Magnetfeld des Sonnenflecks eines fernen Sterns vermessen
Tomographische Analyse erlaubt simultane Erstellung einer Temperatur- und Magnetfeldkarte.
Forschern am Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP) ist es gelungen, das Magnetfeld eines dunklen Sternflecks zu bestimmen. Damit konnten sie den lange erwarteten Nachweis erbringen, dass Sternflecken ebenso wie Sonnenflecken Orte besonders hoher Magnetfelddichte sind: Das Feld erreicht lokal eine etwa fünfzig- bis hundertfach größere Stärke als auf der restlichen Oberfläche des Sterns. Der Nachweis wurde möglich durch die am AIP entwickelte neue tomografische Analysesoftware iMap.
Abb.: Magnefeldextrapolation von V410 Tauri. (Bild: AIP)
Magnetfelder beeinflussen die Strahlungscharakteristik von Sternen durch Polarisation von Licht. Die elektromagnetischen Wellen werden in ihrer Schwingungsrichtung beeinflusst, dies wiederum prägt das Spektrum des Sterns. Aus seinem charakteristischen „Fingerabdruck“ im Spektrum kann mittels hochauflösender Spektroskopie im polarisierten Licht auf die Geometrie des lokalen Magnetfeldes an der Sternoberfläche zurückgeschlossen werden. Da Sternflecken dunkel und damit etwa Tausend bis Zweitausend Grad kühler als ihre Umgebung sind, stellt ihre Beobachtung für die Spektroskopie jedoch eine besondere Herausforderung dar. Klaus G. Strassmeier: „Wenn ein Ort auf der Oberfläche am Stern dunkel ist, kommt von dort kein oder nur wenig Licht im Spektrographen an und die über die ganze Sternscheibe rekonstruierte Magnetfeldverteilung wird verfälscht oder sogar unterdrückt.“
Tomografische Methoden, wie sie auch in der Medizin zum Einsatz kommen, ermöglichen eine genaue Vermessung der Oberfläche eines rotierenden Sterns. In der Kombination zahlreicher Momentaufnahmen eines rotierenden Sterns ergibt sich ein hochqualitatives Gesamtbild. Das AIP ist eines der wenigen Institute weltweit, die astronomische tomografische Techniken entwickeln und nutzen.
Die neue Tomografiesoftware iMap ermöglicht es den Forschern, aus den Momentaufnahmen des Lichts simultan die Temperatur- und Magnetfeldverteilungen auf der Oberfläche des Sterns zu rekonstruieren. Diese gleichzeitige Betrachtung von Temperatur und Feld zeigt Magnetfelder auch für wenig Licht, also selbst für dunkle Sternflecken auf. Die Berechnung ist höchst aufwändig, so Thorsten Carroll: „Um diesen komplexen Prozess rechnerisch überhaupt bewältigen zu können, trainieren wir ein künstliches neuronales Netzwerk, das die Rechengeschwindigkeit unserer Simulationen um ein Tausendfaches beschleunigt.“ Dies macht die Software so stark, dass selbst für weit entfernte Sterne, für die das Hintergrundrauschen das eigentliche beobachtbare Signal übersteigt, magnetische Oberflächenkarten von Sternen erstellt werden können.
Abb.: Magnetfeld- und Temperaturkarte der Oberfläche des Sternes V410 Tauri. Der Stern ist eine „junge Sonne“ von wenigen Millionen Jahren. (Bild: AIP)
Bei dem ersten von den Forschern vermessenen Stern handelt es sich um den sonnenähnlichen Stern V410 Tauri, der mit dem Spektropolarimeter Espadons am 3,6-Meter Spiegel des Canada-France-Hawaii Teleskop am Mauna Kea beobachtet wurde. Als nächstes wollen die Astronomen Oberflächen-Magnetfelder von weiteren sonnenähnlichen Sternen bestimmen. Dies ist insbesondere interessant für Sterne mit Planetensystemen, denn das Magnetfeld eines Sterns hat einen entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung eines bewohnbaren Planetensystems.
Für die tomographische Erfassung der vielen lichtschwachen Sterne in unserer Galaxie warten die Forscher bereits ungeduldig auf Spektropolarimeter der nächsten Generation. Hierzu gehört auch das in Potsdam entwickelte PEPSI-Instrument, welches ab 2014 am Large Binocular Telescope, dem weltgrößten optischen Teleskop auf dem 3.200 Meter hohen Mt. Graham in Arizona, im Einsatz sein und die Anzahl magnetisch vermessbarer Sterne verzehnfachen wird.
AIP / DE