13.08.2025

LMU-Physiker arbeitet am Paradigmenwechsel für die Nanophotonik

Team um Andreas Tittl entwickelt eine Methode, mit der sich die Wechselwirkung von Licht mit einem Material ultraschnell kontrollieren lässt.

In der Nanophotonik werden winzige Strukturen verwendet, um Licht auf der Nanoskala zu kontrollieren und für technologische Anwendungen nutzbar zu machen. Ein zentrales Element sind dabei optische Resonatoren, die Licht einer bestimmten Wellenlänge einfangen und verstärken. Bisherige Methoden, diese Resonanzen zu steuern, glichen eher einem Dimmer: Man konnte die Resonanz abschwächen oder ihre Farbe leicht verschieben. Ein echtes, vollständiges An- und Ausschalten war jedoch nicht möglich, da die Resonatoren immer eine grundlegende Kopplung zum Licht beibehalten.

Einem Team um Andreas Tittl, Professor für Experimentalphysik an der Ludwig-Maximilians-Universität München, ist nun gemeinsam mit Partnern von der Monash University in Australien genau dieser Durchbruch gelungen: Die Forschenden haben sie eine neue Methode entwickelt, um die Kopplung zwischen einem Nanoresonator und Licht gezielt und auf ultraschnellen Zeitskalen zu steuern. So können sie eine Resonanz innerhalb weniger Pikosekunden aus dem Nichts erschaffen oder sie wieder komplett zum Verschwinden bringen.

Prof. Andreas Tittl im Nanoinstitut der Ludwig-Maximilians-Universität München
Andreas Tittl im Nanoinstitut der Ludwig-Maximilians-Universität München
Quelle: LMU

Der Schlüssel dazu liegt in einem raffinierten Design von sogenannten Metaoberflächen – ultradünnen Schichten, die mit speziell angeordneten Nanostrukturen versehen sind. Die Forschenden entwarfen und bauten Strukturen aus jeweils zwei winzigen Silizium-Stäbchen, die bewusst geometrisch unterschiedlich geformt, also asymmetrisch sind. Obwohl die Stäbchen verschieden sind, heben sich ihre optischen Antworten für eine bestimmte Lichtwellenlänge exakt gegenseitig auf. Die Struktur ist also physisch vorhanden und bleibt trotzdem für das Licht quasi unsichtbar: die Resonanz ist „ausgeschaltet“.

Mehr zu Nanophotonik

Photo
Photo
Photo
Photo
Photo
Lucas Rickert und Tobias Heindel • 4/2025 • Seite 42

Mikro-Dartscheiben für das Quanteninternet

Genau diese Asymmetrie ermöglicht den Schaltvorgang. Da die beiden Nano-Stäbchen unterschiedlich sind, reagieren sie auch unterschiedlich auf Licht verschiedener Wellenlängen und Polarisa­tionen. Die Physiker nutzen dies aus, indem sie mit einem ultra­schnellen Laserpuls von nur 200 Femto­sekunden Dauer gezielt nur eines der beiden Nano-Stäbchen anregen. Dadurch werden dessen optische Eigenschaften kurzzeitig verändert, die feine Balance wird gestört und die Resonanz koppelt plötzlich an das Licht – sie wird „eingeschaltet“.

„Das Herzstück unserer Arbeit ist diese bewusste Symmetrie­brechung auf extrem kurzen Zeitskalen“, sagt Tittl. „Wir erzeugen eine perfekte optische Balance in einem strukturell asymme­trischen System. Indem wir dieses Gleich­gewicht mit einem Laser­puls gezielt stören, gewinnen wir einen völlig neuen Freiheitsgrad, um die Licht-Materie-Wechselwirkung zu kontrol­lieren. Wir können eine Resonanz nach Belieben erzeugen, auslöschen oder ihre Bandbreite wie mit einem Regler präzise anpassen.“

Neben dem numerischen Design und der anschließenden Herstellung der Metaoberflächen im Reinraum stellte auch die optische Messung ihres zeitlichen Verhaltens eine große Herausforderung dar. „Nur mit Hilfe unseres zeitaufgelösten Spektroskopie-Ansatzes konnten wir diese ultraschnellen Vorgänge experimentell einfangen und quasi in Echtzeit zusehen, wie die Resonanz innerhalb von Pikosekunden erscheint und wieder verschwindet“ sagt Prof. Leonardo de Souza Menezes, der die Spektroskopie-Experimente verantwortet hat. „Unsere Messungen zeigten, dass die Kopplung ans Licht enorm gesteigert werden konnte, während unerwünschte Energieverluste im Material selbst kaum auftraten. Das war der definitive Beweis, dass unser Ansatz der zeitlichen Symmetriebrechung genau wie vorhergesagt funktioniert.“

In ihren Experimenten, maßgeblich ausgeführt von Andreas Aigner und Thomas Possmayer, demonstrierte das Team vier verschiedene Schaltvorgänge: das Erzeugen einer Resonanz aus einem „dunklen“ Zustand, das vollständige Auslöschen einer bestehenden Resonanz sowie das gezielte Verbreitern oder Schärfen des Resonanz­profils. Beim Schärfen konnten die Forschenden beispiels­weise den Güte­faktor der Resonanz, ein Maß für ihre Qualität, um mehr als 150 Prozent erhöhen. Diese Kontrolle erfolgt mit extrem hoher Präzision und Geschwin­digkeit und vermeidet die störenden Verluste, die bei bisherigen Methoden oft auftreten.

Die Fähigkeit, die Kopplung an das Licht direkt zu steuern, ist ein Paradigmenwechsel für die aktive Nanophotonik. Das Prinzip ist zudem nicht auf Silizium beschränkt, sondern lässt sich leicht auf andere Materialien und noch schnellere Schaltmechanismen erweitern, was das Potenzial für zukünftige Anwendungen weiter vergrößert. Die präzise Kontrolle über die An- und Abwesenheit von Resonanzen könnte nicht nur verlustarme, rein optische Schalter für die Telekommunikation oder die optische Datenverarbeitung ermöglichen, sondern auch die Erforschung komplexer Quantenphänomene wie etwa den sogenannten Zeitkristallen vorantreiben. [LMU / dre]

Anbieter

Ludwig-Maximilians-Universität München

Geschwister-Scholl-Platz 1
80539 München
Deutschland

Kontakt zum Anbieter







Anbieter des Monats

Dr. Eberl MBE-Komponenten GmbH

Dr. Eberl MBE-Komponenten GmbH

Das Unternehmen wurde 1989 von Dr. Karl Eberl als Spin-off des Walter-Schottky-Instituts der Technischen Universität München gegründet und hat seinen Sitz in Weil der Stadt bei Stuttgart.

Sonderhefte

Physics' Best und Best of
Sonderausgaben

Physics' Best und Best of

Die Sonder­ausgaben präsentieren kompakt und übersichtlich neue Produkt­informationen und ihre Anwendungen und bieten für Nutzer wie Unternehmen ein zusätzliches Forum.

Meist gelesen

Themen