CFEL-Physiker auf Terahertz-Basis einen experimentellen kompakten Freie-Elektronen-Röntgenlaser XFEL im Laborformat aufbauen. Dieses Projekt wird von einem Synergy Grant des European Research Council unterstützt.
Der experimentelle XFEL auf Basis der Terahertz-Technik soll nicht einmal einen Meter messen. Allerdings werden seine Blitze nicht so energiereich sein wie aus einer großen Anlage. Dafür lassen sie sich kürzer machen und könnten dadurch in der Spitze kurzzeitig fast dieselbe Helligkeit erreichen. Von so einem Gerät erwarten die Forscher deutlich kürzere Röntgenpulse von unter einer Femtosekunde. Damit erhoffen sie sich neue Einblicke in extrem schnelle chemische Prozesse wie zum Beispiel die Photosynthese.
Wenn Forscher die Photosynthese im Detail verstehen lernen, würde sich die Chance eröffnen, diesen effizienten Prozess künstlich nachzubilden und damit verbesserte Solarzellen zu bauen und neue Möglichkeiten zur CO2-Reduktion zu finden. Darüber hinaus interessieren sich Forscher für zahlreiche andere chemische Reaktionen. Die Photosynthese ist nur ein Beispiel für alle möglichen katalytischen Prozesse, die sie erkunden wollen. Der kompakte Röntgenlaser eignet sich grundsätzlich auch, um Pulse in großen derartigen Anlagen auszulösen und dadurch deren optische Qualität zu verbessern. Außerdem könnten bestimmte medizinische Abbildungsverfahren von den verbesserten Eigenschaften der neuen Röntgenquelle profitieren.
DESY / SK