20.08.2009

LIGO liefert Obergrenze für kosmologische Gravitationswellen

Die zweijährige Messkampagne dreier Detektoren mit Armlängen von mehreren Kilometern bestimmt die Obergrenze für Gravitationswellen aus der Frühzeit des Kosmos.



Die zweijährige Messkampagne dreier Detektoren mit Armlängen von mehreren Kilometern bestimmt die Obergrenze für Gravitationswellen aus der Frühzeit des Kosmos.


Bislang ist es nicht gelungen, Gravitationswellen direkt nachzuweisen. Auch die jetzt publizierten Ergebnisse einer zweijährigen Messkampagne der drei LIGO-Detektoren in den USA sind wieder ein Nullergebnis - doch eines, das es in sich hat: Es liefert erstmals eine Obergrenze für Gravitationswellen aus der Frühzeit des Kosmos, die bisherige indirekte Bestimmungen um eine Größenordnung verbessert. Damit können bereits einige - wenn auch eher exotische - kosmologische Modelle ausgeschlossen werden.

Die Existenz von Gravitationswellen wird von Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie vorhergesagt. So wie beschleunigte elektrische Ladungen elektromagnetische Wellen erzeugen, produzieren beschleunigte Massen Schwingungen der Raumzeit. Einen starken indirekten Beweis dafür, dass Gravitationswellen tatsächlich existieren, lieferte der 1974 von Russell Hulse und Joseph Taylor entdeckte Doppelpulsar PSR B1913+16. Die Umlaufperiode dieser beiden Neutronensterne nimmt pro Jahr um 76,5 Millisekunden ab, und das entspricht exakt der Vorhersage der Relativitätstheorie für die Abnahme der Orbitalenergie durch die Abstrahlung von Gravitationswellen für dieses System.

 

Abb.: Ein Arm des LIGO-Interferometers in Hanford. (Bild: LIGO)

Erfolglos blieb dagegen bislang der Versuch, Gravitationswellen mit immer größeren und genaueren Detektoren auch direkt aufzuspüren. Die Hürde für einen solchen Nachweis ist allerdings auch hoch: Über mehrere Kilometer hinweg verursachen die Gravitationswellen Abstandsänderungen, die kleiner sind als der Durchmesser eines Atomkerns. Moderne Gravitationswellen-Detektoren bestehen aus kilometerlangen Vakuumröhren, in denen Laserpulse zwischen verspiegelten Testmassen hin- und hersausen und zur Überlagerung gebracht werden. Das entstehende Interferenzmuster reagiert extrem empfindlich auf geringfügige Änderungen der Abstände.

Die weltweit größte derartige Anlage ist das amerikanische "Laser Interferometer Gravitational Wave Observatory", kurz LIGO, das aus insgesamt drei Detektoren besteht. In Hanford im Bundesstaat Washington stehen zwei der Detektoren mit Armlängen von zwei bzw. vier Kilometern, ein weiterer Detektor mit ebenfalls vier Kilometern Armlänge befindet sich in Livingston Parish in Louisiana. Die jetzt veröffentlichten Daten stammen von einer von November 2005 bis September 2007 laufenden Messkampagne der drei Detektoren.

Den Forschern ging es dabei nicht darum, Gravitationswellen individueller Quellen - Schwarzer Löcher, Neutronensterne oder Supernovae - nachzuweisen, denn dazu reicht die Empfindlichkeit der Anlage vermutlich noch nicht aus. Das Ziel war vielmehr, eine Obergrenze für den stochastischen Gravitationswellen-Hintergrund aus der Frühzeit des Kosmos zu setzen, der aus einer Vielzahl unterschiedlicher Prozesse gespeist werden könnte. Zu diesen Prozessen zählen die Inflation - eine kurzzeitige exponentielle Expansionsphase -, Phasenübergänge durch Symmetriebrüche und kosmische Strings und andere topologische Defekte.

Sowohl die Häufigkeit von Helium als auch die kosmische Hintergrundstrahlung liefern für diese stochastischen Gravitationswellen eine Obergrenze, die etwa bei einem Hunderttausendstel der Gesamtenergiedichte des Kosmos liegt. Aus den LIGO-Daten ergibt sich nun eine erheblich stärkere Einschränkung von der Gesamtenergiedichte.

Die LIGO-Messungen zeigen damit, das Gravitationswellen künftig eine wichtige Rolle bei der Erforschung der Frühzeit unseres Kosmos spielen können. In den nächsten Jahren sollen die LIGO-Detektoren noch einmal technisch aufgerüstet und damit in ihrer Empfindlichkeit um den Faktor zehn verbessert werden. Spätestens wenn dieses "Advanced LIGO" 2014 die Arbeit aufnimmt, rechnen die Physiker auch mit dem ersten direkten Nachweis von Gravitationswellen.

  

Rainer Kayser

Weitere Infos

  • L. Boyle und A. Buonanno: Relating gravitational wave constraints from primordial nucleosynthesis, pulsar timing, laser interferometers and the CMB: implications for the early universe. Phys. Rev. D 78, 043531 (2008)
    http://dx.doi.org/10.1103/PhysRevD.78.043531

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