28.06.2019

Magnete rasant geschaltet

Magnetisches Moment lässt sich mit einem Laserpuls binnen einer Femtosekunde variieren.

Elektronische Eigen­schaften von Materialien lassen sich mittels Lichtabsorption direkt und unmittelbar innerhalb von weniger als einer Femtosekunde beeinflussen, was als die Grenze für die maximal erreichbare Geschwindigkeit elek­tronischer Schaltkreise gilt. Das magnetische Moment von Materie hingegen ließ sich bis dato nur über einen Licht und Magnetismus verknüpfenden Prozess und den Umweg über Magnet­felder beeinflussen, weshalb magnetisches Schalten bisher ungleich länger und wenigstens einige hundert Femtosekunden dauert. Ein Konsortium aus Forschern der Max-Planck-Institute für Quantenoptik und Mikrostruktur­physik, des Max-Born Instituts, der Universität Greifswald und der Technischen Universität Graz konnte nun erstmals die magnetischen Eigenschaften eines ferro­magnetischen Materials auf der Zeitskala von elektrischen Feldschwingungen des Lichts synchron zu den elektrischen Eigenschaften mittels Laserblitzen manipulieren. Die Beeinflussung konnte um den Faktor 200 beschleunigt werden und wurde mittels Atto­sekunden-Spektro­skopie gemessen sowie zeitaufgelöst dargestellt.

Abb.: Aufzeichnung des schnellen Schaltens von magne­tischen Momenten durch...
Abb.: Aufzeichnung des schnellen Schaltens von magne­tischen Momenten durch ultra­schnelle Licht­pulse: Die Magne­tisierung eines Schicht­stapels aus Nickel und Platin wird durch einen Laserpuls invertiert. (Bild: J.K. Dewhurst)

Bei der Atto­sekunden-Spektro­skopie werden magnetische Materialien mit ultrakurzen Laserpulsen beleuchtet und elektronisch beeinflusst. „Die Lichtblitze setzen im Material einen intrinsischen und üblicherweise verzögernden Prozess in Gang. Dieser übersetzt die elektronische Anregung in eine Änderung der magnetischen Eigenschaften“, erklärt Martin Schultze vom Institut für Experimental­physik der TU Graz. Aufgrund der Kombination eines Ferromagnets mit einem nicht-magnetischen Metall ließ sich die magnetische Reaktion im beschriebenen Experiment jedoch genauso schnell herbeiführen, wie die elektronische. „Durch die spezielle Konstel­lation konnten wir optisch eine räumliche Umver­teilung der Ladungs­träger bewirken, die eine direkt damit verknüpfte Änderung der magnetischen Eigenschaften zur Folge hatte“, so Markus Münzenberg. Er hat mit seinem Team in Greifswald die speziellen Material­systeme entwickelt und hergestellt.

Schultze zeigt sich begeistert von der Dimension des Forschungs­erfolges: „Noch nie wurde ein so schnelles magnetisches Phänomen beobachtet. Ultrafast Magnetism bekommt dadurch eine völlig neue Bedeutung.“ Auch Sangeeta Sharma, Forscherin am Max-Born-Institut Berlin, die den zugrunde­liegenden Prozess mittels Computermodellen vorhergesagt hat, ist beeindruckt: „Wir erwarten uns dadurch einen signifikanten Entwicklungs­schub für sämtliche Anwendungen, bei denen Magnetismus und Elektronenspin eine Rolle spielen.“

Darüber hinaus konnten die Forscher im Rahmen ihrer Messungen zeigen, dass der beobachtete Prozess kohärent verläuft, die quanten­mechanische Wellennatur der bewegten Ladungsträger also erhalten bleibt. Diese Bedingungen erlauben es, anstatt größerer Materie­einheiten einzelne Atome als Informations­träger zu nutzen oder die geänderten magnetischen Eigenschaften mit einem weiteren, zeit­verzögerten Laserblitz gezielt zu beeinflussen und so die techno­logische Minia­turisierung weiter voranzutreiben. „Perspek­tivisch könnte das im Bereich des Magnetismus zu ähnlich fantas­tischen Entwicklungen führen, wie elektronische Kohärenzen in Richtung Quanten­computing“, hofft Schultze.

TU Graz / JOL

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