14.01.2005

Magnetfeld pumpt Ferrofluid

Eine Pumpe, die berührungslos eine magnetische Flüssigkeit in Bewegung setzt, wurde kürzlich an der Universität Bayreuth entwickelt.




Eine Pumpe, die berührungslos eine magnetische Flüssigkeit in Bewegung setzt, wurde kürzlich an der Universität Bayreuth entwickelt.

Ferrofluide sind magnetische Flüssigkeiten, genauer gesagt Suspensionen von magnetischen Nanopartikeln, die in einer Trägerflüssigkeit wie Wasser oder Öl schwimmen. Die eisen- oder kobalthaltigen Teilchen sind gerade groß genug, dass sie ein stabiles magnetisches Moment haben können, das starr mit der Kristallachse des Teilchens verbunden ist. Durch eine geeignete Beschichtung werden die Teilchen daran gehindert, miteinander zu verklumpen. Die Brownsche Bewegung der winzigen Partikel führt dazu, dass sie im Schwerefeld der Erde oder in einem Magnetfeld nicht sedimentieren. Ferrofluide bleiben homogen, auch wenn sie magnetischen Kräften ausgesetzt sind, die ähnlich stark sind wie die irdische Schwerkraft.

Schon vergleichsweise schwache und leicht zu kontrollierende Magnetfelder können vielfältige und bisweilen spektakuläre Wirkungen auf ein Ferrofluid haben. So kann man mit einem Magneten, der sich über einer Schale mit einem Ferrofluid befindet, bizarre Tropfen aus der Flüssigkeitsoberfläche herausziehen. Ein Strahl eines Ferrofluids wird im Innern einer Magnetspule zusammengequetscht. Die Viskosität oder Zähflüssigkeit einer magnetischen Flüssigkeit kann durch ein Magnetfeld beträchtlich erhöht werden. Das Magnetfeld macht die Flüssigkeit starrer, indem es die Magnetpartikel ausrichtet und daran hindert, sich in der Flüssigkeit zu drehen. Diesen Effekt nutzt man für „intelligente“ Stoßdämpfer, die bei Bedarf innerhalb einer Millisekunde von weich auf hart geschaltet werden können.

Zeitlich veränderliche Magnetfelder können ein Ferrofluid aber auch dünnflüssiger machen, also seine Viskosität verringern. Bei der richtigen Frequenz kann das Magnetfeld die Teilchen in Drehung versetzen, die dann wiederum die umgebende Flüssigkeit in Bewegung bringen und so der Reibung entgegenwirken. Jetzt haben Robert Krauß von der Universität Bayreuth und seine Kollegen gezeigt, dass man mit einem magnetischen Wechselfeld auch makroskopische Strömungen in einem Ferrofluid erzeugen kann. Das Magnetfeld wirkt dabei wie eine Pumpe, die die magnetische Flüssigkeit antreibt.

Abb.: Ein Ferrofluid lässt sich in einer ringförmigen Wanne, die hier im Querschnitt zu sehen ist, durch ein rotierendes Gesamtmagnetfeld in Bewegung setzen. Näheres siehe Text. (Quelle. Krauß et al, Uni Bayreuth)

Das Ferrofluid befand sich auf dem Boden einer ringförmigen Wanne (ähnlich einer Napfkuchenform), die mit einer Magnetspule umwickelt war (im Bild rot). Mit dieser Spule konnte ein Magnetfeld erzeugt werden, das in azimutale Richtung zeigte. Die Feldlinien waren also kreisförmig und verliefen konzentrisch in der ringförmigen Wanne. Eine zweite, zylindrische Spule (im Bild grün) umgab diese Anordnung. Mit dieser Spule wurde ein Magnetfeld erzeugt, das senkrecht zur Flüssigkeitsoberfläche stand. Die Magnetfelder der beiden Spulen addierten sich zum Gesamtmagnetfeld. Wurden die Spulen mit einer Phasendifferenz von 90 Grad an Wechselstrom angeschlossen, dann bewegte sich an jedem Ort in der Wanne der Magnetfeldvektor im Kreise - wie der Zeiger einer Uhr oder wie die Schaufel eines Mühlrades.

Daraufhin setzte sich das Ferrofluid in der Wanne in Bewegung. Die Bewegung war am schnellsten, wenn die Rotationsfrequenz des Gesamtmagnetfeldes etwa 3 kHz betrug. Hier hatte das Magnetfeld auch die stärkste Wirkung auf das Ferrofluid, wie Messungen der frequenzabhängigen magnetischen Suszeptibilität zeigten. Das zeitlich veränderliche Magnetfeld versuchte die magnetischen Nanopartikel in stets wechselnde Richtungen auszurichten und übte dadurch einen magnetischen Stress auf das Ferrofluid aus, der lokal die Wirbelstärke oder Vortizität der Flüssigkeit erhöht. Schließlich begann das Ferrofluid in der ringförmigen Wanne zu fließen, und zwar mit einer Strömungsgeschwindigkeit von bis zu 70 mm/s. Die Strömungsgeschwindigkeit nahm dabei quadratisch mit der Stärke des treibenden Magnetfeldes zu. Wenn die Frequenz des Gesamtmagnetfeldes gegen Null ging, kam auch die Bewegung der Flüssigkeit zur Ruhe. Wurde die Phasendifferenz der Magnetfelder der beiden Spulen auf -90 Grad eingestellt, dann drehte sich das Gesamtmagnetfeld in die entgegengesetzte Richtung. Daraufhin begann auch das Ferrofluid in die entgegengesetzte Richtung zu fließen. Die Arbeitsrichtung der magnetischen Pumpe ließ sich also hin- und herschalten.

Experimente mit unterschiedlich breiten und tiefen Wannen ergaben ähnliche Ergebnisse, die sich aber in den gemessenen Werten für die Strömungsgeschwindigkeiten voneinander unterschieden. Es zeigte sich aber, dass die unterschiedlichen Resultate nach geeigneter Skalierung auf eine universelle und von der Theorie vorhergesagte Kurve fielen, wie das auch bei herkömmlichen hydrodynamischen Experimenten bekannt ist. Ob die magnetische Pumpe praktische Anwendungen haben wird, ist noch offen. Immerhin könnte man sich mit ihr selbst in mikroskopisch kleinen und engen Kanälen berührungslos Flüssigkeiten pumpen. Mit ihren ungewöhnlichen Eigenschaften sind Ferrofluide für die Theorie und für die praktische Nutzung gleichermaßen wertvoll.

Rainer Scharf

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