25.07.2016

Magnetische Atome in Reih und Glied

Eindimensionale magnetische Atomketten wachsen in einem selbst­orga­ni­sie­renden System.

Die Nanotechnologie revolutioniert unser Leben: Sie macht mikro­elek­tro­nische Systeme noch kleiner, ermög­licht neu­artige medi­zi­nische Diagnose- und Therapie­ver­fahren und sorgt für selbst­reini­gende Material­ober­flächen. Die beson­deren Eigen­schaften von Nano­struk­turen sind zum Teil darauf zurück­zu­führen, dass man Mate­ri­alien in ihrer Dimen­sio­na­lität ein­schränkt – indem man etwa einen Kristall nicht in drei Richtungen wachsen lässt, sondern nur in zwei oder gar einer. Forschern der Uni Erlangen-Nürnberg und der TU Wien ist es erst­mals gelungen, ein­dimen­sionale magne­tische Atom­ketten in einem selbst­orga­ni­sie­renden System herzu­stellen.

Abb.: Schematische Darstellung der ein­dimen­sio­nalen Atom­ketten: Die Sauer­stoff­mole­küle (rot) trennen die Metall­atome – hier Kobalt (gelb) und Eisen (blau) – von der Iridium-Träger­schicht (grau). Die Pfeile zeigen die unter­schied­liche Magne­ti­sierung der Metalle an. (Bild: P Ferstl, U. Erlangen-Nürnberg)

„Eindimensional“ bedeutet, als Atome in einer Kette anzu­ordnen. „Eine solche Atom­kette kann aller­dings nicht im leeren Raum exis­tieren, sondern muss auf einer Unter­lage abge­legt werden“, erklärt Alexander Schneider von der Uni Erlangen-Nürnberg. „Dadurch kann es passieren, dass die gewün­schten Eigen­schaften, in unserem Fall der Magne­tismus, wieder ver­schwinden. Die Forschung hat ein besonderes Interesse daran, solche nieder­dimen­sionale Systeme zu verstehen, da diese zu­nehmend die Eigen­schaften magne­tischer Daten­speicher domi­nieren.“

Die Forscher zeigen, dass Sauerstoff das Wachstum von perfekten ein­atomaren Ketten aus Mangan, Eisen, Kobalt und Nickel auf einer Iridium-Ober­fläche ermög­licht. „Das Auf­dampfen von Metallen auf eine Metall­ober­fläche im Vakuum ist ein gängiges Verfahren“, sagt Schneider. „Dabei entsteht aller­dings oft eine zwei­dimen­sionale Metall­schicht. Uns ist es erst­mals gelungen, mit­hilfe von Sauer­stoff Atom­ketten herzu­stellen, die die gesamte Iridium-Ober­fläche bedecken, sich streng perio­disch in einem Abstand von 0,8 Nano­metern anordnen und bis zu fünf­hundert Atome lang werden können, ohne einen einzigen Bau­fehler aufzu­weisen. Das alles passiert selbst­orga­ni­siert, das heißt die Ketten bilden sich ohne äußeres Zutun.“

Die Wissenschaftler fanden heraus, dass die Sauerstoff­atome wie eine Art Hebe­mecha­nismus wirken, der die Atom­ketten von der Iridium-Schicht trennt. So entstehen der ein­dimen­sionale Charakter und die magne­tischen Eigen­schaften der Ketten. Die Berech­nungen der Wiener Arbeits­gruppe haben ergeben, dass sich der Magne­tismus der Metalle in der ein­dimen­sionalen Struktur verändert: Nickel wird unmag­netisch, Kobalt bleibt ferro­magne­tisch und Eisen und Mangan werden anti­ferro­magne­tisch, das heißt, hier wechselt die Magnet­richtung mit jedem Atom. „Das Besondere an unserem Verfahren ist, dass wir nicht nur perfekte Ketten aus einem Material wachsen lassen können, sondern auch Ketten, in denen sich die Metalle ab­wechseln“, so Schneider. „ Somit können wir also Misch­systeme her­stellen, in denen zum Beispiel ferro­magne­tische Ketten­segmente von anti­ferro­magne­tischen oder unmagne­tischen Segmenten getrennt werden.“


Die Entdeckung des selbstorganisierenden Systems perfekt ausge­richteter magne­tischer Atom­ketten könnte neue Impulse für die Erfor­schung ein­dimen­sionaler Systeme liefern. Die weitere Forschung insbe­sondere an dem System aus verschieden langen Ketten­stücken mit unter­schied­licher Magne­ti­sierung wird auch zeigen, welche Aus­wir­kungen sich für die fort­schrei­tende Minia­turi­sierung der Daten­speicherung ergeben. Ein weiterer interes­santer Aspekt des unter­suchten Material­systems ist, dass die Ketten durch den ein­ge­bauten Sauer­stoff Eigen­schaften haben, die sich zwischen denen eines ein­dimen­sionalen Metalls und eines Oxids bewegen. Die über große Distanzen perfekte laterale An­ord­nung der Ketten erlaubt es nun, mit Methoden, denen die atomare Skala nicht zugäng­lich ist, beispiels­weise die kata­ly­tischen Eigen­schaften der Atom­ketten zu unter­suchen.

FAU / RK

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